Zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn, frisch von der Uni, saß ich mit erfahrenen Ingenieuren und gestandenen Doktoren in einem Meeting (damals noch Besprechung).

Ein komplexes technisches Thema wurde behandelt und nach Lösungen gesucht. Einer der Teilnehmer hatte die rettende Idee und alle anderen stimmten zu. Es herrschte große Einigkeit.

Ich war skeptisch.

Das durchgewunkene Konzept war mir zu komplex und aufwendig. Eine aus meiner Sicht viel einfachere und kostengünstigere Lösung lag auf der Hand. Nur, kein anderer schien dies zu bemerken. Vielmehr wurde über den gefundenen Konsens weiter diskutiert und viele Gründe für dessen Erfolg gefunden; oder besser, herbeigeredet.

Habe ich damals den Mund aufgemacht?

Nein, das habe ich mich nicht getraut. Ich bin dem Denkfehler verfallen, dass, wenn so viele kluge und gescheite Menschen an diese Lösung glauben, diese schon richtig sein muss…

Was ich damals nicht wusste, ist mir neulich, während der Lektüre des Buches ‚Die Kunst des klaren Denkens‘ von Rolf Dobelli, bewusst geworden.

Es gibt einen Gruppendenken-Effekt, auf Englisch: Groupthinking. Dabei trifft eine Gruppe von intelligenten Menschen im Konsens schwachsinnige Entscheidungen.

Wie war das damals in der Schweinebucht?

Als Beispiel für den Groupthink-Effekt beschreibt Dobelli in seinem Buch, wie die Amerikaner ihre Invasion Kubas in den 60ern geplant hatten.

Die von den hochintelligenten Beratern Kennedys getroffenen Annahmen waren alle falsch und sämtliche ihrer Pläne unrealistisch. Dies führte zu der desaströsen Niederlage in der kubanischen Schweinebucht, einem der größten Fiaskos der amerikanischen Außenpolitik.

Groupthinking kommt bei Gruppen sehr häufig vor. Es werden Illusionen aufgebaut und daraus weitere Annahmen getroffen.

Eine dieser Illusionen ist der Glaube an die Unverletzbarkeit.

Wie sonst wären die Amerikaner damals auf die Idee gekommen, dass sich ihre Invasionstruppen im Notfall in einem 150 km von der Schweinebucht entfernten Fluchtort verschanzen sollten. Ein einfacher Blick auf die Landkarte hätte ihnen gezeigt, dass ein unüberwindbares Sumpfgebiet dazwischen liegt…

Auch im Geschäftsleben ist Groupthinking weit verbreitet.

Der Glaube an die eigene Unfehlbarkeit führt zu überzogenem Optimismus. Auf dieser Basis werden dann viel zu riskante und teilweise unrealistische Entscheidungen getroffen.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Übernahme von Chrysler durch Daimler-Benz. Alle hochrangigen Daimler Manager haben sich der Illusion ihrer eigenen Unfehlbarkeit hingegeben und Daimler und dessen Aktionären damit ein Milliardengrab geschaufelt.

Schlimmer noch: Die Konkurrenz von Audi und BMW zogen in dieser Zeit an Mercedes vorbei.

Fazit

Wenn Du in Deinem nächsten Meeting sitzt, denke an den Groupthink-Effekt und sei kritisch. Sobald starker Konsens aufkommt, sollten bei Dir sofort die Alarmglocken schrillen. Schalte direkt um auf den Modus ‚Störenfried‘!

PS: Das Buch ‚Die Kunst des klaren Denkens‘ von Rolf Dobelli ist übrigens eine klare Leseempfehlung.

Ist Dir der Groupthink-Effekt auch schon begegnet? Ich freue mich auf unseren Austausch in den Kommentaren.