Letzte Woche kam wieder alles auf einmal: Auftrag verloren, Kunde zahlte nicht und dann auch noch ein schlechtes Ergebnis in der BWA des Vormonats.
Ich weiß nicht, wie es Euch in so einer Situation geht, aber mich holt das immer ziemlich runter. Ich tue mich schwer, bei solch einer Ballung von negativen Ereignissen mein positive Stimmung und mein normalerweise untrügliches Vertrauen in eine positive Zukunft nicht zu verlieren.
Mir fehlt in der Situation der Blick für das Ganze. Die kleinen schwarzen Wolken schieben sich vor die Sonne und aus dem schönen Frühlingstag wird ein verregneter Herbst mit Sprühregen bei Minustemperaturen.
Über die Jahre wurde es mir immer bewusster: Ich gebe den negativen Dingen viel zu viel Bedeutung. Sie erhalten ein unverhältnismäßig großes Gewicht.
Aber ich bin da nicht alleine. Vielen Menschen ergeht es so und ich könnte mir vorstellen, dass es bei Euch nicht viel anders ist.
Die Realität
Dazu ein kurzer Test: Denkt mal über Eure Kunden oder Projekte aus den vergangenen sechs Monaten nach. Gemerkt? Genau, es bleiben meist nur die Ereignisse im Gedächtnis haften, bei denen etwas schief gelaufen ist. Die, bei denen es Ärger gab.
Macht man aber mal ganz nüchtern eine Liste über den Zeitraum von alle Kunden / Projekten und markiert die, bei denen es nicht so rund lief, kommen ganz andere Zahlen zum Vorschein.
Ich habe das mal für meine Firma gemacht und festgestellt, dass die Ärgereien, die mir ständig im Kopf herumschwirren, nur 3 % (!!!) von meinen gesamten Kunden ausmachen. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass ich mich gedanklich aber zu ca. 90 % nur mit diesen befasse.
OK, das hätten wir also schon einmal herausgefunden: Die Wirklichkeit hat mit unserem Empfinden meistens nichts zu tun. Wir sind besser, als wir denken.
Aber, wie kannst Du das regulieren und Dir ein möglichst objektives Bild Deiner selbst bewahren?
Die Lösung
Eigentlich ist es doch ganz einfach. Du musst Dir nur viel öfter bewusst machen, wie gut die Dinge doch laufen. Wie erfolgreich Du bist und was Du schon alles erreicht hast.
Von außen und in einem größeren Rahmen betrachtet, sieht unsere Situation immer besser und positiver aus, als sie uns mit Scheuklappen und dem fokussierten Blick auf die jüngste Niederlage vorkommt.
Die Liste
Vorab: Die Idee ist nicht von mir. Ich kann mich aber nicht mehr erinnern, wo ich sie aufgeschnappt habe. Falls Ihr den Ursprung kennt, würde ich mich über einen Hinweis in den Kommentaren sehr freuen.
Vor ein paar Jahren habe ich mit meiner persönlichen Erfolgsliste angefangen. Ich schreibe alle positiven Dinge, die ich erreicht habe, chronologisch auf. Regelmäßig, mindestens einmal im Monat, ergänze ich die Liste um einen neuen Erfolg.
Was notiere ich?
Das kann ein erfolgreicher Geschäftsabschluss sein, ein gewonnener Pitch, ein gutes Monatsergebnis, Erfolge meine Kinder, eigene, wenn auch eher bescheidene, sportliche Leistungen, sehr intensive persönliche Erfahrungen. Im Prinzip alles, worauf ich ein wenig stolz bin.
Meine Erfolgsliste führe ich natürlich in Evernote und damit ich sie immer im Zugriff habe, liegt sie direkt in meinen Favoriten.
Der Blues
Sobald ich merke, dass meine Laune umschlägt, ich alles in Frage stelle und mein Gemütszustand in ‚Ist doch eh alles doof‘ wechselt, hole ich die Liste hervor und erfreue mich an meiner glorreichen Vergangenheit.
Fazit
Meine Erfolgsliste hat mir über viele persönliche Niederlagen hinweg geholfen. Fühle ich mich mal wieder wie ein Boxer kurz vor dem technischen Knockout, setzt ein Blick auf die Erfolgsliste meine jetzige Situation in den größeren und objektiveren Rahmen.
Klingt für Dich alles viel zu theoretisch?
OK, aber versuche es doch einfach mal. Fertige noch heute eine Liste der vergangenen Erfolge an und ergänze diese regelmäßig. Wenn Dir das nicht durch die ein oder andere Krise hilft, bist Du wirklich ein nicht zu verbessernder Berufspessimist.
Welche Methoden benutzt Ihr, um eine positive Einstellung zu bewahren? Ich freue mich auf Eure Anregungen in den Kommentaren.
So etwas ähnliches mache ich seit Anfang des Jahres auch: Ich führe drei „Tagebücher“. Im Buch „Ärger“ schreibe ich erstmal in Stichwörtern auf, worüber ich mich geärgert habe oder was schlecht lief, dann ist das schon mal weg und erledigt. Im Buch „Erfolge und Wunder“, kommt das, was gut oder sogar überraschend gut war („Wunder“). Schließlich notiere ich im Buch „Dankbarkeit“, warum ich für den Tag dankbar gewesen bin. Irgendetwas gibt es da immer und wenn es schlicht und einfach die Tatsache ist, dass mein Herz nicht aufgehört hat zu schlagen. Das Ganze geht ruckzuck dank iPad, der App Noteshelf und dem von Dir zuletzt empfohlenen Bamboo-Pen.
Danke für die äußerst wertvolle Ergänzung, lieber Richard.
Das mit dem Ärger-Buch muss ich auch mal ausprobieren.
Hallo Lars,
das ist ja schon interessant. Solch eine Liste führe ich indirekt sogar schon. Nämlich meine jährliche Zielplanung! Und immer wieder kann ich schauen, welche Ziele ich bereits dieses Jahr schon erreicht habe und kann mich daran freuen. Und wenn das noch nicht hilft, schaue ich einfach im Vorjahr, was es da auch noch alles gab 😉
Grüße
Mathias
Danke für Deinen Kommentar, lieber Matthias.
Dann warst Du mit Deiner Zielerreichung immer auf Kurs, Respekt 🙂
Guten Morgen Lars
Wieder mal vielen Dank für den tollen Beitrag.
Ich ähnliches in meinem Helfrecht Planugssystem als tägliches „mögliches“ Tool beschrieben bekommen und merke gerade, dass ich das wieder intensiver nutzen müsste… Nein … werde!
In diesem Sinne wünsche ich dir einen freudigen Sonnentag.
Martin
Lieber Lars, klasse Idee. Und so einfach umsetzbar. Wieder mal ein echt hilfreicher Artikel. Eine echte Fundgrube, dein Blog. Danke dafür. Reinhard
Toller Artikel! Danke! Austin Kleon stellt in „Steal like an artist“ eine ähnliche Idee vor. Alle positiven Emails, die er erhält, kommen in eine „praise file“, die negativen werden gleich gelöscht. Wenn er einen schlechten Tag hat, liest er einige Emails aus der „praise file“. Dann macht er weiter und fühlt sich besser.
Super Idee und danke für die tolle Ergänzung.
Hallo, Lars!
Die Idee kommt aus der Psychotherapie. Patienten, die mit schweren Probleme zu kämpfen haben und zu Despression neigen, sollen sich jeden Abend 5 min Zeit nehmen und in einem kleinen Buch, ähnlich einem Tagebuch, alle positiven Momente des Tages notieren. Das kann eine nette Begebnung, ein gutes Gespräch, ein Geschenk, … oder auch nur eine gutes Gefühl sein!
In depressiven Momenten soll man sich dann das Buch zur Hand nehmen und damit wieder selber ‚aufbauen‘!!
Positiver ‚Nebeneffekt‘, wenn es wirklich jeden Abend macht: man schläft besser und hat sein Gehirn schon in den ‚Abarbeitenmodus‘ gebracht. Weil man ja beim Notieren der schönen Momente automatisch auch die nicht so schönen Dinge verarbeitet.
Super und vielen Dank für die interessante Information, lieber Reinhard.