Papierlos werden, aufräumen, wegsortieren. Zuviel Dinge belasten uns, weil wir uns dann um alle diese Dinge auch kümmern müssen. Barbara und Lars berichten von ihren Erfahrungen und Lars erklärt uns, warum Minimalismus aus seiner Sicht die logische Folge von Selbstmanagement ist.

Transkript

BF = Barbara Fernández
LB = Lars Bobach

BF:
Herzlich willkommen zum Podcast Selbstmanagement.Digital. Wir geben Orientierung im digitalen Dschungel, so dass wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben bleibt. Mein Name ist Barbara Fernández und hier, mir gegenüber, sitzt Lars Bobach. Hallo lieber Lars.

LB:
Hallo Barbara.

BF:
Drei Gründe für Minimalismus im Selbstmanagement. Minimalismus ist jetzt im Grunde genommen auch die logische Folge von Selbstmanagement, oder?

LB:
Ja.

BF:
Also, nächste Stufe erreicht? Wir sind selbst gemanagt. Das, womit wir uns dann jetzt auseinandersetzen, ist Minimalismus, oder?

LB:
Für mich ist es die logische Folge. Das hat sich bei mir wirklich so ergeben, je mehr ich mir darüber Gedanken mache und ich beschäftige mich sehr lange schon mit dem Thema, bin ich zwangsläufig dort gelandet.

BF:
Papierlos gehört auch dazu. Aufzuräumen, wegzusortieren. Wieviel soll rumliegen, cleanes Büro, gibt auch Fokus, gibt nicht das Gefühl von „zu viele Dinge belasten mein Leben“, wo soll ich anfangen?

LB:
Absolut und generell glaube ich, ist für gutes Selbstmanagement und wenn wir so die Endstufe des Selbstmanagements mal erreichen wollen, ist Minimalismus sehr wichtig. Einfach von Dingen sich trennen, die belasten. Dinge sind generell eine Belastung.

BF:
Wir müssen uns um diese Dinge halt auch kümmern.

LB:
Genau. Kümmern kostet Zeit, darauf gehen wir gleich ein. Meine Frau und ich, wir haben uns mit diesen Dingen ein bisschen beschäftigt.

BF:
Inspirieren lassen?

LB:
Genau, Hardcore-Minimalisten werden über uns lachen und denken, schon klar, Minimalisten. Ich habe einen Film gesehen auf Netflix: „Minimalismus“. Wirklich ganz interessant, auf Englisch mit deutschen Untertiteln.

BF:
Den kenne ich, mit den beiden jungen Typen, die durch Amerika reisen.

LB:
Genau, den hast du auch gesehen?

BF:
Ja.

LB:
Wie hat er dir gefallen?

BF:
Gut. Ich kann jetzt nichts Konkretes mehr dazu sagen, weil es schon länger her ist. Aber diese Minimalismus-Artikel und die Idee oder Dokumentation zu dem Thema finde ich auch immer sehr interessant und auch inspirierend.

LB:
Die Zwei fand ich interessant, die haben dazu auch ein Buch geschrieben, was sie bereisen. Man kann diese Lesereise im Film verfolgen. Das habe ich sogar von einer Freundin empfohlen bekommen, unabhängig von dem Film. Es ist jetzt keine Leseempfehlung, es hat mir nicht so hundertprozentig gut gefallen.

Aber die Grundidee dahinter. Was ich in dem Film bemerkenswert fand, da hatten sie einen vorgestellt, der nur 52 Sachen hat. Er hat alles in einer Reisetasche, was er besitzt, also unglaublich. Wenn man sich dieses Extrem mal vorstellt, welche Leichtigkeit es gibt im Leben, das ist schon toll.

BF:
Kennt du den Begriff „Death Cleaning?“

LB:
Nein.

BF:
Das ist aus dem Schwedischen, den schwedischen Namen kann ich jetzt nicht wiederholen. Die Grundidee klingt sehr schrecklich, aber es geht darum, dass man aus Liebe zu den Hinterbliebenen eigentlich mal sein Leben aufräumt und sich darüber Gedanken macht, was in der Welt bleibt, wenn man von der Welt geht.

Und dass man auch vorher die Zeit nutzt, um sich dahingehend aufzustellen. Dann gibt es zum Beispiel auch solche Tipps wie: Es gibt zwei Kisten, einmal Dinge, die von mir auch ruhig übrigbleiben dürfen, die meine Kinder an Fotos und so und vielleicht gibt es aber auch Dinge, die möchte ich gerne mit ins Grab nehmen, ich möchte gar nicht, dass sie in der Welt bleiben oder vielleicht sind sie auch verstörend oder irritierend für Familie oder Freunde.

Das man sich einfach mal darüber Gedanken macht. Mittlerweile ist das auch eine Entwicklung, die mit dem Minimalismus zu tun hat. Es geht darum, dass ich es in eine Leichtigkeit ziehe und nicht unbedingt nur kurz vor dem Tod mache, sondern eigentlich mich von der Idee inspirieren lasse, mit weniger klarzukommen und auch zu überlegen, was bleibt mit meinen persönlichen Sachen? Wie will ich die hinterlassen?

LB:
Tolle Sache, jeder, der hier zuhört und schon mal die Wohnung eines Angehörigen entrümpelt hat, weiß, dass das echt eine tolle Sache wäre. Es ist wirklich gut, sich im Vorfeld Gedanken zu machen. Das Thema schieben wir alle vor uns her. Wobei es in einem Teil meines Workshops genau darum geht.

BF:
Im Netz findest du ganz viele Artikel zu dem Thema und es gibt auch ein schwedisches Buch. Es ist amerikanisiert worden und mittlerweile eine Welle, die es in Amerika gibt. Es nennt sich „Death Cleaning“ und hört sich schlimm an, ist aber mittlerweile auch sehr lustig und sehr leicht gemeint.

LB:
Ich glaube, diese Schwere muss das auch gar nicht haben. Gerade in Verbindung zu Minimalismus, der leicht gemeint ist. In dem Film fand ich super interessant, auch inspirierend dann vielleicht für den einen oder anderen Hörer hier, es gab die 333 Challenge. Gerade für Frauen toll, drei Monate nur mit 33 Kleidungsstücken auskommen oder da zählen auch Schmuckstücke und Unterwäsche und Schuhe dazu. Sie haben sich wirklich vorgenommen, nur mit 33 Stück Kleidungsstück dann drei Monate klarzukommen. Das habe ich nicht mal.

BF:
Nach diesem Prinzip habe ich meinen Kleiderschrank sortiert, habe mich befreit von der Zahl. Ich habe tatsächlich auch nicht so wahnsinnig viele Sachen. Ich gehöre nicht zu den Frauen, die 200 Paar Schuhe haben, überhaupt nicht.

Aber was ich daran total toll finde, ich habe den Artikel einer Frau gelesen, dass es eigentlich nur noch um Kombinationen geht und dass man sich mal klar hat, jetzt für Frauen und die Unternehmerinnen hier bei uns in der Hörerschaft, dass man sich auch überlegt, die Handtasche mit den Schuhen, mit den Ohrringen, mit dem Kleid. Ich kann aber auch den Rock mit der Bluse, mit der Handtasche, mit den anderen Ohrringen, sieht auch super aus.

Das man das quasi klar hat und dann viel schneller am eigenen Kleiderschrank zum Zuge kommt und weiß, das und das funktioniert. Und bei dem Wetter nehme ich eben die Schuhe und beim anderen Wetter die anderen. Es macht total Spaß, finde ich, wenn man jemand ist, der gerne Struktur mag, dass man auch in Farben sortiert und dass man dann auch einfach weiß, was fehlt.

Das ist dann plötzlich wie im Kühlschrank. Mir ist zum Beispiel aufgefallen, ich brauche noch ein paar Schuhe, die zu den ganzen Outfits passen würden. Dann lohnt es sich tatsächlich auch, was Neues anzuschaffen, weil man damit ganz viel wieder möglich macht.

LB:
Was schätzt du, wie viel Sachen hast du in deinem Kleiderschrank?

BF:
Ich weiß nicht, dazu zählt ja alles, jede Strumpfhose.

LB:
Also nicht 33?

BF:
Auf gar keinen Fall, weitaus mehr.

LB:
Habe ich auch, obwohl ich meinen Kleiderschrank auch schon arg entrümpelt habe. Wir haben wirklich angefangen, von unserem großen Haus weg in ein viel kleineres. Wir sind jetzt erstmal in einer Zwischenlösung zwischengeparkt. Wir haben etwas gemietet, bis unser neues Haus fertig ist. Aber wir haben uns da schon ganz bewusst von dem großen Haus auch getrennt und in dem Zuge dieses Umzugs von diesem großen Haus, wo die Kinder auch großgeworden sind in das kleine, haben wir auch schon viel Ballast abwerfen müssen.

Das tat uns so dermaßen gut und jetzt habe ich einen Kleiderschrank, der ist weniger als halb so groß wie vorher. Das ist vollkommen ausreichend. Jetzt sehe ich immer noch Sachen, wo ich sage, die sortiere ich auch demnächst aus. Und mit Freude sortiere ich die aus.

BF:
Genau, ich kann auch unheimlich gut aussortieren.

LB:
Dann haben wir zum Beispiel auch deinen Tipp uns zu Herzen genommen. Meine Frau und ich, wir lieben ja Bücher. Wir lesen sehr viel und haben gesagt, wir behalten nur noch die Bücher und wir hatten weit über 1000, die wir wirklich nochmal lesen würden. Das sind vielleicht 100. Die anderen alle weggegeben, verschenkt, teilweise auch ins Altpapier.

BF:
Kleiner Tipp, es gibt reBuy.

LB:
Meine Frau hat auch wirklich alles, die ist auf jeder Flohmarktplattform aktiv. Das versuchen wir auch. So ganz alte Dinger kriegst du dann auch nicht los. Aber alles, was einen Wert hat, haben wir teilweise verschenkt. Wir haben in Leichlingen ein Second-Hand-Warenhaus.

BF:
Das ist ein Befreiungsschlag!

LB:
Ja und es ist immer noch wahnsinnig viel übriggeblieben. Beim nächsten Umzug, wenn wir in unser richtiges Haus ziehen, wenn es saniert ist, renoviert ist, dann werden wir das Gleiche nochmal tun. Das haben wir schon gesagt und dann nochmal mit Freude halt.

BF:
Wunderbar! Das ist ein unglaublich ausuferndes Thema und es ist total attraktiv. Ich merke jetzt gerade, wir können jetzt noch Stunden reden, aber wir wollen uns mal fokussieren. Das gehört auch zum Minimalismus. Drei Gründe für Minimalismus im Selbstmanagement, denn das ist unser Thema.

Du hast schon gesagt, so richtig waschechte Minimalisten würden sich wahrscheinlich kaputtlachen. Wir wissen, wir sind keine echten Minimalisten, aber wir machen uns auf den Weg.

LB:
Und wir haben uns inspirieren lassen. Wichtig in der Selbstmanagement-Branche ist, auch da habe ich wenig Minimalismus erfahren. Es gibt einschlägige Blogger und Blogs und Tipps, Tricks, Methoden, Apps und sowas und auch da weniger ist mehr. Auch da immer der neuesten Methode hinterherrennen, immer die neuesten Apps nutzen und sowas.

Das sage ich jetzt hier als verrufener App-Yankee. Auch da ist weniger mehr. Man muss nicht jede neuste App immer nutzen und sagen, jetzt geht es damit vielleicht noch besser. Ist auch nicht notwendig. Und wie viele Artikel sind draußen im Internet.

BF:
Ich muss dich mal gerade unterbrechen. Ich wollte gerade eine App vorschlagen und du sagst, macht mal weniger Apps…

LB:
Du wolltest jetzt eine App vorschlagen?

BF:
Nein, vorhin habe ich über reBuy gesprochen, wo man ganz leicht Bücher verkaufen kann. Es ist wirklich zu empfehlen. Jetzt denke ich so, in fünf Jahren sitze ich wahrscheinlich hier und bin total begeistert, was es alles in der NerdWelt gibt und rede nur noch darüber und du bist so völlig befreit und sitzt so in weißen Wallekleidern vor mir und sagst, ich brauche gar nichts mehr.

LB:
Und schwebe einen halben Meter über dem Boden…

BF:
Genau.

LB:
Es gibt da draußen tausende Artikel, X Gründe, warum man zum Tool XY gewechselt ist. Beim Task Manager, bei Notiztools usw. Das ist halt auch eine wahnsinnige Zeitverschwendung und Ressourcenverschwendung, immer wieder dem Neuesten hinterher zu rennen.

Und dazu kommt, in der Selbstmanagementbranche ist es auch so, dieser ganze Selbstoptimierungswahn. Ich kann alles tracken und Habit-Tracker und so. Das Allerschlimmste sind ja Schlaftracker, diese Uhren, die den Puls messen. Mir muss morgens niemand erklären, ob ich gut oder schlecht geschlafen habe, das merke ich. Ich weiß gar nicht, was es an Selbstoptimierung bringt, dass ich meinen Schlaf tracke?

BF:
Es bringt die Leute aber auch sehr weiter davon weg, ein eigenes Gefühl zu haben, das zu empfinden und diesem Impuls auch zu folgen. Dann kommen so Leute wie ich, die die Leute wieder genau dahin versuchen zu bringen. Das gehört zu diesem Selbstoptimierungswahn dazu, dass wir eigentlich sehr weit von uns selber weggehen. Ich würde auch immer empfehlen, zwischendurch eher mal wieder nahe zu sich hinzugehen, weil da auch ganz viel Wahrheit und Weisheit begraben liegt, was wir nur selber heben müssen.

LB:
Das ist auch ein Teil des Minimalismus, dass man wieder mehr zu sich selbst kommt, dass man sich nicht ablenkt durch diese ganzen wahnsinnigen Mengen an Dingen, die man anhäuft. In dem Film waren auch X Kubikmeter an externem Lagerraum. Das gibt es hier auch in Köln, Lagerbox oder wie die alle heißen. Wie viel Millionen Kubikmeter es an diesem privaten Lagerraum gibt, weil die Leute so viel besitzen und haben, dass sie es gar nicht mehr in ihre riesen Häuser packen. Sie müssen extern was kaufen, um die Sachen reinzupacken.

Und da kann man hinterher gar nicht mehr bei sich selbst sein, wenn man nur von so einem Krempel umgeben ist. Ich habe auf jeden Fall für mich entdeckt, wir gehen in kleinen Schritten ran und die ganzen Superminimalisten sind meistens Single ohne Kinder. Dann kann man vielleicht auch mit 50 oder 52 Dingen zurechtkommen im Leben.

Wenn man aber Kinder hat und da auch ein gewisses Heim errichten will für die, ist das sicherlich ein bisschen schwieriger. Das gibt es aber auch und ich habe für mich, ich habe jede Woche, ich glaube, das habe ich dir schon mal erzählt, eine Aufgabe jeden Freitag in meinem Task Manager, entrümpeln. Und jede Woche schmeiße ich Dinge weg oder verkaufe sie.

BF:
Kannst du dazu schreiben, dass du nicht so viel einkaufst? Dann musst du nicht so viel entrümpeln. Das wäre die nachhaltigere Methode auf diesem Erdball, dass wir auch, wenn wir uns Dinge anschaffen, vorher schon mal an Minimalismus denken. Wir leiden alle dermaßen unter der Masse an Dingen, die wir besitzen und ich kennen nur noch Leute, die vom Wegschmeißen reden und das ist eine ganz schlimme Entwicklung, dass wir so viel entrümpeln müssen.

Entrümpeln ist sicherlich ein guter Gedanke freitags, aber lass uns doch montags mal planen, dass wir in dieser Woche uns wirklich dreimal überlegen, ob wir auf den Klick, wir müssen ja nur noch einmal klicken und die Sache kommt zu uns nach Hause, dass wir uns das auch nochmal mehr auf den Plan rufen, uns weniger anzuschaffen.

LB:
Sehr guter Input! Versuche ich auch gut. Habe ich aber nicht als Task in meinem Manager stehen.

BF:
Gut, aber ab Montag vielleicht.

LB:
Genau.

BF:
Wir stehen beim Thema entrümpeln, dazu gehört ja nicht nur, sich von Dingen zu trennen, sondern auch mal eine App zu löschen oder eben den Kleiderschrank zu entrümpeln. Manchmal kann man sogar seinen Freundeskreis entrümpeln. Manchmal gibt es diese Frage, mit welchen Menschen gehe ich gut weiter durchs Leben und ich muss nicht alles krampfhaft weiter pflegen, wenn es nicht gut funktioniert für mich.

Wobei man auch mit Menschen nicht so umgehen sollte wie mit Dingen und immer so, ach komm, du bringst mir eigentlich nichts mehr. Du kommst jetzt auf die Müllhalde, zack und Papierkorb gelöscht. Das meine ich damit nicht, aber dass man sich zumindest auf das mal beruft, was man hat und was einem wirklich wichtig ist und vielleicht auch da mal mehr Zeit und Hege und Pflege der Freundschaft investiert und sich nicht ständig mit allem beschäftigt ohne Sinn und Verstand.

LB:
Auch hier Minimalismus, dass man sagt, lieber wenige gute als viele oberflächliche, sehe ich auch so.

BF:
Gut, dann kommen wir zum Hauptteil. Spannende Einführung, ich bin jetzt einerseits erschlagen, aber auch angeregt über das Gespräch, das wir gerade geführt haben, weil es ganz viel auslöst auch im eigenen Kopf. Es hat so ganz direkt mit uns allen zu tun, es wird unseren Hörerinnen und Hörern auch so gehen, dass sie gerade das Gefühl haben, ich habe drei Autos oder ich habe schon wieder 200 Freunde zum Geburtstag eingeladen.

Und wer sind eigentlich die wichtigsten fünf, die ich besitze? Mein Kleiderschrank platzt auseinander und auch ich besitze eine Lagerbox. Wir sind so ganz direkt mit unserer Gestaltung unseres alltäglichen Lebens konfrontiert und da poppen ganz viele Fragen auf. Passend zum Thema Minimalismus hast du auch nur drei Gründe herausgearbeitet.

LB:
Drei Gründe, warum Selbstmanagement oder Minimalismus für das Selbstmanagement als sehr wichtig ist aus meiner Sicht. Ablenkung, je mehr ich besitze, desto mehr werde ich abgelenkt. Das fängt bei den eben zitierten Papierbergen an. Das war bei mir der Startschuss in mein papierloses Büro, wo ich dachte, das ist Ablenkung, es ist für mich Ballast.

Ich sitze am Schreibtisch, will mich auf eine Sache konzentrieren und habe neben mir die Berge liegen, wo überall Aufgaben drin schlummern. Und die starren mich so an, lenken mich die ganze Zeit ab. Minimalismus da ist dieser Fullscreen-Mode für dein Leben. Weißt du, was das ist?

BF:
Nein.

LB:
Das du nur eine App komplett auf deinem Bildschirm siehst. Nicht drei nebeneinander oder fünf Fenster überlagert, so dass man ein Stück von jedem sieht, sondern das kannst du auf deinem MacBook, wenn du auf diesen grünen Button oben klickst.

BF:
Wo ist da ein grüner Button?

LB:
Oben links im Fenster. Dann hast du nur noch eine App offen und bist nicht abgelenkt.

BF:
Alles klar, Full Screen.

LB:
Genau, Minimalismus ist eine Art Fullscreen-Mode bei der Arbeit.

BF:
Ich beschäftige mich voll und ganz nur mit dieser Sache.

LB:
Genau. Und Besitz lenkt ab, man muss an alle möglichen Dinge denken. Ich habe Bekannte mit Oldtimern und Uhrensammlungen und all sowas. Alles schön und gut, aber es lenkt einfach nur ab. Es ist immer eine Ablenkung.

BF:
Ja, manche Leute haben aber auch ein Hobby damit oder sichern sich damit ihre Rente. Von daher muss es ja letztendlich jeder selber entscheiden. Aber wir sollten uns immer darüber im Klaren sein, das alles, was wir in unser Leben holen, natürlich auch unter unserer Verantwortung steht. Und wenn ich das Gefühl habe, meine Grenzen sind eigentlich schon erreicht, dann muss ich mich wirklich fragen, brauche ich das jetzt auch noch?

LB:
Es geht nicht um eine Leidenschaft bei solchen Dingen wie Sammlungen. Wenn ich das mit vollem Herzblut mache, ist daran überhaupt nichts falsch. Das ist eine tolle Sache, wenn man so etwas hat. Meine Frau und ich, wir haben uns viele Häuser angeguckt, als wir uns kleiner setzen wollten. Wir haben uns auch viele bewohnte Häuser angeguckt.

Es ist schon echt interessant, was da an Kram drinsteht. Wir hatten schon immer wenig im Vergleich zu vielen anderen, aber manche sind ja so zugemüllt. Wie man sich da überhaupt noch fokussieren kann, ist mir ein Rätsel, es ist reine Ablenkung. Darüber sollte man auf jeden Fall nachdenken, was lenkt mich ab. Du hast eben mein Büro gesehen, ich ziehe ungefähr alle zwei Monate um, weil neue Mitarbeiter kommen und gehen, aber darin steht wirklich nur ein Schreibtisch, ein Stuhl, gegenüber noch ein Stuhl und ein Telefon.

BF:
Genau, das ist zum Beispiel mein Argument. Wir überlegen immer wieder, ob wir uns ein Wohnmobil holen oder nicht. Eines meiner Argumente dagegen, ich habe auch Argumente dafür, aber eins meiner Argumente dagegen ist, ich möchte mich nicht noch um eine Sache kümmern. Dieses Ding muss gewartet werden, das muss zum TÜV, das braucht einen Parkplatz. Dafür muss man dann Geld bezahlen.

Auch, wenn es nicht viel ist, aber es zieht alles so einen Rattenschwanz hinter sich. Dann muss es von innen geputzt werden, es muss vorbereitet werden. Dann fährt dir einer rein… Ich weiß gar nicht, ist es das wert, wenn ich einmal jährlich mit diesem Ding dann fahre? Und es kann natürlich auch ein Lifestyle sein, aber ich möchte mich nicht um dieses Ding kümmern. Ich kann dann die Zeit lieber sparen. Das war eine gute Überleitung zu Punkt Nr. 2.

LB:
Genau, Zeit sparen. Im Selbstmanagement geht es auch darum, viele nennen es auch Zeitmanagement. Den Begriff mag ich nicht, aber ich kann wirklich Zeit sparen, indem ich weniger habe, dann muss mich weniger kümmern. Wie du es gerade mit dem Wohnmobil gesagt hast. Bei mir ganz praktisch, ich hatte ein großes Grundstück, ein großes Haus und ich habe einen halben Tag gebraucht, um den Rasen zu mähen. Ich musste wirklich den ganzen Samstagvormittag zum Beispiel rasenmähen. Wenn mein Sohn mir geholfen hat, waren wir in zwei Stunden durch.

BF:
Das nennt man ein Luxusproblem.

LB:
Ja und jetzt? 20 Minuten, ich kann abends nach Hause gehen und sagen, das schaffe ich noch bis 20:00 Uhr, ich mähe noch eben den Rasen. Vorher undenkbar, Luxusproblem klar, das ist auch ein extremes Beispiel jetzt, aber so ist es auch mit vielen kleinen Dingen. Ich spare einfach Zeit, wenn ich wenig Dinge habe.

BF:
Es ist auch immer die Frage, wie viel Status brauche ich denn, wie groß muss denn der Garten sein?

LB:
Ja, okay.

BF:
Ja, ist doch auch so. Es gibt ganz viele Leute, die wohnen in diesen Tiny Houses und das ist eine völlig neue Bewegung, passend zu Death Cleaning, zu Minimalismus. Wir wohnen auch in einem kleinen Haus, wo ich immer lache und denke, wir sind fast ein Tiny House. Wir sind absolut up to date. Aber das hat auch damit zu tun, dass wir jetzt da nicht großen Wert drauflegen, jemanden beeindrucken zu müssen mit der Größe der Hütte, die wir uns leisten können.

Aber ich weiß zum Beispiel, dass wir da so ein schönes Leben haben, auch in unserer Nachbarschaft und mit den Menschen und wie die Kinder da groß werden, dass mir sehr wohl sehr bewusst ist, wie oft Leute auch zu Besuch sind und sagen, das ist ja der Wahnsinn hier. Und dann liegt nämlich in sowas auch eine Kraft.

LB:
Absolut, gerade diese Anhäufung von Dingen hat auch viel mit Prestige und nach außen zeigen zu tun, was man sich alles leisten kann.

BF:
Wenn man sich einen großen Garten leisten will, dann sollte man sich vielleicht den Gärtner dazu leisten können.

LB:
Du wirst es nicht glauben, wir hatten auch einen Gärtner. Und wenn ich dir sage, was ich da im Jahr ausgegeben habe, fällt dir nichts mehr ein. Wir hatten eine wahnsinnig schöne Zeit, aber die Zeit ist einfach vorbei.

BF:
Jetzt gibt es was Neues. Manchmal verschieben sich auch Prioritäten und alles hat auch seinen Sinn zu seiner Zeit.

LB:
Genau, absolut.

BF:
Wenn man mit weniger Dingen beschäftigt ist, dann kann man mehr Zeit mit den Dingen sich beschäftigen, die einem wichtig sind.

LB:
Genau, das ist der dritte Punkt?

BF:
Nein, es war noch aus dem Feld Zeitsparen, aber es ist natürlich auch die Überleitung zum dritten Punkt.

LB:
Genau, dass man seine wahren Ziele verfolgt. Das ist aus meiner Sicht auch der wichtigste Punkt im Minimalismus. Du hast es eben auch gesagt mit dem Kaufen, dass wir uns Gedanken darüber machen, was kaufen wir und nicht aus Prestigedenken zum Beispiel Sachen anschaffen oder der Kaufsucht erliegen.

Wir hängen uns wirklich viele Dinge ans Bein, die uns zum Ballast werden und die uns von unseren wirklichen Zielen abbringen. Das war ja auch ein Thema, in dem Film kam es nicht so raus, aber in dem Buch ist das erklärt von diesen beiden Minimalisten, die dann Kredite hatten, die sie sich fast gar nicht leisten konnten, um dicke Häuser zu haben, dicke Autos zu fahren. Die sind dann kreditfinanziert, dann hängt man natürlich richtig fest in dem Hamsterrad.

Dieses Hamsterrad fällt ja vielen so schwer zu verlassen, weil sie sich genau solche Dinge nun mal ans Bein gehängt haben. Ich kann da aus eigener Erfahrung sprechen, das war bei mir nicht anders. Man sagt so schön, man leistet sich Dinge, die man sich eigentlich gar nicht leisten kann, um Leuten zu imponieren, die man eigentlich gar nicht leiden kann.

Da muss man sich auch hinterfragen, damit kann eine wahnsinnige Leichtigkeit ins Leben kommen und dass man seine wahren Ziele verfolgt. Wir sagen immer so, die wirklich wichtigen Dinge im Leben und das können dann die wahren Ziele dann sein.

BF:
Ich fasse zusammen, drei Gründe für Minimalismus im Selbstmanagement:

Grund Nummer 1: Es minimiert die Ablenkung, Besitz lenkt ab.
Grund Nummer 2: Es spart Zeit.
Punkt Nummer 3: So kann ich meine wahren Ziele verfolgen. Die wirklich wichtigen Dinge in meinem Leben.

Ja, Lars, wenn ich jetzt nicht dich frage, sondern deine Frau, deine Kinder oder dein Team und würde fragen, was müsste der Lars eigentlich mal loswerden. Von was sollte der sich endlich mal trennen, würde einer von den dreien, also deine Frau oder deine Kinder oder dein Team, was würden die da antworten können, was glaubst du?

BF:
Meine Frau würde meine Fahrräder nennen. Nicht, dass sie mir das Fahrradfahren nicht gönnt, aber da könnte ich auch noch abspecken.

BF:
Was würden deine Kinder sagen?

LB:
Die würden meine ganzen Gadgets nennen, die ich so besitze wie iPhone, AppleWatch, iPad. Ist natürlich immer eine Frage, ist auch ein Arbeitsgerät, aber dass ich das so schnell in so einem Rhythmus wechsle, ist auch nicht gut. Ich glaube, das würden die sagen.

BF:
Was würde dein Team hier sagen?

LB:
Gute Frage, wir sind hier sehr minimalistisch. Da würde ich es sogar umdrehen. Letztens hatten wir eine Diskussion im Team, dass wir doch mal Bilder an die Wände hängen, dass wir uns das mal leisten.

BF:
Also, ein bisschen was vom Minimalismus trennen? Sich von der Idee trennen oder ein bisschen lockerer zu werden damit?

LB:
Es geht auch ein bisschen um die heimelige Atmosphäre, es ist hier sehr reduziert.

BF:
Wie frisch eingezogen.

LB:
Und wir sind seit zwei Jahren hier drin. Das ist wirklich so, ein Bild an die Wand ist vielleicht keine schlechte Idee.

BF:
Das Zitat heute für euch ist von Laotzi, einem chinesischen Philosophen, der im sechsten Jahrhundert lebte vor Christus:

„Wenn du erkennst, dass es dir an nichts fehlt, gehört dir die ganze Welt“.

In diesem Sinne wünschen wir euch wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben.