Jörg Roos nennt sich den Zahlenflüsterer. Mit 20 Jahren Erfahrung als Controller hilft er Unternehmern und Selbstständigen nun als Mentor nachhaltig ein erfolgreiches Business aufzubauen, indem er ihnen die richtigen Kennzahlen für ihr Unternehmen heraussucht und auch anschaulich erklärt. Jörg ist begeistert von Zahlen und findet sie überhaupt nicht trocken. Es kommt eben darauf an, die wichtigsten Kennzahlen greifbar zu machen. Lass Dich von seiner Begeisterung anstecken.

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Jörg Roos
Blog von Jörg

Podcast:
Zahlen im Griff, auf Gewinn programmiert

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Buchempfehlungen:(*)
Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer von Stefan Merath
Die Gesetze der Gewinner von Bodo Schäfer

App-Empfehlungen:
Evernote
Todoist
MeisterTask
MindMeister

Transkription

LB = Lars Bobach
JR = Jörg Roos

LB:
Herzlich willkommen zum Podcast Selbstmanagement.Digital. Wir geben Orientierung im digitalen Dschungel, so dass wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben bleibt. Mein Name ist Lars Bobach und ich habe heute den Jörg Roos zu Gast, hallo Jörg.

JR:
Hallo Lars. Klasse, dass ich dabei sein darf, ich freue mich sehr.

LB:
Ich freue mich auch. Wer Jörg noch nicht kennt, er ist Controller aus Leidenschaft. Er hat den Blog und den Podcast „Zahlen im Griff, auf Gewinn programmiert“. Er schreibt dort, er ist angetreten, Zahlen zu rocken und er nennt sich selbst den Zahlenflüsterer. Für mich sind Zahlen totlangweilig – woher kommt deine Begeisterung?

JR:
Zahlen sind natürlich nicht totlangweilig! Sie sind eher so etwas wie ein guter Freund, jedenfalls stelle ich mir das so vor. Sie meinen es eigentlich gut mit dir, wollen aber natürlich ernst genommen und verstanden werden. Ich weiß, dass andere Leute das ganz anders sehen.

Meistens liegt es aber daran, dass du das ganze Thema BWL-Theorie, Zahlentheorie, alles, was man so nutzen darf, um es zu lernen, eher trocken und nüchtern vermittelt wird. Darauf hat natürlich keiner Lust, hätte ich auch nicht. Trotzdem habe ich das irgendwie gemacht. Ich bin über die Uni da reingerutscht und hatte dort irgendwann tatsächlich ein Schlüsselerlebnis, wo ich festgestellt habe, Zahlen sind der Schlüssel, wenn ein Unternehmen wirklich erfolgreich sein möchte.

Plötzlich wurde mir zu diesem Zeitpunkt die Bedeutung klar. Diesen Weg habe ich weiter eingeschlagen und im Laufe des Jobs habe ich dann festgestellt, dass ich den Ansatz habe, dass ich das Business unterstützen, Menschen mitnehmen will. Die Ergebnisse waren eigentlich sehr überzeugend, teilweise habe ich da Transformationen erlebt. Damit wuchs mehr und mehr meine Begeisterung. Deswegen bin ich der Meinung, Zahlen sind richtig geil, wenn man sie richtig anpackt.

LB:
Du bist mit Begeisterung dabei, das merkt man. Du hast gesagt, sie sind wahnsinnig wichtig, kannst du das mit einem Beispiel hinterlegen, wie wichtig KPIs, also Keep Performance Indicators, heutzutage im geschäftlichen Umfeld sind?

JR:
KPIs stehen für Kennzahlen im neudeutschen Bereich. Am Ende ist es so, du beschreibst es auf deinem Blog auch immer wieder und in deinen Podcasts und Videos, Digitalisierung und die gesamte allgemeine Entwicklung sind eher so, dass alles immer schneller wird. Immer mehr Zahlen liegen entsprechend auch vor, das ist auch eine Folge der Digitalisierung. Wenn ich mir alle diese Zahlen ernsthaft anschauen wollen würde, macht man wirklich nichts anderes mehr als Unternehmer.

Insofern ist es super wichtig, KPIs oder Kennzahlen zu haben, denn wenn die richtig ausgewählt sind, können sie eine echte Abkürzung sein und sie können vor allen Dingen dafür sorgen, dass du nicht so schnell den Überblick verlierst. Dafür ist es aber super wichtig, dass sie richtig ausgewählt sind und nicht einfach irgendwelche KPIs. Du kannst ja fast mehr KPIs entwickeln als Zahlen, es ist unglaublich.

LB:
Klar, gibt uns mal ein Beispiel, wo KPIs richtig geholfen haben. Du bist jetzt seit 20 Jahren im Controlling-Umfeld aktiv.

JR:
Ich bin ein großer Freund davon, KPIs so auszuwählen, dass sie zur Strategie passen. Wir haben einen Kunden, für den ist das Thema gesundes Wachstum besonders wichtig. Er ist schon länger am Markt, aber er braucht noch mehr Wachstum, um wirklich profitabel sein zu können. Da er sehr digital unterwegs ist, hat er wahnsinnig viele Daten und könnte sich schwindelig gucken.

Da haben wir tatsächlich einen Ansatz gewählt, dass wir uns das Kernprodukt angeguckt haben und haben überlegt, was darf auf keinen Fall passieren, damit er trotzdem wachsen darf. Dann haben wir uns über eine Auswahlquote für das technische Kernprodukt unterhalten und damit das Ganze gesund war, haben wir uns die Liquidität angeschaut. Ich bin ein großer Freund der Liquiditätsreserve. Nehmen wir mal den worst case: Es bricht alles zusammen, wie lange hast du noch mit deinem Unternehmen, um in Ruhe neue Entscheidungen zu treffen, bevor du wirklich an die Substanz musst? Wie viel Geld liegt da noch, um die fixen Kosten zu decken, die vertraglich gebunden sind? Das beschreibt die Liquiditätsreserve beispielsweise.

Es ist aus meiner Sicht ganz wichtig, eigentlich für jedes Unternehmen, aber speziell, wenn du wachsen willst und diese Einschläge immer mal wieder da sind, musst du wissen, was habe ich da noch liegen und wie lange reicht dieses Geld aus. Um eine Wachstumskomponente drin zu haben, ist der Gewinn dieses Kernproduktes eine Komponente. In dem Fall hing im Wesentlichen das Gesamtwachstum des Unternehmens vom Kernprodukt ab.

Da haben wir uns den Gewinn angeguckt und dort die Wachstumsraten. Das hatte den Vorteil, dass diese drei Kennzahlen das Gesamtrisiko des Unternehmens im Wesentlichen abgedeckt haben. Er konnte sich diese drei Kennzahlen sehr gut merken und ich sage immer, überhaupt Zahlen sind der Spiegel deiner Alltagsentscheidungen. Damit meine ich, es ist wichtig, gerade wenn wir über Kennzahlen reden, dass du diese in deinen Alltag mit reinnimmst.

Es bringt dir nichts, wenn du irgendwelche Zahlen hast, die du im Alltag nicht großartig beeinflussen kannst bzw. die du nicht im Überblick haben kannst, weil sie so komplex sind. Das ist mit diesen drei Beispielen, die ich gerade genannt habe, natürlich relativ einfach möglich. Er konnte im Alltag sehr genau seine Entscheidungen danach ausrichten, dass er die Kennzahlen in die richtige Richtung treibt. Das gelingt ihm aktuell auch ganz hervorragend. Und da sagt er immer wieder, er nutzt ein Dashboard von mir, wo wir die Kennzahlen entsprechend verankert haben, das hilft ihm unwahrscheinlich, weil es eine Orientierung gibt. Diese gibt ihm eine gewisse Sicherheit. Weil er weiß, selbst, wenn mal etwas schiefgeht, ist genug Kohle auf dem Konto, so dass er eben auch mal drei oder vier Monate klarkommt, ohne die große Substanzwelle drehen zu müssen.

LB:
Der Amerikaner sagt „What’s measured gets done.“ Also, was ich messe, wird erledigt. Und wenn ich mein Unternehmen an solchen Zahlen ausrichte, verbessern die sich in der Regel auch, wenn ich die regelmäßig monitore. Wie finde ich denn jetzt gute KPIs, die richtigen Kennzahlen, für mein Unternehmen? Du hattest das mit der Liquidität da gebracht, mit dem Gewinn für dieses Produkt. Wenn ich jetzt zum Beispiel hier in meiner Online-Marketing Agentur richtige Kennzahlen finden will, wie würdest du vorgehen?

JR:
Ich fange immer relativ überraschend für die meisten an und lasse mir die Vision des Unternehmers erklären. Ich möchte wissen, wo möchte der Unternehmer hin? Dann gibt es zu der Vision passend meist auch eine Strategie, die hoffentlich relativ gut durchdacht ist. Ansonsten darf man da nachschärfen. Und diese Strategie wird dann in einen Plan übersetzt. Es hört sich alles sehr theoretisch an, aber man kann es wunderbar in einen Finanzplan übersetzen.

Da kann ich mir überlegen, was sind die die wichtigsten Zahlen, die für mich wirklich entscheidend sind, damit mein Plan, meine Strategie, wirklich auch umgesetzt werden kann. Aus diesen Zahlen kann man sich dann überlegen, was sind jetzt die richtigen Kennzahlen? Darüber gibt es Bücher, welche Kennzahlen es alles gibt, da suchen wir die passenden raus.

Ich bin ein Freund von drei bis fünf top Kennzahlen. Die sollten wirklich zur Strategie, zur Vision, passen, so dass der Unternehmer in jeder hektischen Alltagssituation, ich meine, wir haben alle so viel die Ohren im Alltag, dass wir die im Hinterkopf haben und zumindest die bewusste Entscheidung, von mir aus auch gegen die Entwicklung der Kennzahl, treffen können. Aber dann machen wir sie wenigstens bewusst und können darüber nachdenken. Das ist ein riesen Schritt nach vorne. Aus der Vision kommend die Kennzahlen ableiten.

LB:
Gib mal ein Beispiel für eine Kennzahl, die aus einer Vision kommt.

JR:
Eine Auswahlquote für eine Kernkomponente, wenn ich damit eine Marktführerschaft übernehmen möchte. Wenn diese Kernkomponente so wichtig ist für ein Produkt, dass es eine Marktführerschaft erreichen kann und das für das gesamte Unternehmen extrem wichtig ist, darf eine Kernkomponente dazu auch nicht ausfallen. Oder die Gewinnmarge, es ist noch nicht einmal besonders sexy oder einfallsreich, aber wenn ich wachsen will, möchte ich das auch gesund machen und dann kann es eine Gewinnmarge eben sein.

LB:
Der Umsatz auch?

JR:
Nein, das wäre für mich jetzt ein Beispiel für eine schlechte Kennzahl. Es ist einfach zu unspezifisch, Umsatz ist irgendwie alles. Natürlich hat man Umsatz immer im Kopf und jeder weiß auch was dazu zu sagen, aber da fließen so viele Faktoren ein. Das rausnehmen, was den Umsatz ausmacht, was ist wirklich der Treiber für deinen Umsatz? Wenn du dich darauf fokussierst, bist du viel spezifischer unterwegs.

Da können wir letzten Endes auch ein bisschen ausmachen, was ist eine gute und was ist eine schlechte Kennzahl? Schlechte Kennzahlen sind eben zu unspezifisch wie jetzt so Umsatz, Gewinn oder nicht greifbar. Es gibt so Shareholder Value Kennzahlen als Wert, kein Mensch kann sich darunter konkret etwas vorstellen, was bedeutet das denn wirklich? Es muss irgendwie auch im Alltag greifbar sein.

Oder wenn die Sachen zu detailliert sind oder zu wenig relevant. Ich komme ganz häufig in Unternehmen, die haben 30 bis 50 Kennzahlen und zeigen mir das ganz stolz. Dann kommt die entscheidende Frage: Was machst du denn damit? Da steht dann alles Mögliche drin, aber es ist viel zu detailliert, so triffst du keine Entscheidung, es bringt dich nicht weiter.

Deswegen ist das Thema Kennzahlen immer auch eine sehr individuelle Geschichte. Für jedes Unternehmen sieht es immer ein bisschen anders aus. Aber wenn es gut hergeleitet ist, ist es extrem hilfreich und macht dem Unternehmer dann auch tatsächlich Spaß. Ich habe durchaus einige Unternehmer dabei, die als Zahlenmuffel starten und sicherlich jetzt keine Fans sind, aber sie arbeiten zumindest gern mit den Zahlen, weil sie den Sinn erkennen und sich auch im Alltag sicherer fühlen. Das ist gerade in diesen hektischen Zeiten, wie wir sie jetzt erleben, es ist auch keine Besserung in Sicht, das ist so der Kernvorteil von solchen Zahlen, dass sie unheimliche Sicherheit bieten können.

LB:
Nach meiner Erfahrung müssen die Zahlen auch sehr einfach sehr, damit sie jeder versteht.

JR:
Ja genau.

LB:
Den Umsatz wird auch jeder verstehen. Aber sie müssen das Unternehmensziel oder die Vision, aber auch am Erfolg und wirklich einfach sein. Bei ISOTEC zum Beispiel hatten wir, wie viel Umsatz jeder Handwerker machen sollte pro Tag. Bei einem Auftrag von beispielsweise 6.000 Euro durften sie eine bestimmte Anzahl von Tagen dafür brauchen, damit es ein guter Auftrag war. Dann hatte das Unternehmen mit diesem Auftrag einen Gewinn gemacht. Umsatz pro Manntag war eine einfache Kennzahl und jeder Handwerker hat das verstanden. In der Firma war es ganz oben zu sehen, wo wollen wir hin und welche Manntage haben wir zurzeit.

JR:
Genau. Und was ist da jetzt das Besondere an dieser Kennzahl? Es setzt Relationen. Auf der einen Seite hast du diese absolute Größe Umsatz und auf der anderen Seite die Manntage. Das setzt du in Kombination. Du könntest auch den Manntag durch Dauer ersetzen, dass du dir anguckst, wie lange braucht ein Auftrag, um abgearbeitet zu werden, weil du eben weißt, dass die Prozessoptimierung langsam greifen müsste. Ob das der Fall ist, siehst du dann in der Bearbeitungszeit.

Aber meist sind es Relationen. Und genau wie du sagst, dieses Einfache, es muss greifbar sein, man muss sich etwas unter der Zahl vorstellen können. Nebulöse Sachen, die theoretisch daherkommen, wie Unternehmenswert oder so, ja toll. Damit kann keiner was anfangen.

LB:
Hier in der Agentur haben wir zwei Zahlen, die für uns sehr interessant sind. Der durchschnittliche Umsatz pro Kunde, wir haben immer wiederkehrende Kunden, wir schreiben unseren Kunden monatlich eine Rechnung, weil wir sie betreuen. Das gucken wir uns sehr genau an, aus unserer Sicht hängt damit ganz stark unser Gewinn zusammen. Je höher er ist, desto größer ist unser Unternehmenserfolg. Und wir haben den Net Promoter Score, also NPS, die Empfehlungsquote. Was würdest du zu den Zahlen sagen?

JR:
Es sind typische Zahlen, die gern genommen werden. Ich könnte mir hier so etwas wie Customer Lifetime Value vorstellen. Das ist auch eine ganz prominente Zahl, die aber eben sehr wichtig ist. Wie lange schaffst du es, deinen Kunden in deinem Unternehmen zu halten und den Wert mit dem Kunden zu maximieren? Das gibt auch sehr gute Rückschlüsse über die Zufriedenheit. Es ist vielleicht nochmal eine Weiterentwicklung.

Grundsätzlich sind diese Kennzahlen aber absolut okay. Fairerweise muss ich aber sagen, solange ich dir jetzt auch folge, so genau weiß ich nicht, wohin du willst. Auch da gilt natürlich, Vision und Strategie müsste ich genauer verstehen. Das müssten wir abklopfen, um herauszufinden, ob die Werte wirklich passen. Die Werte werden jetzt nicht falsch sein oder dich in die falsche Richtung führen, das kann ich mir nicht vorstellen, dafür bist du viel zu erfahren. Aber ob noch etwas Besseres möglich ist, das müsste man genauer anschauen.

Aber das ist eben diese ganz individuelle Geschichte. Ich glaube, für die Hörer ist wichtig mitzunehmen, es gibt gute Punkte, mit denen man ansetzen kann, wo man sagt, das passt jetzt erstmal. Aber wenn es dann wirklich passen soll, sollte es wirklich diese Strategieüberlegung sein. Das kann man durchaus, wenn man ein bisschen geübt ist, selbst machen und sich überlegen, was ist diese Strategie, was mache ich konkret und wie kann ich das messen? Meist sind es Geschichten, die sind in jedem Unternehmer drin, die hat er.

LB:
Die haben wir auch, wir haben sie auch festgelegt. Wir haben so ein BHAG (Big Hairy Audacious Goal), ein ganz großes Ziel und wir haben versucht, es ein bisschen herunterzubrechen. Aber du hast mir gerade schon einen guten Ansatzpunkt gegeben, wo man sicherlich da nochmal verbessern kann.

Was sagst du denn jetzt aus der Erfahrung, wir haben hier viele kleine, mittelständische Unternehmer, auch Handwerker als Zuhörer. Die tun sich schwer, die Zahlen offenzulegen. Ich höre immer wieder Fragen, gerade auch, wenn es hier um die Einführung von MeisterTask geht, wo ich sage, die Angebote, die Kalkulationen hochladen, damit jeder sie sieht. Dann sagen sie, das darf nicht jeder sehen, dann sehen sie, dass ich evtl. Gewinn mache, um Gottes Willen. Wie offen sollte man innerhalb des Unternehmens mit solchen Zahlen umgehen?

JR:
Ich empfehle, man muss nicht jeden letzten Cent offenlegen. Aber die Mitarbeiter als Betroffene sollte man wirklich zu Beteiligten machen und sie ernst nehmen und ihnen durchaus die wesentlichen Zahlen offenlegen. Früher oder später kriegen sie die sowieso mit, spätestens, wenn eine Lohnerhöhung in der Diskussion ist, merkt man, ob es gerade gut läuft oder nicht. Oder wenn ich vielleicht einen Kollegen freistellen muss, ist schon klar, wenn er sich nichts hat zuschulden kommen lassen, ist es wahrscheinlich die wirtschaftliche Situation.

Das können die Mitarbeiter auch gemeinsam mit dem Unternehmer entwickeln. Und häufig stelle ich fest, dass die Mitarbeiter nicht genug ernstgenommen oder unterschätzt werden. Gerade in den Leuten, die operativ mit dem Kunden arbeiten, stecken so viele tolle Ideen, die die Leute dann auch gern mitteilen in dem Moment, wo sie sich ernstgenommen und wertgeschätzt fühlen.

Das darf natürlich jeder Unternehmer für sich entscheiden, wie es genau von der Kommunikation her läuft, aber das erlebe ich immer wieder. Es kommen Ideen, wie man Kosten sparen kann, wie man Prozesse optimieren kann. Wenn man dem Mitarbeiter sagt, wo man steht und wo man in fünf Jahren stehen will und ihm erklärt, wie man sich das vorstellt, warum nicht gemeinsam überlegen und warum nicht die Zahlen offenlegen?

Es passiert doch nichts, es muss ja keine Unternehmer sein Gehalt offenlegen. Soweit muss kein Mensch gehen, wobei ich auch Unternehmen kenne, wo das auch der Fall ist. Die fahren auch sehr gut, aber das ist sicherlich eine Grenze, die ich persönlich auch nicht überschreiten würde. Aber KPIs, die ich für mich als top Kennzahlen definiert habe, das würde ich schon in einer Mitarbeiterversammlung erläutern und es mit ihnen gemeinsam diskutieren. Betroffene zu Beteiligten zu machen, ist schon immer ein guter Punkt gewesen.

LB:
Hier kann ich auch meine eigenen Erfahrungen teilen, es ging mir genauso. Die Leute fühlen sich gewertschätzt und identifizieren sich viel mehr mit dem Unternehmen. Bei ISOTEC gab es auch Phasen, wo der Auftragseingang in trockenen Zeiten zurückgegangen ist. Dort gab es immer schönes und gutes Wetter. Bei einer Flaute haben es die Handwerker mitgekriegt und hatten dann auch Ideen, was man dagegen machen könnte. Dadurch, dass sie ganz prominent bei uns an der Pinwand den aktuellen Auftragseingang und -bestand sahen.

JR:
Häufig sind auch die Unternehmer, die am Puls des Unternehmens sitzen und alles im Griff haben wollen, ein Stückweit betriebsblind, sie sehen gewisse Dinge nicht, weil sie sich immer wieder mit dem gleichen Thema beschäftigen. Ich kann jeden nur ermutigen und kenne eigentlich kein Beispiel, es sei denn, die Leute sind völlig schräg drauf, aber dann hat man eh ein Problem mit den Mitarbeitern, wo es sich wirklich negativ ausgewirkt hat. Da kann ich wirklich nur Mut machen.

LB:
Halten wir fest: Drei bis fünf Kennzahlen pro Unternehmen sind vollkommen ausreichend. Weniger ist hier mehr. Sie sollten sich an der Vision, dem großen Ziel, des Unternehmen orientieren.

JR:
Das ist übrigens noch unterschätzt, eine echte Vision zu haben. Es gibt ganz viele, die dasitzen und sich denken, was erzählt der da? Es ist so wichtig, zu wissen, wo man wirklich hin will. Vielleicht ist das Wort „Vision“ ein bisschen irreführend oder befremdlich für viele. Aber es ist so wichtig, ein echtes, konkretes, großes Ziel zu haben und nicht einfach so in den Tag zu leben. In den „Driving Seat“ kommen, aktiv gestalten, deswegen haben wir uns doch selbständig gemacht und ein Unternehmen gegründet!

LB:
Genau, eine Vision ist auch ein bisschen mehr. Es ist nicht nur das große Ziel, sondern auch das „Warum“ ist eine Vision. Ich könnte jetzt eine Stunde lang erzählen, wie wichtig das „Warum“ in einer Firma ist. Wenn wir nur zum Geldverdienen hier hingehen, damit kriegt man keinen hinter dem Ofen hervorgelockt, vor allen Dingen auch keinen Mitarbeiter motiviert. Auch die Kunden merken das total.

Jörg, du hast uns gute Anregungen gegeben, uns auch nochmal mit Spaß mit Kennzahlen zu beschäftigen. Ich glaube auch, die richtigen Kennzahlen können ein Kompass sein und die Navigation in die richtige Richtung lenken für das Unternehmen, toll! Bitte erzähle zum Schluss, wie du da unterstützen kannst und wo wir dich im Netz finden. Aber kommen wir erstmal zu den Schlussfragen. Jörg, welcher ist dein wichtigster Produktivitätstipp?

JR:
Ich hätte jetzt die üblichen Verdächtigen, die kennen deine Hörer aber. „Eat the frog“ oder „Wochen- und Tagesplan“, „Eisenhauer Matrix“. Was ich wirklich total wichtig finde, ist eben, so am Anfang oder von mir aus auch am Ende eines Jahres eine Strategiesession zu machen, wo man eben die Richtung für das nächste Jahr festlegt und da eben eine echte Auszeit zu machen.

Und in der Session dann auch mal Themen anzukratzen, wie man arbeiten möchte, mit welchem Setup. Ein Beispiel wäre, es hängt natürlich immer schwer vom Unternehmen oder vom Typ selber ab, da auch festzulegen, mit welchen Apps man arbeiten möchte. Und sich dann eben nicht permanent damit beschäftigen, welche neuen Funktionen bringen die unterschiedlichen App-Anbieter heraus. Da geht so viel Zeit verloren, das ist für mich ein echter Produktivitäts-Booster gewesen. Mich reizen rechts und links auch andere Apps, aber ich gönne mir die Zeit einfach nicht.

LB:
Super Tipp. Was machst du denn als Unternehmer, um abzuschalten?

JR:
Es sind drei Themenblöcke. Ich gewöhne mir immer mehr eine Morgenroutine an mit allen Rückschlägen, die dabei sind. Ich meditiere zwischen 10 und 30 Minuten, ziehe mich zurück auf unterschiedliche Art und Weise, mache Sport, gehe Laufen. Es muss hier nicht die letzte Verausgabung sein, aber frische Luft ist ganz wichtig. Und für mich ist die Familie ganz wichtig. Ich genieße es, Zeit mit ihr zu verbringen und gute Gespräche zu führen. Natürlich gehören auch Freunde dazu, aber die Familie ist für mich ein Energiepool. Wir haben ein monatliches Familienkochen, es ist ein halber Tag, den man gemeinsam in der Küche und am Esstisch verbringt und über alles Mögliche spricht und macht. Dabei schalte ich richtig ab und ziehe daraus Energie.

LB:
Welche Apps oder welchen Internetdienst kannst du der Selbstmanagement. Digital. Community empfehlen?

JR:
Da habe ich jetzt keine großen Überraschungen. Ich folge dir schon seit Jahren. Du darfst für mich schön testen, ich höre es mir an, schreibe es mir auf und irgendwann entscheide ich, ob ich mitziehen möchte oder nicht. Insofern sind meine Apps, mit denen ich täglich arbeite und ohne die nichts geht, Evernote. Auch, wenn ich da mittlerweile ein echtes Bauchgrummeln habe. Todoist gehört für mich als zentraler Sammelkorb dazu und ich arbeite sehr viel mit MeisterTask und MindMeister.

LB:
Welches Buch hat dich denn als Unternehmer und Mensch am meisten geprägt?

JR:
Auf der einen Seite ist es der Stefan Merath mit „Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer(*)“ und auf der anderen Seite der Bodo Schäfer mit „Die Gesetze der Gewinner(*)“.

LB:
Welches ist der beste Ratschlag, den du jemals erhalten hast?

JR:
Sei ruhig so wie du bist, denn du bist gut so. Das gilt übrigens nicht nur für mich persönlich, sondern für uns alle. Nicht irgendwelchen Idealen nachstreben, sondern bei sich bleiben und sich selbst so wertschätzen, wie man ist. Da ist schon viel drin.

LB:
Okay, bevor wir uns jetzt verabschieden, wie kann die Selbstmanagement. Digital. Community mit dir in Kontakt treten, wo findet man dich im Netz?

JR:
Meine Webseite joerg-roos.com ist der Hafen. Natürlich in meinem Podcast, der wöchentlich erscheint und dann bin ich im Social Media vor allem bei LinkedIn und Facebook aktiv und bei Instagram.

LB:
Jörg, vielen Dank, es hat viel Spaß gemacht.

JR:
Danke dir, es hat auch mir viel Spaß gemacht und ich hoffe, es hat deinen Hörern auch ein bisschen Hunger auf Zahlen gemacht.

LB:
Wenn man mit dem Zahlenflüsterer spricht, garantiert! Jörg, ich wünsche dir und euch natürlich auch wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben.

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