Herzlich willkommen zum Podcast Selbstmanagement. Digital. Wir geben Orientierung im digitalen Dschungel, so dass wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben bleibt. Mein Name ist Lars Bobach und ich habe heute einen richtigen Star zu Gast, einen Business Angel-Star, den Hansi Hansmann aus Österreich, der der Prototyp des Business Angels ist. Er ist wahnsinnig erfolgreich und gerade wurde ein Buch herausgebracht über sein Leben, über ihn und seine Herangehensweise als Business Angel. Er ist super erfolgreich. Bei Runtastic war er der erste Investor, bei Shpock, bei mySugr, bei Storebox. Ganz viele äußerst erfolgreiche Konzepte hat er unterstützt. Er lässt in diesem Interview hinter die Kulissen schauen, wie er sich solche Investments aussucht, wie man als Business Angel aber anfangen sollte und was ihn als Business Angel so erfolgreich macht. Hören wir direkt mal in das Interview hinein.
Lars ist für den Podcast-Helden Award nominiert. Bitte votet für ihn unter:
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Webseiten:
http://www.hansihansmann.com/
https://hansmanngroup.com/
Buch(*):
Business Angel Hansi Hansmann
Buchempfehlungen:(*)
The One Minute Sales Person von Spencer Johnson
Transkript
LB = Lars Bobach
HH = Hansi Hansmann
LB:
Hansi, wie wird man überhaupt Business Angel? Es ist ja nichts, was man mal eben so macht oder studiert.
HH:
Man braucht ein paar Grundvoraussetzungen. Gut ist, wenn man Erfahrung im Unternehmersein und Erfahrung als Manager hat und etwas überflüssiges Geld hat. Diese drei Dinge müssen grundsätzlich da sein, sonst macht es keinen Sinn. Das heißt, man muss etwas weitergeben können und das, was die jungen Unternehmer brauchen, ist natürlich neben Geld vor allem die Erfahrung. Meist sind es junge leidenschaftliche Leute, die eine großartige Idee haben, viel Energie, sich da voll reinschmeißen in das Projekt und ihnen fehlen zwei Dinge, nämlich Geld und Erfahrung.
Genau das bringt ein Business Angel rein zum Gegensatz zu einem Finanzinvestor, der nur Geld reingibt. Der Business Angel ist im Idealfall auch Teil des Ganzen und bringt sich ein mit seiner Erfahrung, seinem Netzwerk, seinem Knowhow, mit allem, was er gelernt hat. Mit seinen Tiefschlägen in seinem Leben, seinen Erfolgen. Und er ist dadurch in der Lage, die jungen Unternehmer, die Gründer, sozusagen zu begleiten, auch als Coach und Mentor. Er ist die erste Ansprechperson, wenn es um betriebliche Probleme geht.
LB:
Wie ist es bei dir genau passiert, wie hast du da den ersten Schritt gemacht?
HH:
Bei mir war es eigentlich kein erster Schritt. Ich habe in meiner Karriere ziemlich alles durchgemacht. Nach meinem Studium habe ich, wenn man so will, als kleiner Angestellter begonnen, bin dann in einen großen Konzern gegangen, war irgendwann in der pharmazeutischen Industrie das, was man einen Top Executive auf internationalen Ebenen nennt. Ich habe viele Jahre in Deutschland, England und vor allen Dingen in Spanien gelebt. In Spanien habe ich ein Management aufgemacht, war Unternehmer, habe diese Firma aufgebaut, verkauft, habe begonnen zu investieren, eigentlich als Finanzinvestor und eigentlich zu einem Zeitpunkt, als ich schon auf die 60 zugegangen bin und beschlossen habe, wieder nach Österreich zurückzukommen.
Ich hatte die Erfahrung als Manager, Unternehmer und ein bisschen überflüssiges Geld. Ich hatte mir überlegt, was ich damit mache und bin eher zufällig dazu gekommen, weil mir 2010 in kurzer Zeit zwei Start-Ups angeboten worden sind zur Investition. Das habe ich gemacht und habe nach kurzer Zeit, nach, zwei, drei Monaten festgestellt, das ist genau das, was mir unglaublich viel Spaß macht. So bin ich dazu gekommen und ich habe dann in relativ kurzen Abständen weitere Investments gemacht, weil es mir so viel Spaß gemacht hat.
LB:
Du hast 45 aktive Investments, steht zumindest auf deiner Webseite. Wenn du sagst, du bist auch als Coach mit deiner Erfahrung aktiv, wie kriegt man das alles unter einen Hut?
HH:
Ich bin Pensionär und habe keinen anderen Hauptberuf, es ist mein Hauptberuf, Business Angel zu sein. Und man muss unterscheiden zwischen Firmen, bei denen ich Lead-Investor bin und Firmen, bei denen ich Co-Investor bin. Ungefähr die Hälfte, etwas über 20, sind Lead-Investments, die sind zusammengefasst in der Hansmanngroup.com.
Dort gehe ich früh rein, suche mir das Team selber aus mit normalerweise relativ großen Geldbeträge für eine Early-Stage-Phase und auch größere Anteile nehme. Diese Leute begleite ich sehr eng und coache sie tatsächlich. Bei Co-Investments macht das jemand anders, ein anderer Business Angel oder unter Umständen auch ein Early-Stage-Fonds, wo ich Geld mit dazugebe und eher von der Seitenlinie beobachte, was dort passiert und ab und zu ein bisschen hilfreich eingreife. Das reduziert es natürlich auf über 20. Es ist immer noch mehr als genug. Diese drei Exits, die du erwähnt hast, Runtastic, Shpock und mySugr waren Lead-Investments wie auch Storebox.
LB:
Wie erklärst du dir denn deinen Erfolg? Runtastic, shock, das sind wirkliche Erfolgsgeschichten.
HH:
Es hängt ganz stark damit zusammen, wie ich mir die Projekte aussuche. Ich fokussiere mich extrem auf die Persönlichkeiten der Gründer, weniger auf das Geschäftsmodell. Ich glaube, wenn ich mir die richtigen Gründer suche, die mir sympathisch sind, wo die Chemie stimmt, wo auch die entsprechenden Kapazitäten und die Leidenschaft da sind und ich eine Führungspersönlichkeit sehe, ist das Geschäftsmodell fast zweitrangig, denn das finden wir schon irgendwie.
Es bleibt normalerweise eh nicht bei dem ersten Geschäftsmodell, das mir gezeigt wird, wenn ich in der ganz frühen Phase investiere. Bei diesen Leuten bin ich sehr eng dabei und sehe mich sozusagen als Partner im gleichen Boot. Jeder hat seine Rolle, die haben eine operative Rolle, meine Rolle ist es eben, Geld zu besorgen. Nicht nur beim ersten Mal, sondern auch für Anschlussfinanzierungen da zu sein, strategisch mitzudenken, bei Krisen da zu sein, beim ersten großen Kunden.
Ich sehe mich aber als gleichberechtigter Partner mit den Gründern bei meinen Lead-Investments, der halt eine andere Rolle hat. Das baut sehr schnell ein sehr großes Vertrauensverhältnis auf und ich glaube, das ist die Grundlage dafür, dass man erfolgreich wird.
LB:
Du fokussierst mehr auf die Gründer als auf das Konzept, das sie vorstellen?
HH:
Zumindest in der Anfangsphase, bei der Auswahl. Dann muss man sich natürlich irgendwann auf das Konzept fokussieren und schauen, dass daraus auch ein richtiges Business wird.
LB:
Ich habe den schönen Spruch von dir gelesen, darauf wollte ich auch unbedingt eingehen: Zahlen in einem Businessplan sind irrelevant. Das klingt für viele Investoren erstmal… Wie, Businessplan, da investieren sie doch rein. Was ist denn aus deiner Sicht relevant?
HH:
Den Satz muss ich ein wenig relativieren. Ich investiere in der frühen Phase. In einer frühen Phase einen Businessplan anzuschauen, er endet immer so nach 2 bis 4 Jahren in diesem berühmten Hockey Stick, ganz klar. Das kann jeder machen, ich auch. So etwas habe ich auch selber gemacht. Das ist nicht das, was ich mir anschaue.
Der Hockey Stick ist besonders groß, wenn ich investiere, daher sind sie nicht relevant für mich, diese Zahlen. Für mich ist relevant, dass die Gründer mir erklären können, welches Problem sie lösen, wie groß dieses Problem ist, wie viele Leute dieses Problem haben. Sprich, wie groß ist der Markt und wie groß ist der Leidensdruck der Leute in dem Markt? Das heißt, sind sie bereit, irgendwann Geld dafür zu bezahlen? Das muss stimmig sein und es muss auch ein Problem sein, wo ich das Gefühl habe, dass es cool ist, wenn ich dabei bin, dieses Problem zu lösen. Nicht irgendein Spielebereich, sondern ein Bereich, wo es mir Spaß macht, dieses Problem zu lösen zusammen mit diesen jungen leidenschaftlichen energievollen Leuten.
LB:
Könntest du uns ein schönes Beispiel nennen?
HH:
mySugr war so ein Beispiel, von den vier Gründern waren drei Typ-I-Diabetiker, die ganz eindeutig ein Problem gelöst haben, nämlich das, was sie selber hatten. Der Körper hört auf, Insulin zu produzieren und wenn man es nicht regelmäßig zuführt, hat man zwischen 24 und 48 Stunden Überlebenschance. Das muss man sich vor Augen halten. Wenn man das aber regelmäßig zuführt und zwar genau im richtigen Moment, darauf kommt es an, kann man ein ziemlich normales Leben führen.
Das tut aber kein normaler Typ-I-Diabetiker. Er sagt, er weiß ungefähr, was einem guttut, er weiß, wie er sich bewegen wird und was er isst und in Abhängigkeit davon nimmt er ein bisschen mehr oder weniger Insulin, je nachdem, wie sein Zuckerwert wird. Wenn man das aber alles exakt aufzeichnet und es soweit wie möglich vorherberechnet, kann man den Typ-I-Diabetes wunderbar im Griff behalten.
Diese Typ-I-Diabetiker haben genau das gemacht, ihr eigenes Problem gelöst. Es zu lösen ist wunderbar, denn viele Menschen haben es. Dabei zu sein hat mir Spaß gemacht und es hat sich eine wunderbare Symbiose ergeben zwischen den Gründern und mir, weil ich sie als Erstinvestor von Anfang an und als einziger über die ersten 2,5 Jahre begleitet habe. So lange, bis es mir gelungen ist, Leute zu finden, die die Anschlussfinanzierung gemacht haben. Am Anfang hat ja jeder geglaubt, dass sie mehr so Spielzeug machen.
LB:
Es ist auch ein bisschen mehr als reines Investment, man macht auch etwas Gutes. Es ist wirklich auch eine tolle Sache. Du hast eben gesagt, dass sich die Monetarisierungs-Modelle deiner Investments immer wieder ändern. Viele Start-Ups oder Gründer scheitern daran, dass sie meinen, sie müssten das Businessmodell von A bis Z durchdekliniert haben, bevor sie anfangen. Ich finde es so schön, dass du sagst, es ändert sich sowieso. Hast du dafür ein Beispiel, was Mut macht?
HH:
Ein sehr gutes Beispiel ist sicherlich Shpock und ich kann dir auch Grundregeln aus der Data-Welt insgesamt nennen. Als ich in Shpock als Company investiert habe, hatte sie eigentlich ein anderes Produkt mit einem anderen Businessmodell. Sie haben ein Problem lösen wollen, das schon lange bekannt ist und an dem schon viele gescheitert sind. Sie haben es sehr schlau lösen wollen und zwar das Problem, dass heutzutage jeder über das Internet unglaublich viele Preisinformationen z. B. über Elektrogeräte kriegt. Du kriegst einfach den besten Preis, ob du bei Amazon oder Geizhals schaust, du kannst Preisvergleichs-Plattformen haben, wo du für jedes Elektrogerät den besten Preis kriegst.
Fakt ist aber, dass 80 oder 90 Prozent der Kaufentscheidungen getroffen werden aufgrund von Empfehlungen durch Freunde. Diese zwei Dinge zusammenzubringen, den besten Preis mit der Kaufempfehlung, das haben schon einige probiert, das hat noch keiner geschafft. Die haben es damals mit einem coolen Ansatz probiert und ich habe nicht wirklich daran geglaubt, muss ich ehrlich sagen. Aber ich habe trotzdem investiert, weil mich das Founderteam überzeugt hat. Wir haben ein Jahr daran gearbeitet und haben es dann verworfen.
Bevor wir zugemacht haben, haben die Founder gesagt, wir haben da eine Idee, die würden wir gern probieren. Die ist genau das, was du immer wieder kritisiert hast daran, dass es nämlich viel zu lange dauert und zu umständlich ist. Wir haben etwas, was ganz schnell geht. Man macht ein Foto, gibt einen Preis dazu und stellt es ins Netz. Das war diese Flohmarkt-App, die sie damals entwickelt haben.
Weil dieses Team so gut war und sie außerdem im ersten Jahr so gekämpft und gelernt haben, haben sie das dann relativ schnell und erfolgreich herausgebracht. Die ganz großen Projekte in Österreich, die es vielleicht in Deutschland nicht gibt, haben eigentlich drei Finanzierungsphasen. Projekte, wo jemand ein wirklich großes Problem lösen will.
Man entwickelt zuerst ein Produkt mit sehr viel Geld zusammen mit den Usern, aber wirklich so, dass das Produkt super ist. Dann gibt man Geld dafür aus, dass man möglichst viele User für dieses Produkt kriegt. Und erst dann, wenn man ein gutes Produkt hat und viele User, beginnt man zu monetarisieren. Und erst dann konkretisiert man tatsächlich, mit welchem Geschäftsmodell man es tut.
Vorher hat man natürlich schon Ideen und probiert ein bisschen aus, aber das Geschäftsmodell ist eigentlich etwas, was immer auch relativ spät funktioniert, solange man ein gutes Produkt hat, das viele Leute verwenden und lieben, dann werden sie auch bereit sein, etwas dafür zu bezahlen. Du musst nur die beste Möglichkeit finden, es so zu machen, dass es für die User fair ist und trotzdem profitabel. Wenn du kein gutes Produkt hast oder es verwenden nicht viele Leute, hilft dir das beste Geschäftsmodell nicht, dann wird es keiner zahlen.
LB:
Was ist deine Hauptintention, dass du rausgehst und weiterverkaufst, deine Anteile? Oder dass du mit dem Geschäftsmodell Gewinne machst?
HH:
Nachdem ich Partner der Gründer bin, versuche ich immer, so lange wie möglich dabei zu bleiben, solange die Gründer drin sind. Das ist mir bis jetzt überall gelungen. Runtastic hat zunächst die Hälfte an Springer verkauft, nur die vier Gründer sind dringeblieben und ich. Das wollten sowohl die Gründer als auch Springer. Gemeinsam haben wir dann mit Springer zusammen an Adidas verkauft.
Auch bei Shpock oder mySugr bin ich sozusagen bis zum Schluss dringeblieben. Das heißt, ich mache das, was die Gründer wollen. Im Prinzip bin ich „nur“ der Business Angel. Es ist das Business der Gründer, ich bin Partner und freue mich darüber. Wenn die sagen, wir machen ein langfristiges Dividendenmodell und wollen nicht verkaufen, ist es für mich auch okay. Ich sage ihnen natürlich alle Vor- und Nachteile, die ich sehe und versuche sie davon abzuhalten, mit irgendeinem Vorschlag gegen die Wand zu rennen.
Aber wenn es halbwegs vernünftig ist, warum nicht? Und wenn sie bald verkaufen wollen, meiner Meinung nach zu bald, was manchmal vorkommen kann, sage ich es ihnen auch. Wenn sie es aber trotzdem wollen, machen wir das und ich helfe ihnen dabei. Das heißt, ich versuche das immer zusammen mit den Gründern zu machen.
LB:
Was ist deine Hauptmotivation, überhaupt als Business Angel tätig zu sein? Es kann nicht nur monetär getrieben sein.
HH:
Nein, es ist überhaupt nicht monetär getrieben! Man kann kein Business Angel sein, wenn man es monetär getrieben macht. Natürlich spielt Geld eine Rolle, wenn man ein großes Portfolio fährt, braucht man ab und zu einen Exit, um es wieder neu zu befeuern.
Aber im Prinzip ist meine Hauptmotivation, mit leidenschaftlichen jungen Gründern zusammenzuarbeiten und etwas zu machen, was so noch keiner gemacht hat vorher und ich bin dabei. Das hält mich selber jung und macht mir großen Spaß. Und ich bin sehr kompetitiv, haben einen sehr starken Spieltrieb und ich sehe es natürlich auch als Spiel.
Das Spiel heißt: „Wie mache ich ein Start-Up erfolgreich?“ Das heißt, wie bei jedem Spiel muss ich die Regeln gut kennen und schauen, welche Mitspieler es gibt, wie groß das Spiel überhaupt ist und dass ich mit den Gründern zusammen das Spiel gewinne. Entweder macht man also die Company im Cashflow profitabel oder man verkauft die Company, ein sogenannter „Exit“, für im Idealfall deutlich mehr Geld als investiert wurde.
In beiden Fällen hat man das Spiel gewonnen. Es ist beides willkommen, aber Geld ist nicht die primäre Motivation, sondern für mich ist es primär, das Spiel zu gewinnen und ausgedrückt wird es durch Geld.
LB:
Was würdest mit deiner Erfahrung als erfolgreicher Business Angel angehenden Business Angeln oder Leuten, die sich mit der Idee tragen, so wie ich zum Beispiel, so etwas irgendwann mal zu starten, denen raten?
HH:
Man muss sich gut überlegen, Business Angel zu sein. Ich habe selber die Austrian Angel Investors Association gegründet, wo wir 200 bis 250 Leute haben, die begonnen haben, als Business Angel zu arbeiten, für die wir Workshops machen, Vorträge halten, zusammen investieren. Nicht jeder ist dafür geeignet, das muss man ganz ehrlich sagen. Es sind die wenigsten.
LB:
Was muss man denn haben?
HH:
Um als Lead-Investor reinzugehen, reicht die bisherige Erfahrung als Unternehmer oder Manager, auch wenn man Geld hat, nicht. Es ist eine Aufgabe, die man lernen muss, genauso wie man überhaupt alles lernen muss, muss man auch lernen, Business Angel zu sein. Im Idealfall treibt man sich in der Start-Up-Szene herum, macht kleine Co-Investments und schaut, wie es geht. Riskiert ein bisschen weniger Geld zusammen mit einem Lead-Investor, der es kann und schaut sich das ab. Schaut, wie man die Verträge macht, wie man mit Gründern umgeht.
Und dann merkt man, ob einem das Spaß macht. Denn was das Geld betrifft, ist es hoch riskant. Die meisten Business Angel, die ich kenne, haben viel Geld verloren. Es gibt sehr wenige, die Geld damit gewinnen. Aber das ist auch okay, wenn man es mit der richtigen Einstellung macht und welche Geldmenge man halt dabei einsetzt. Man kriegt unglaublich viel zurück.
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass ich irrsinnig viel kriege aus dem Ganzen, unabhängig vom Geld. In meinem Portfolio gibt es kaum eine Spezialisierung auf eine Branche, sie sind fast alle Tech Start-Ups und ich habe in meinem Alter einen Zugang zur Digitalisierung und zu Tech wie wahrscheinlich wenige meines Alters haben. Das habe ich über meine Start-Ups gekriegt. Was ich dort sehe und lerne und die Beziehungen zu meinen Gründern und sehe, wie die wachsen und zu Persönlichkeiten heranreifen, das sind alles Dinge, die sind unglaublich toll und positiv.
Aber Business Angel muss man lernen, klein anfangen und schauen, ob es einem Spaß macht. Und dann entweder beim Co-Investment bleiben oder wenn man sich traut, einmal ein richtiges Lead-Investment in die Hand nehmen.
LB:
Also, klein anfangen, vielleicht auch Netzwerke nutzen. Du hast jetzt das Österreichische vorgestellt, so etwas gibt es bestimmt auch hier in Deutschland.
HH:
Natürlich, es gibt das deutsche Business Angel Netzwerk und es gibt europäische Business Angel Netzwerke. Es gibt Angel-Clubs, wo sich Investoren regelmäßig treffen und gemeinsam Investments machen und einer führt es, macht den Lead dabei. Dabei kann man sehr viel lernen und merkt dann, ob es so viel Spaß macht, dass man selber ein bisschen mehr machen und auch in den Lead möchte.
Grundsätzlich darf man aber nicht davon ausgehen, dass man sein Geld zurückbekommt, würde ich sagen. Und grundsätzlich muss man davon ausgehen, das ist auch ganz wichtig, etwas, was viele angehende Business Angel meist unterschätzen, mit dem Erstinvestment ist es niemals getan! Das durchschnittliche Investment in einen Start-Up ist das Dreifache meines Erstinvestments.
LB:
Okay? Das, was man als erstes Investment einbringt, da muss man Faktor 3 rechnen, das braucht man im Endeffekt?
HH:
Genau.
LB:
Von welchem Bereich reden wir? Wie viel muss ein Business Angel an Geldsumme zur Verfügung haben, um überhaupt starten zu können?
HH:
Es ist sehr persönlich, man kann schon mit geringen Beträgen anfangen. Da bin ich wahrscheinlich nicht die richtige Ansprechperson. Ich mache sehr große Tickets zwischen 200.000 und 500.000 Euro. Dort, wo ich Lead-Investor bin, mache ich die gesamte Early-Stage-Runde. Die mache ich sehr gern allein, ohne Co-Investoren.
Dort, wo ich Co-Investor bin, gehe ich so mit 100.000 Euro in die erste Runde. Man kann es ab 20.000, 50.000 Euro machen, vor allem, wenn sich Business Angels syndizieren und fünf bis zehn das machen. Ganz wichtig ist auch, dass man es dann so macht, dass nicht jeder einzelne im Firmenbuch steht, weil es dann für spätere Finanzierungsrunden meist ein No-Go ist.
Die österreichische und auch die deutsche GmbH sind denkbar ungeeignete Instrumente, um ein Start-Up zu gründen, aber sie sind die einzigen, die wir haben. Aber das Problem ist, wenn zu viele Leute dabei sind, wird es ziemlich unhandlich. Sie sollten in einer gemeinsamen GmbH investieren.
LB:
Abschlussfrage zum Business Angel, bevor wir zu den Schlussfragen kommen. Wie ist dein Verhältnis zu Erfolg und Gewinn? Wie viele Investitionen machst du oder wie oft bist du Business Angel bei einem, der durchstartet und wie viele scheitern da? Die Quote würde mich interessieren?
HH:
Bei mir?
LB:
Ja.
HH:
Ich habe insgesamt in deutlich über 50 investiert seit 2010, habe 12 nicht mehr, davon sind 8 Exits und 4 gescheitert. Das ist eine ziemlich gute Quote.
LB:
Und wie ist die normale Quote?
HH:
Es kommt darauf an, in welcher Phase man investiert. Die Quote kann man dadurch verbessern, indem man ein Gespür dafür entwickelt, sich die richtigen auszusuchen. Es gibt Leute, die haben in fünf investiert und keins ist etwas geworden. Und es gibt solche, die haben bei fünf halt drei gemacht. Zum Teil war es dann Glück, aber die Grundregel ist, als ein Portfolio, auch wenn man kleine Beträge hat, sollte man zumindest in 10 investiert sein. Auch wenn man nur 20.000 bis 50.000 macht, sollte man 10 haben, dann ist die Chance, dass zwei oder drei dabei sind, die einen größeren Return zurückbringen, deutlich größer.
LB:
Machen wir hier mal einen Strich unter Business Angel, vielen Dank dafür Hansi, hast uns wirklich einen super Einblick in die Szene gegeben und auch sehr wertvolle und wichtige Tipps für Menschen, die sich das vielleicht auch vorstellen können, da mal einzusteigen. Bei dir kam auch wirklich jetzt die Motivation und Begeisterung rüber, das kann ich total nachvollziehen. Ich kann mir richtig vorstellen, wie viel Spaß es macht, mit jungen Gründerteams zu arbeiten, die voller Energie sind. Wenn man mit seiner Erfahrung da reingeht, toll! Du hast sicherlich einen Job, der sehr viel Spaß macht.
HH:
Oh ja.
LB:
Jetzt zu den Schlussfragen, da bitte ich immer um kurze und schnelle Antworten. Hansi, welcher ist dein wichtigster Produktivitätstipp?
HH:
Fokus – besser eine Sache super machen als drei Sachen halb gut.
LB:
Welche Apps oder welchen Internetdienst kannst du der Selbstmanagement. Digital. Community empfehlen?
HH:
Ich bin da extrem durchschnittlich und verwende so ziemlich alles ein bisschen. Auf Facebook bin ich sehr stark präsent, weil meine Companies alle in Facebook sind und ich die sozusagen über Facebook promote. Ich bin ein bisschen auf LinkedIn und WhatsApp, aber sonst mache ich fast alles über E-Mail.
LB:
Was war deine größte Herausforderung als Business Angel und was hast du daraus gelernt?
HH:
Die schiere Anzahl, die in meinem Portfolio vertreten sind, ist meine größte Herausforderung. Ich habe 2018 über 90 offizielle Board-Meetings gehabt. Das zu managen ist manchmal relativ schwierig und ich habe 2018 60 Transaktionen gemacht. Ich mache das zusammen mit einer Personal Assistent, sonst habe ich keine Struktur.
Manchmal ist es zeitlich relativ schwierig, alles unter einen Hut zu bringen. Daraus habe ich genau das gelernt, was meine Antwort auf die erste Frage war – Fokus ist alles! Ich kann nicht drei Sachen gleichzeitig ein bisschen machen. Ich mache eine und da ist mir alles andere vollkommen egal, aber ich komme sehr schnell zu einer Entscheidung und wenn es entschieden und gemacht ist, mache ich das nächste.
LB:
Welches Buch hat dich denn als Unternehmer und Mensch am meisten geprägt?
HH:
Schwierig zu sagen, früher habe ich sehr viel gelesen, seit ca. 15 Jahren mache ich es weniger. Vielleicht am ehesten das Buch „The One Minute Sales Manager“. Es ist so ein typisch amerikanisches 30 Seiten-Buch, wo auf wenigen Seiten dargestellt wird, wie man zu einem Verkauf, einem „Closing“ kommt und es ist etwas, da habe ich mir ein paar Regeln abgeschaut, die ich in meiner Arbeit ganz grundsätzlich verwende.
LB:
Welches ist der beste Ratschlag, den du jemals erhalten hast?
HH:
Ich nenne dir einen, der sich ein bisschen zu widersprechen scheint zu dem, den ich am Anfang gesagt hatte, als ich meinte, die Zahlen im Businessplan sind nicht so wichtig. Aber danach, wenn ich drin bin, sind mir die Zahlen natürlich schon sehr wichtig. Der Ratschlag lautet: „Never do business with people who don’t know their numbers“. Ich verlange vor allem von meinem Hauptgründer, wenn ich ihn um 03:00 Uhr nachts aufwecke, ganz egal wie schlaftrunken er ist, er muss mir sagen, wie viel Geld er auf dem Konto hat, wie viel er letzte Woche verkauft hat und wie lang das Geld noch reicht bis zur nächsten Runde. Diese wesentlichen KPIs müssen die Leute ganz einfach intus haben.
LB:
Toller Ratschlag, kann ich mir vorstellen, das ist sehr wichtig. Es wurde ja auch ein Buch über dich geschrieben. Leider gibt es das noch nicht als Kindle-Version, zumindest nicht hier in Deutschland. Kommt das noch?
HH:
Das hoffe ich. Wir sind mit dem Verlag nicht ganz glücklich, aber versprochen haben sie es.
LB:
Ich würde es dann auf jeden Fall lesen. Wie kann die Selbstmanagement. Digital. Community mit dir in Kontakt treten? Wenn man eine Idee hat oder einen Start-Up hat, wie kann man dann mit dir in Kontakt treten?
HH:
Gar nicht! Zu Beginn 2017 habe ich aufgehört, neue Investments zu machen. Das hat meiner Organisation und meinem Management sehr gutgetan. So ein Start-Up dauert fünf bis sieben Jahre im Durchschnitt. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass man es nach drei Jahren verkauft. So im vierten bis sechsten Jahr fangen die an, wirklich viel Arbeit zu machen, auch für mich. Das würde ich nicht mehr schaffen, wenn ich jetzt noch neue Investments habe. Daher habe ich zunächst aufgehört, neue Investments zu machen.
Ich habe es auf allen möglichen Kanälen kommuniziert, in meinem Profil steht es sogar in der Headline: „Currently not investing“. Trotzdem kriege ich fünf bis zehn Projekte wöchentlich zugeschickt aus dem deutschsprachigen Raum, aber auch aus Osteuropa. Ich versuche sie weiterzuleiten an Leute, die ich kenne, aber ich kann sie nicht mehr alle beantworten, was mir persönlich sehr leidtut.
Früher habe ich oft jungen Gründern geholfen, auch, wenn ich nicht investiert habe, mal mich eine Stunde mit ihnen hingesetzt und erklärt, was ich denke, was sie verbessern sollten an dem Projekt oder wie sie es angehen sollen. Das kann ich nicht mehr, ich arbeite tatsächlich am Anschlag, es geht nicht mehr. Daher kann man mit mir nicht in Kontakt treten. Ich habe 120 Leute auf einer Liste, die sich mit mir treffen wollen. Ich weiß nicht, wann ich die treffen soll.
LB:
Das kann ich total nachvollziehen. Umso glücklicher bin ich, dass ich dich hier zum Interview bekommen habe. Dafür nochmal einen ganz herzlichen Dank, es hat sehr viel Spaß gemacht.
HH:
Gern, es ist Johannes von Storebox zu verdanken. Es war ein sehr angenehmes und nettes Interview.
LB:
Vielen Dank Hansi. Ich wünsche dir auf jeden Fall mit all deinen Investments wahnsinnig viel Erfolg. Hast einen tollen Einblick gegeben in die Business Angel Szene und mir eine riesen Lust gemacht, auch mal so einen Schritt zu wagen oder sich das auf jeden Fall mal näher anzugucken.
Euch natürlich und dir auch, Hansi, wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben.
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