Manuel ist Mitarbeiter von Evernote Schweiz und viele Leute fragen ihn zuerst, ob er seine Apps immer noch nach Farben sortiert. Ja, lautet seine Antwort und er gibt auch Antwort auf die Frage: „Warum???“.
Außerdem erklärt er uns Interna aus dem Konzern, in der ersten Folge geht er auf Fragen rund um das Thema Evernote und die Datensicherheit in der Cloud ein, in der zweiten Folge, die in wenigen Wochen erscheinen wird, geht es dann um Evernote Business.
Hier das Transkript des gesamten Podcasts und vorab die erwähnten Links:
Links:
Evernote
You might have missed this
Scope
Setup von Manuel Marquina
www.evernote.com/privacy
www.evernote.com/security
Penultimate
Ryder Caroll – Gründer von bulletjournal
Taskmanager Things
www.consumerbarometer.com
www.thinkwithgoogle.com
Metacritic
„Eine kurze Geschichte der Menschheit“ von Yuval Harari
LB: Herzlich willkommen zum Podcast „Produktiv in digitalen Zeiten“. Mein Name ist Lars Bobach, ich gebe Orientierung im digitalen Dschungel, so dass wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben bleibt. Heute ein neuer Interviewpartner, ein super spannender Interviewpartner, und zwar von Evernote Schweiz, Manuel Marquina. Hallo Manuel.
MM: Hi Lars, hallo.
LB: Ja, schön, dass Du da bist, freut mich wirklich sehr. Ich habe lange gebraucht, jemanden von Evernote hier mal vor das Mikro zu kriegen. Hat wirklich gedauert, aber jetzt freue ich mich dafür umso mehr.
MM: Ich mich auch, dass ich da sein darf, danke!
LB: Manuel ist Senior Account Manager und Teamleader für Evernote Business in Zürich. Er unterstützt dort Unternehmen bei der Verwendung und Einführung von Evernote Business. Privat ist er ein Produktivitätsfreak, das macht ihn mir grundsätzlich schon mal sehr sympathisch. Er gibt Newsletter raus, den hat er gerade gestoppt, der kommt aber wieder. Wird er bestimmt gleich noch was zu sagen. „You might have missed this.“ Da stellt er die besten Web Artikel und Stories der Woche zusammen. Dann hat er noch beim Schweizer Startup „Niuws“ (ist das richtig ausgesprochen, Manuel?)
MM: Ja, heißt „Niuws“, die haben jetzt auch einen zweiten Namen, „Scope„. Der Namenswechsel findet nun statt, das stimmt so, genau.
LB: Da schreibst Du auch noch über das Thema Produktivität, das werden wir alles hier im Artikel verlinken. Manuel hat 2016 sein Setup bei mir auf dem Blog vorgestellt. Das war sehr inspirierend, ein superspannendes Setup auch und vorab möchte ich noch sagen, dass ist der erste Teil des Interviews. Wir gehen heute in Evernote allgemein rein und reden über Themen zu Produktivität. Der zweite Teil des Interviews wird drei oder vier Wochen später kommen. Da gehen wir ganz gezielt noch mal auf Evernote Business und Evernote für Unternehmen ein. Ja, Manuel, was mich vorab interessiert von Deinem Setup, das war ja so sehr außergewöhnlich, sag ich mal. Sortierst Du Deine Apps immer noch nach Farbe?
MM: Ja!!! Du glaubst gar nicht, wie viele Leute mich immer wieder danach fragen und ja! Ich sortiere meine Apps immer noch nach Farbe. Das kommt auch nicht von irgendwo her, schaut zwar hübsch aus, ist aber nicht das zentrale Thema. Sondern es macht mich einfach schneller, produktiver. Wir haben mittlerweile so viele Apps. Ich weiß gar nicht, was die durchschnittliche Anzahl ist an Apps auf einem mobilen Gerät, aber wir haben so viele Apps, ich kann mir die Namen der einzelnen Apps nicht merken. Da versuche ich das unglaublich genau zu sortieren nach Produktivität, nach Notizen, nach Apps für Spiele hier, Apps für dies, Apps für jenes. Das ist so ein kognitiver Overload, was da reingeht. Ich finde es dann doch nicht, weil diese Kategorien irgendwie an den Haaren herbeigezogen sind. Da fällt es mir persönlich viel einfacher, sie einfach nach Farbe zu sortieren. Ich habe praktisch keine Auslastung selber, ich weiß einfach, die App ist grün, also geht es in den grünen Ordner rein. Ich finde ich es auch wieder, ich bin ein sehr visueller Mensch. Ich weiß meistens, jede App hat irgendwie so eine Farbe und dann finde ich das. Wenn man sich das vorstellt, alles ist mindestens zwei oder maximal zwei Tabs weg von Dir innerhalb vom Smartphone. Weil praktisch alle Apps, die ich habe, auf dem Homescreen, also auf der ersten Seite von Deinen Screens auf dem Smartphone, Platz haben. Weil es nach Farben kategorisiert ist. Also, macht mir Spaß, macht Sinn für mich.
LB: Das war auch so die meist gestellte Frage, es haben auch viele dazu geschrieben und gesagt, das muss ich auch mal ausprobieren.
MM: Es scheint ein Problem zu sein, wie man die Apps dann wirklich sortieren soll.
LB: Ja, absolut. Das ist echt eine sehr interessante Herangehensweise. Aber irgendwelche Apps wirst Du ja auch nicht in solchen Ordnern haben? Ich nehme an, Evernote? Welche noch?
MM: Genau, gewisse Apps habe ich natürlich dann auf dem Schnellzugriff, ich glaube, so nennt man das, ganz unten am Smartphone. Evernote ist in dem, dann mein Kalender, mein Browser Safari und mein E-Mail-Programm.
LB: Okay. Ja, bevor wir ins Thema gehen, Manuel, erzähl uns mal ganz kurz was zu Dir, was Du gemacht hast, wo Du herkommst, was Du jetzt machst, wo Du jetzt bist und lass uns so ein bisschen an Deiner Leidenschaft teilhaben.
MM: Natürlich. Ich habe mal bei Microsoft gearbeitet. Ich war vier Jahre lang bei Microsoft als Kundenbetreuer tätig, ähnlich wie jetzt auch, als Account Manager, so ein bisschen für das Wachstum zuständig auch.
LB: Auch in der Schweiz?
MM: In der Schweiz, das war bei Microsoft Schweiz, da war ich zuständig. Ich habe da sehr viel Neues kennengelernt und auch diese ganze Digitalisierung, die Ideen von Digitaltransformation, was eigentlich für Kraft hinter so einem Tool steckt. Ich habe auch gelernt es zu handhaben, ging dann aber von Microsoft nach vier, fünf Jahren in ein anderes Unternehmen, um mich auch selbständig weiterzuentwickeln, in einen anderen Bereich rein. Ich hatte da eine größere Aufgabe, etwas mit aufzubauen. In dieser Zeit ging dann das Fenster bei Evernote auf. Das heißt, eine Freundin von mir, die hat bei Evernote gearbeitet. Sie war zuständig für dieses Evernote Business. Das kam vor vier Jahren oder so, da haben die Evernote Business lanciert. Sie war zuständig für den Aufbau von Evernote Business in Europa und hat mich dann ins Boot geholt. Ich war dazumal schon ein Evernote Nutzer. Seit dreieinhalb oder vier Jahren bin ich bei Evernote. Und so bin ich zu Evernote gekommen.
Auf meiner privaten Seite sind es die Themen, die mich auch privat interessieren. Das heißt, das Thema Digitalisierung und digital generell. Internet, die Welt in den Fingern zu haben, das alles sind Dinge, die mich sehr stark interessieren. Und auch der Nutzen davon, was es einem bringen kann. Starkes Interesse in Richtung Designs, Startups, Sachen zu probieren und da kommt halt Digitalisierung auch ins Spiel. Zum Thema Produktivität ist es so, man mag das nicht glauben, aber ich bin ein sehr fauler Mensch. Ich schiebe gern Dinge auf. Das habe ich vor sechs, sieben Jahren so wirklich mal akzeptieren müssen, dass es einfach so ist. Aus der Not heraus habe ich begonnen, mich mit der Produktivität auseinanderzusetzen. Was kann ich eigentlich tun für mich selber? Ich bin jemand, der sich gut selbst helfen kann, ich ging dann so in das Thema Produktivität rein und das hat mich dann soweit gebracht, dass ich heute als Experte gelte bei anderen Unternehmen wie auch Scope oder Nuiws in der Schweiz. Ich referiere zu dem Thema, ich schreibe zu dem Thema. Es passt natürlich auch wunderbar gleichzeitig bei Evernote arbeiten zu können.
LB: Wie viele Leute seid Ihr da bei Evernote Schweiz und wo sitzt Ihr da? In Zürich?
MM: Ganz genau. Wir sitzen in Zürich, wir sind 10 bis 15 Leute, wobei drei, vier, fünf Leute hier im Development sind, das heißt, wir arbeiten auch aktiv am Produkt im Haus und der Rest des Teams ist dann businessorientiert. Da haben wir von PR, also Marketing, zu Business-Development, was ich ein bisschen mache, bis zur Kundenbetreuung haben wir dann den Rest der Gruppe hier. Und von Zürich aus managen wir dann Evernote in Europa. EMEA muss ich dazu eigentlich sagen, Europe, Middle East and Africa, das machen die alles von Zürich aus.
LB: Okay, und was machen die Entwickler? Welchen Teilbereich decken die ab?
MM: Das ist ganz unterschiedlich. Meistens stellt man fest, wo wollen wir als nächstes dran arbeiten? Wie vergeben wir diese Projekte intern? Da bekommen dann die Leute in Zürich auch etwas ab. Das ist eigentlich ein in sich geschlossenes Team hier, auch von den Zeitzonen her macht das Sinn, dass die hier sind und miteinander arbeiten. Zum einen können aber auch Developer an sich und die Teams dann Ideen mit einbringen. Das machen wir übrigens auch. Wir sind da sehr offen und haben eine große Feedback-Kultur innerhalb von Evernote. Ein Beispiel, schon ein bisschen länger her, ist innerhalb von Evernote der Präsentationsmodus. Den kennst Du natürlich, der Hörer wahrscheinlich auch! Da klickst Du auf einen Knopf und Evernote wandelt dann Deine Notiz in Sekundenschnelle in eine schön anzuschauende Präsentation um. Diesen Modus, die Idee dafür und die Entwicklung davon passiert in Zürich.
LB: Okay. Super Funktion, nutze ich wirklich sehr häufig. Also, jede Woche, wenn ich zum Beispiel meine „Frag Lars“-Folgen mache, die nehme ich ja immer freitags auf, dann bereite ich mich vor und gucke mir das hinterher in der Präsentation an. Ablenkungsfrei und so, finde ich eine super Sache. Du jetzt bist Senior Account Manager, Teamleiter für Evernote Business. Was kann ich mir darunter genau vorstellen?
MM: Mein Fokus ist vor allem auf Evernote Business gelegt, das heißt, alle anderen Leute haben zuweilen auch eine gemischte Rolle, im Sinn, dass sie sowohl für die Evernote-Produkte, die sich an den individuellen Nutzer richten, wie die Basic- und Premiumversionen, aber auch für die Businessversion, einen gemischten Fokus haben. Ich habe einen reinen Businessfokus, das heißt, ich bin für das Evernote Businessprodukt und das „go to Markt“ davon ein bisschen verantwortlich hier in Europa. Da habe ich viele Sachen unter dem Hut, die ich da bewerkstellige. Das eine ist ein bisschen die Marketingseite, wie kann man das Business vergrößern? Wie können wir wachsen innerhalb von Europa mit dem Produkt namens Evernote Business? Die andere Hälfte meines Jobs ist dann wirklich die Zusammenarbeit mit Kunden. Das ist sehr sehr spannend. Es kommt viel Feedback von unseren Kunden. Wir haben eine sehr lebendige Community, was sehr gut ist und wir hören auch darauf. „Mit den Kunden“ heißt, es sind Unternehmen, welche Evernote Business für sich nutzen möchten. Die möchten das einführen oder haben das bereits vielleicht teilweise schon eingeführt, möchten wachsen und suchen noch nach Strategien. Und denen helfe ich dann. Das heißt, ich sitze mit denen zusammen oder es kann auch virtuell sein und wir entwickeln dann sogenannte Onboarding Pläne, das heißt, Pläne, wie soll ich jetzt Evernote genau in mein Unternehmen einführen? Welche bestehenden Systeme soll ich ablösen? Welche nicht? Welche sind komplementär? So ein bisschen Changemanagement kann man das nennen, wo ich sie dabei unterstütze, und danach natürlich auf die ganze Zeitstrecke dann für die größeren Kunden einen Account-Management biete. Das heißt, ich stehe zur Seite als „Single Point of Contact“, ich habe einen regen Austausch mit denen, mache Feature Requests, die wir weitergeben. Um wirklich sicherzustellen, dass die Kunden den Mehrwert von Evernote Business auch zu spüren bekommen und ihre Fragen und Anliegen auch Gehör bekommen.
LB: Okay, sehr interessant. Auf Evernote Business, hatte ich ja anfangs schon gesagt, gehen wir ja in der zweiten Folge ein. Das wollen wir auch hier so ein bisschen außen lassen, weil wir Dir eine extra Podcastfolge und Podcastinterview dann widmen werden. Was mich jetzt aber mal bei Evernote interessiert, wo steht Evernote heute? Lass uns mal Zahlen, Daten, Fakten hören. Wie viel User habt ihr genau? Wie viele Mitarbeiter und und und?
MM: Ja klar. Wir haben etwas über 300 Mitarbeiter weltweit. Wir haben vier oder fünf Standorte. Der größte ist natürlich in den US, in Silicon Valley. Dort sind etwa 200 Leute beschäftigt. Von dort aus kommen wir auch, sind da geboren als Unternehmen. Wir haben vor kurzem ein zweites Büro in den USA eröffnet, wo wir uns dann dort mit Developer und Engineers auf Evernote Business fokussieren. Dann haben wir ein Office hier in Zürich natürlich.
LB: Wo ist das zweite in Amerika?
MM: Das habe ich gerade aus dem Kopf verloren. Es ist erst kürzlich eröffnet worden, ist nicht weit weg vom Silicon Valley. Den genauen Namen weiß ich nicht mehr. Ist aber ein kleines Office, 15 Developer, die sich dann für sich auf Evernote Business fokussieren. Wir haben eins in Zürich natürlich. Ich mag auch gerne sagen, dass es das schönste Office von allen ist. Muss ich das sagen? Das ist in Zürich, da sind wir für Europa zuständig. Wir haben eins in Japan, eines in China, ein kleines in Singapur. Aber das sind so mehr oder weniger die Offices, die wir haben, und 300 Mitarbeiter, die darin arbeiten. Evernote sonst, es geht uns gut. Wir haben weltweit die 250 Millionen Nutzermarke überschritten, was schon eine Hausnummer ist! 250 Millionen Nutzer weltweit am Tag. Und da darf ich sagen, ca. 60, 70 Millionen Nutzer davon sind in Europa. Europa ist eigentlich der zweitgrößte Markt für uns nach Amerika. Was mich besonders glücklich macht, 75 Prozent aller unserer Kunden überhaupt sind außerhalb von den USA. Das heißt, wir sind mittlerweile ein durch und durch internationales Unternehmen. Wir müssen auch achtgeben. So stehen wir im Moment da.
LB: Von den 250 Millionen, weißt Du, wie viel davon wirklich zahlen? Erstmal ist Evernote grundsätzlich kostenlos. Die werden ja nicht alle den Bezahldienst nutzen.
MM: Genau, genaue Daten kann ich dazu nicht sagen, aber wir haben da auch sehr sehr große Fortschritte gemacht. Wir haben es innerhalb vom letzten Jahr geschafft, die Anzahl an zahlenden Kunden zu verdoppeln, was schon ziemlich stark ist.
Natürlich ist der große Teil der, der die Basic Version nutzt, der die Gratisversion nutzt, was auch okay ist. Es ist so ein internes organisches Wachstum, das passiert. Von dem uns natürlich nichts abgeht.
Aber, das haben wir im letzten Jahr erreicht, dass wir das gedoppelt haben.
LB: Gut, das ist auch ein tolles Businessmodell insofern, dass man wirklich alles erstmal kostenlos testen kann bis einem bestimmten Punkt. Und wenn es dann wirklich gefällt und man hat es ausgiebig getestet, dann kann man sagen, okay, jetzt will ich es richtig professionell nutzen und da muss man halt auch mal die Kreditkarte oder das Portmonee zücken, das ist auch in Ordnung. Ist denn das Evernote Geschäftsmodell an sich profitabel?
MM: Ja, gute Frage. Da geh ich gern zurück, so vor ca. einem Jahr, anderthalb Jahren, da nannte uns das Magazin Business Inside als „the first ad unicorn“. So ging es aber nicht, wie es aber so ist, die Realität ist meist etwas anderes. Und es war zu Beginn, die ersten paar Jahre wichtig, aber es war nicht der zentrale Faktor Cashflow positiv zu sein oder profitabel zu sein. Es war uns wichtiger, Nutzerwachstum zu zeigen, Innovation zu zeigen. Das alles hat uns nun auch an den heutigen Zeitpunkt gebracht. Und ich darf heute offiziell sagen, wir sind seit Herbst 2016, früher wieder on-off, aber seit Herbst 2016 sind wir kontinuierlich profitabel. Das heißt, Cashflow positiv, das ist auch für ein Unternehmen in dieser Größe, die wir heute sind, nicht immer üblich. Wir haben hier kein Problem, wir möchten das auch weiterhin nicht ändern. Das heißt, wir bleiben auf diesem Pfad, auch in der Zukunft. Es hilft uns nun auch wieder, den Fokus auf Innovation zu stellen. Dazu haben wir im Verlauf des letzten Jahres, die 52 Millionen Nutzermarke überschritten. Wir haben die Anzahl der zahlenden Kunden verdoppelt. Wir haben drei Petabytes an Daten in die Cloud-Plattform gebracht. Wir haben Windows und iPhone-Apps überarbeitet und und und. Also, es geht ganz viel im Moment.
LB: Toll! Die Weiterentwicklung, was mich da mal interessieren würde, dieses ganze Debakel über Evernote, diese Mitlese-Debakel, wirst Du ja auch mitbekommen haben. Wo dann hinterher auch zurückgerudert wurde. Was habt Ihr denn daraus gelernt? Oder wie wurde das intern bei Euch kommuniziert überhaupt?
MM: Wie gesagt, wir haben eine ganz offene Feedbackkultur. Das wurde ganz offen bei uns intern kommuniziert. Dazu muss noch ein bisschen ausholen. Wir haben jede Woche, mittlerweile machen wir das zweiwöchentlich, ein sogenanntes all hands Meeting, das heißt, unser CEO steht dann da vor der Kamera, vor der ganzen Belegschaft und für die Personen in Büros außerhalb der USA, wie wir, wird das aufgezeichnet. Wir sehen es dann einen Tag später. Und er erzählt dann wirklich, was läuft innerhalb vom Unternehmen. Wir sind da sehr transparent innerhalb des Unternehmens. Wir wissen eigentlich immer, was die anderen auch tun, wo die Schwerpunkte liegen im Moment. Das schätze ich auch sehr. Das war auch ein Thema, das wir dann über mehrere Wochen sogar sehr stark intern diskutiert haben. Wir haben viel gelernt, es war ein bisschen Debakel. Es war nicht so gemeint von uns, es war natürlich nicht so schlimm, wie das aufgenommen worden ist. Es war auch nie die Rede davon, dass wir irgendwie mitlesen, das wollen wir nicht. Die Sicherheit, die Daten, Privatsphäre ist uns ganz wichtig. Schon bei 52 Millionen Nutzern, die Evernote für Notizen nutzen, nicht nur für Endprodukte, für Notizen! Wo wirklich sehr viel Privates drinsteht, das muss ganz ein wichtiges Thema für uns sein. Und das ist es auch, aber, was wir gelernt haben, ist, besser zu kommunizieren. Wir haben Kommunikationsfehler gemacht. Wir haben nicht transparent genug erzählt, was wir genau meinen damit. Da war es einfach nur klar, da hat die Öffentlichkeit und vor allem auch die Presse es auf eine Art aufgenommen und hat ein großes Ding daraus gemacht. Was wir getan haben, wir haben das dann sehr gut gemeistert, wir haben das zurückgeholt, offiziell über unseren CEO, der Social Media und über unsere Kanäle offiziell gesagt, wir nehmen das zurück. Wir nehmen die neue Privatrechtssache zurück, wir bearbeiten dies und machen die transparenter. Das haben wir nun, gutes Timing jetzt, vor einer Woche beendet. Das heißt, vor ein paar Tagen ging eine neue Website live bei uns, da können jetzt alle, auch Du und Deine Zuhörer, es anschauen. Es ist www.evernote.com/privacy. Dort reden wir jetzt nochmal darüber. Da könnt Ihr das alles nochmal nachlesen, es ist jetzt sehr transparent geschrieben. Die Presse hat es bereits aufgenommen, sehr positiv zum Glück. Das hat uns auch ein bisschen beruhigt. Wir haben davon gelernt, es zurückgenommen, was wir dazumal lanciert haben, haben es überarbeitet und jetzt rausgebracht. Mit den Feedbacks, eingebunden von unseren Kunden, von der Presse und eigentlich darauf gehört.
LB: Ihr habt damals auch geplant und das wurde auch so kommuniziert, dass Ihr so eine Feedbackrunde von Nutzern bzw. da wolltet Ihr auch, dass man sich regelmäßig trifft, dass man die Poweruser so ein bisschen mehr mit einbindet. Hat das auch schon stattgefunden?
MM: Ja, es hat auch schon stattgefunden. Nicht hier in Europa, ich kann nicht zu viel dazu sagen, wie es im Detail stattfindet, aber, das haben wir gemacht. Wir haben mehrere Sessions in den USA gehabt, möchten die in Zukunft auch in Europa und anderen Teilen der Welt haben. Die Leute denken hier und da anders. Es ist wichtig, diese verschiedenen Kulturen auch mit einfließen zu lassen. Bisher hat das in den Staaten stattgefunden. Wir haben in kleinen Kreisen mit Nutzern gesprochen, Feedback eingeholt und werden das auch weitermachen. Abgesehen davon ist die Community, davon sind wir alle ein Teil, da ist auch Social Media auf unseren Blogs, auf unseren sonstigen Seiten, mit unseren Consultants, die wir haben, freischaffende Personen, die auch mit Evernote zu tun haben. Diese ganze Community, da hören wir auch ganz stark hin, machen immer wieder mal so Webevents, auch außerhalb der USA, wo wir dann auch so kleinere Testszenarien machen oder gezielte Fragen stellen, um an Antworten zu kommen.
LB: Was mich jetzt da generell interessiert, das mit dem Mitlesen, okay, aber, in Deutschland kann ich sagen, mit jedem, mit dem ich spreche und ich habe viele Geschäftskunden oder auch Leute, die mich fragen und um Beratung bitten, wie kann man hier so einen digitalen Workflow im Unternehmen einführen? Da haben alle die größten Bedenken vor US-Cloudanbietern. Ich habe ein Jahr in Amerika gelebt und bin offenbar total versaut, was das angeht. Ich mache mir da weniger einen Kopf drum. Vielleicht auch aus Naivität habe ich ein grundlegendes Vertrauen. Das muss Euch doch auch überall entgegenschlagen? Zumindest in Deutschland? Ich nehme an, die Schweizer sind von der Mentalität vielleicht sogar ein bisschen schlimmer, oder?
MM: Ich enthalte mich der Aussage, aber, ja, nee, gerade in meinen Job für Business-Development oder mit den Kunden zu arbeiten, die Evernote Business einführen möchten, klar, das ist eine ganz große Thematik, die angesprochen wird. Ist auch ganz viel Verunsicherung, Angst, die zu spüren ist. Wo dem Kunden auch ein bisschen geholfen werden muss, das zu verstehen. Das nehmen wir sehr ernst, müssen wir auch. Im Moment ist das so, die Daten sind in den USA gespeichert. Natürlich sind die sicher, da haben wir Regelungen, die wir einhalten. Die haben sogar mit der Schweiz spezifisch, weil wir hier eine Niederlassung haben, plus mit den europäischen Datenschutzbestimmungen Verträge gemacht, mit denen wir das rüberbringen können auf die USA, damit die auch dort geltend sind. Es geht dann sehr ins Detail, da lade ich die Zuhörer auf evernote.com/privacy oder security ein, das sind zwei Seiten, die wir extra dafür gemacht haben, wo das ganz transparent steht. Wir haben sogar einen Transparenzreport, in dem steht, wie wir das genau machen. Da kann sich jeder informieren, wie genau wir als Unternehmen Ihre und Deine Daten handhaben. Aber es ist auch ein Ziel für uns in der Zukunft, einen Schritt nach Europa machen zu können. Wir sind in Gesprächen, aber wir sind noch nicht so weit, das ist nicht geplant momentan, aber wir schauen es an.
LB: Also, dass die Daten dann auch in Europa liegen würden?
MM: Ganz genau, das schauen wir für die Zukunft an. Momentan ist nichts Konkretes geplant. Natürlich sind wir da auch sehr offen für den weiteren Ausbau in dem Bereich.
LB: Und jetzt, mit dem, was Du sagst, auf der Website, Evernote/privacy oder security, ist das auch explizit etwas zu EU-Recht? Wie EU-Bürger, das sind ja meine Hörer, aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, wie es da auch von der rechtlichen Seite her ist?
MM: Ja, darauf wird auch eingegangen. Ich kann es jetzt nicht zitieren, es ist ganz neu rausgebracht worden in den letzten zwei Tagen. Wir gehen auch darauf ein, um so transparent wie möglich zu sein. Wir zeigen auch, wie genau wir das machen mit der Europäische Union und mit der Schweiz und wie diese Sachen transportiert werden. Wie genau die verschlüsselt werden, wie das gesichert wird. Da muss jeder Kunde selber entscheiden, ob es für ihn genügend ist oder nicht. Was ich gerne auch immer wieder erwähne, ist data protection, die wir uns auf die Fahne geschrieben haben. Wir sind keine Daten-Mining-Company, das heißt, wir werten die Daten nicht aus, wir machen keine Werbung anhand Deiner Notizen und den Inhalten. Wir haben kein Businessinteresse, die Daten anzuschauen, das machen wir auch nicht in der Richtung. Deine Daten gehören Dir! Wenn Du die löschst, hast Du sie gelöscht. Du kannst sie exportieren, downloaden, rausnehmen aus Evernote, es ist kein Käfig. Die Daten gehören Dir, nicht uns. Und drittens, wir schützen sie. Wir haben alle Zertifizierungen, die man haben muss und mehr als Cloudanbieter. Wir gehen sogar so weit, dass wir in der Europäische Union und der Schweiz auch Sachen anschauen, dass wir diese Zertifikate auch transportieren können. Wir nehmen das Thema sehr ernst und schützen Daten. Diese drei Sachen sind wichtig und werden auch weiterhin auf unserer Fahne stehen. Daran werden wir nichts ändern.
LB: Dann machen wir hier mal einen Strich unter der Datensicherheit, werden wir bei Evernote Business aber auch noch mal drauf eingehen. Da gibt es wirklich große Bedenken, gerade auch im Geschäftsumfeld. Was mich interessieren würde, ich muss mal eine kritische Frage stellen: Evernote ist ein Notizprogramm, warum ist das Formatieren von Evernote-Notizen so mühselig? Verrate mir das mal bitte.
MM: Gib mir ein bisschen mehr Info, was meinst Du genau mit Formatieren?
LB: Ja, also, wenn ich jetzt zum Beispiel mit Tabs oder sowas arbeite, die funktionieren gar nicht.
MM: Wir hatten in der Vergangenheit gewisse Probleme mit der Formatierung, da sind wir einen sehr eigenen Weg gegangen. Das ändern wir seit einem halben Jahr sukzessive. Wir haben ein internes Projekt, das schon seit 6 Monaten läuft. Es heißt Common Editor und läuft noch länger. Da arbeiten viele Personen dran, das Ziel dieses Projektes ist, die Formatierungen und die Evernote-Editoren, worin man schreibt, da hat die Formatierung mit zu tun, dass wir alle Editoren von verschiedenen Plattformen wie Windows, Apple und so weiter vereinheitlichen. Das mehr oder weniger überall die gleichen Funktionen sind, die gleich funktionieren auch, dass alle Standards allgemein gültig sind. Dieses Projekt ist jetzt beendet und wird jetzt sukzessive nach und nach veröffentlicht über die nächsten Updates. Das heißt, es müsste jetzt schon bereits viel besser sein. Ich habe keine Probleme mehr. Hatten wir früher auch manchmal intern, dass wir gewisse Formatierungsprobleme hatten, da sind wir ganz offen. Die sind mittlerweile nicht mehr vorhanden, alle anderen, das wird in den nächsten Updates weiter ausgeholt und sollte dann der Vergangenheit angehören.
LB: Das kann ich bestätigen, es ist besser geworden. Das ist mir auch aufgefallen, merklich besser. Früher hatte man es komplett zerschossen, jetzt ist es deutlich besser geworden. Mein Thema ist auch Handschrift auf dem iPad zum Beispiel. Ihr habt eine eigene App da, Penultimate, wird die weiterentwickelt? Ist Evernote da noch dran?
MM: Das ist diese App, wo man handschriftlich Notizen machen kann, die wird momentan weiterentwickelt. Wir haben noch keinen Plan für die weitere Zukunft, wie es genau damit weitergeht. Auf kleiner Flamme wird sie momentan entwickelt und beibehalten. Es wird sich bald entscheiden, ob wir dann dort ganz stark noch reingehen und das ausbauen oder ob wir weitere Funktionen in die Evernote Standard-App mit reinnehmen. Du hast auch bereits jetzt die Möglichkeit, handschriftlich Notizen zu machen, das wird sich später noch zeigen.
LB: Mit iOS 11, was jetzt vorgestellt wurde, vom Funktionsumfang zumindest noch nicht released wurde, geht das ganze Handschriftliche sehr ins Betriebssystem.
MM: Das nehmen wir sehr ernst. Ich persönlich benutze auch ein Pencil und ein iPad und mache da innerhalb von Evernote direkt Notizen. Ich benutze jetzt nicht Penultimate, sondern bin in Evernote direkt drin und mache da meine handschriftlichen Notizen. Es ist klar, dass wir genauso auch auf diesem Trend mitgehen möchten. Andere Trends sind diese Voice-Steuerung und Voice-Interaktion, dass man mehr über die Sprache macht. Auch daran arbeiten wir sehr stark. Machine-Learning, artificial intelligence, all diese Themen sind Sachen, an denen wir dran sind und im Jahr 2018 weitere Sachen dann erwarten kann von uns.
LB: Was ist zukünftig zu erwarten? So handfeste Sachen? Womit können wir jetzt rechnen?
MM: Ich kann nicht allzu viele Details verraten, wir machen überall extrem viel. Es kommt ganz viel Tolles. Wir arbeiten an vielen Projekten momentan, die wirklich darauf zentrieren, neue Innovationen, auch neue Mehrwerte für den Nutzer schaffen zu können. Ganz zentral ist Evernote Business, darüber werden wir im nächsten Podcast mehr sprechen. Da haben wir sehr viele Neuerungen geplant. Die anderen Thematiken gehen in den Editorbereich, wo wir überlegen, wie es mit dem Teilen, der Kollaborationen aussieht innerhalb von Evernote. Wie kann man die besser machen, daran arbeiten wir. Wir haben Tests momentan, die bereits funktionieren intern. Wie Kollaborationen neu ausschauen könnten innerhalb von Evernote. Wir haben bereits begonnen, Sachen anzustoßen mit dem Thema Voice, handschriftliche Notizen und vor allem das Gemisch aus Machine-Learning und artificial intelligence, dass Evernote die Informationen intelligenter präsentieren kann, ohne, dass Du danach suchst. Aber auf eine ganz feine Art, nicht, dass Dein Schreib-Work-Flow irritiert wird. Du bekommst Inputs, dass es einen Mehrwert schaffen kann. Diese Sachen kommen in Zukunft.
LB: Was kann ich mir mit Voice vorstellen?
MM: Die ganze Interaktion mit Evernote über die Sprache.
LB: Okay.
MM: Es ist Wahnsinn, wenn man anschaut wieviele, es ist öffentlich zugänglich, diese Statistiken von Google zum Beispiel, die sind zugänglich, 25 Prozent aller Suchanfragen auf Google werden über Voice gemacht. Das ist von Google so veröffentlicht. In unserem Land, also in der Schweiz und wahrscheinlich auch in Deutschland, sehen wir das noch nicht so präsent. Aber es kommt ganz stark aus anderen Ländern, wo es bereits gang und gäbe ist. Es wird auch mehr kommen, jetzt haben wir Alexa, all diese Sachen, die da getestet werden. Die stecken alle noch in den Kinderschuhen, aber das ist ein ganzes großes Thema, das kommen wird.
LB: Ich mache ganz viele Anfragen schon über Sprache, gerade auf meinem iPhone nutze ich das sehr häufig. Wobei ich sagen muss, Siri nutze ich nicht so häufig, da nutze ich wirklich eher den Google-Sprachdienst. Ich gehöre zu den 25 Prozent.
MM: Ich noch nicht, aber es ist spannend. Wir als Evernote müssen natürlich mit dabei sein. Wir sind über 300 Mitarbeiter, die an Evernote arbeiten, Tag und Nacht. Es ist wichtig für uns, diese Schritte nicht zu verpassen, da auch als Notiz-Applikation oder als Arbeitstools, was wir eigentlich sind, unserem Nutzer da Mehrwerte geben zu können.
LB: Ich könnte mir vorstellen, wenn ich sage, ich würde mir gerne nochmal die ganzen Kontoauszüge aus dem letzten Jahr angucken und das Evernote mir die dann direkt präsentiert. So sollte es auch sein, mit der Intelligenz dahin, dass es auch so verstanden wird. Das wäre super. Zu Evernote an sich nochmal eine Frage. Es wird viel über den Evernote IPO gesprochen, gelesen, gerieben. Man liest auch immer wieder darüber, dass Evernote irgendwann an die Börse geht. Weißt Du etwas darüber? Kannst Du uns dazu etwas erzählen?
MM: Nein, ganz ehrlich, darüber weiß ich nichts. Es ist ein Thema und war immer eins, es wird es auch in Zukunft sein. Das wissen wir nicht. Es ist etwas, was eigentlich normalerweise in so einem Timeline im Unternehmen, also im Zeithorizont von einem Unternehmen steht das irgendwann an. Das ist ein Thema, mit dem sich jedes Unternehmen von unserer Art beschäftigen muss. Wir sind aber noch nicht an diesem Punkt. Das kommt irgendwann, müssen wir anschauen, momentan fokussieren wir uns komplett auf unsere Produkte, wir sind Cashflow positiv, wir konzentrieren uns jetzt auf die Neuerungen und versuchen da, so viel zu machen, wie wir können. Alles Weitere sehen wir, wenn wir so weit sind.
LB: Okay, super. Alles Weitere zu Evernote in der nächsten Podcastfolge, in drei, vier Wochen wird das sein. Kommen wir jetzt mal zum Thema Produktivität, was auch Dein Thema ist. Bei Deinem Setup hast Du das vorgestellt, das war Anfang 2016, da hast Du ein Bulletjournal verwendet. Das war damals das erste Mal, dass ich überhaupt davon gelesen habe, ich habe mir das auch mal angeguckt. Sehr interessant, ich habe den TED Talk gesehen von dem, der das entwickelt hat. Der Name fällt mir gerade nicht ein, wir werden den TED Talk aber verlinken, der ist auch sehr gut. Machst Du das Bulletjournal immer noch?
MM: Jein, einen Teil davon. Wie wir es so schön sagen, Produktivität ist personal, persönlich, das ist wirklich wahr. Jeder muss selber entscheiden und herausfinden, wie man gut arbeitet. Es gibt gewisse Methoden, die allgemein gültig sind. Und es gibt gewisse, von denen man klauen kann und einbauen kann in die eigenen Methoden. Das habe ich getan mit Bulletjournals. Ich fand das Konzept sehr spannend, dass es mit low tech auskommt. Das heißt nicht, komplett auf Text zu verzichten. Ich habe das innerhalb von Evernote genutzt und ein Notizbuch gehabt, das nennt sich Journal. Da schreibe ich mir jeden Tag Notizen und Dinge rein, die durch den Tag passieren oder Tasks, die aufkommen oder Sachen, die mir durch den Kopf gehen. Ich habe eine einfache Möglichkeit, meinen Tag Revue passieren lassen zu können am Ende des Tages. Das ist eines der zentralen Punkte von Bulletjournal, dass man immer am gleichen Ort Sachen niederschreibt auf eine schnelle Art. Ich bin immer ein Fan davon, Sachen zu machen, die Dich kognitiv nicht zu fest auslasten, das tut die reale Welt schon genug. Ich muss jedes einzelne Ding, was ich denke und mache, säuberlich ad acta legen und niederlegen. Es reicht manchmal einfach, eine Notiz zu machen für einen Tag und eine Art Tagebuch zu schreiben. Das macht mir es während der Arbeitszeit viel einfacher, zurückgehen zu können, weil ich meist weiß, das habe ich am Dienstag gemacht, da kann ich schnell auf diese Notiz zurückgehen und Sachen rauskopieren, die ich in den individuellen Notizen habe. Diesen Teil des Bulletjournal benutze ich heute noch.
LB: Wie packst Du das in Deinen kompletten digitalen Workflow? Nutzt Du auch einen Taskmanager oder Evernote?
MM: Beides, ich nutze einen separaten Taskmanager, Du wirst natürlich direkt fragen was für einen, ich benutze Things, für meine Tasks. Ich mag das gerne, diese getting things done Mentalität, auf die ich schwöre, dafür ist es perfekt. Ich habe aber noch Tasks innerhalb von Evernote mit Checkboxen, die mit Summeries und Evernote sehr projektspezifisch sind oder in einer Art geteilter Notizbücher bei Kollaborationen und Projektarbeiten. Da habe ich die Informationen innerhalb von Evernote. Aber, um mich selber zu erinnern, dass ich dann innerhalb von Evernote diese Aufgaben anschauen muss, das mache ich mit dem Taskmanager. Dort ist dieses Persönliche drin, in Evernote ist die ganze Welt, alle Informationen, mit denen ich dann arbeiten muss. So habe ich die Tasks abgedeckt. Das Bulletjournal habe ich mit meinem Journal abgedeckt. Innerhalb von Evernote habe ich das Notizbuch, das nennt sich Journal. Ich erstelle jeden Morgen, wenn ich ins Büro komme, eine neue Notiz zu Beginn eines neuen Tages. Ich schreibe das Datum rein, bereits erste Gedanken zum Tag, was sind die drei wichtigsten Sachen, die ich heute erledigen muss, gibt es etwas Besonders, das habe ich dann immer präsent. Alles, was dann durch den Tag passiert und aufkommt, schreibe ich hinein, was nicht sofort zugeordnet werden kann zu einem spezifischen Projekt, geht in dieses Journal. Am Ende des Tages gehe ich da nochmal drüber und schaue, ob ich meine Tasks erledigt habe. Ich kann es in meinen Taskmanager abbuchen und habe einen Überblick vor mir über alles, was an dem Tag passiert ist. Es können geschäftliche Sachen drinstehen, Gesprächsnotizen mit Unternehmen, aber auch persönliche Sachen, spannende Sachen, Onlineartikel mit Zitaten. Es ist wie ein Tagebuch light, aber ein Wissensfokus. Das finde ich für mich sehr produktiv, es hilft mir ganz stark, verbunden zu bleiben mit meiner Arbeit und dem, was ich eigentlich tue. Anstatt zu viele Sachen hin- und herschieben zu müssen.
LB: Beim Bulletjournal gibt es Symbole, die man vor dem, was man schreibt, einfügen kann, um zu zeigen, das ist eine Aufgabe, eine Notiz, machst Du das auch? Oder schreibst Du es wild untereinander weg?
MM: Es kommt ein bisschen wild untereinander weg, ich brauche aber Teile davon. In eine Evernote Notiz mache ich Punkte, Strich, Komma oder Minus vor einen neuen Satz. Das benutze ich manchmal als Schlüssel, um ganz schnell zu sehen, ob es noch Tasks oder etwas Interessantes gibt, die noch nicht bearbeitet wurden oder was ich nach nachforschen wollte. Das benutze ich aber spärlich, aber das sind die Bereiche, die ich im Bulletjournal gelernt habe und in meinen eigenen Workflow mit eingebaut habe.
LB: Das ist eine sehr interessante Art, mit Evernote umzugehen, einen Bulletjournal in Evernote zu machen. Hast Du noch andere außergewöhnliche Anregungen für mich und meine Hörer, was man mit Evernote noch machen kann? Woran man vielleicht nicht zwangsläufig denkt?
MM: Es gibt so vieles, es gibt die klassischen Sachen mit den Referenzorten, wo man Pässe abfotografiert und reinlegt, die Reisedokumente, Informationen von den Kindern wie Schulstunden, Rechnungen etc. Was meinen persönlichen Nutzen von Evernote am meisten berührt und mir den meisten Nutzen gibt, ist simpel. Ich lese viel, in Büchern und Online und stoße immer wieder auf spannende Artikel oder Zitate oder Paragraphen in Büchern, bei denen ein Gefühl aufkommt, das möchte ich für später behalten. Das speichere ich in Evernote. Es gibt einen Workclipper, den man dafür benutzt kann, mit dem man Webseiten und Inhalte aus dem Web speichern kann. Das lege ich jedem ans Herz, das mal auszuprobieren. Oder auch ein Buch physisch oder einen Zeitungsartikel, ich mache ein Foto davon, wenn ich etwas Spannendes gefunden habe. Evernote sucht auch Deine Bilder und findet Texte in den Bildern, dann speichere ich das. Ich habe ein Notizbuch in Evernote, es nennt sich „Lesen“, da lege ich alles mit rein. Ich vergebe den Artikeln oder den Sachen, die ich speichere, ab und an ein Schlagwort. Da bin ich bewusst ganz chaotisch. Die ersten ein oder zwei Worte, die mir in den Sinn kommen zu diesem Thema, worum es geht im Artikel oder das Buch, gebe ich als Tag ein. Dann speichere ich das Notizbuch. Das mache ich schon seit Jahren. Wenn ich heute eine Präsentation habe und mich darauf vorbereite und ich dieses Notizbuch öffne, sehe ich mein Wissen vor mir. Ich sehe in diesem Notizbuch, was mich alles beschäftigt und all die Informationen, die ich habe und gelernt habe über das Leben. Das habe ich abgespeichert. Das weckt immer ganz starke Emotionen in mir, ich finde ganz alte Artikel, lese die nochmal durch und finde große Perlen, die ich weiterverwenden kann. Innerhalb von Präsentation im Unternehmen oder innerhalb von anderen Sachen, die ich mache. Wenn ich die Schlagwörter nutze, kann ich da auch ein bisschen runterbrechen. Innerhalb des Notizbuches habe ich hunderte Schlagwörter. Es ist auch völlig okay. Beispielsweise, wenn ich eine Präsentation habe zum Thema digitale Transformationen, da gehe ich ins Notizbuch und habe dafür ein Schlagwort oder ich suche nach dem Wort Transformation. Meist findet er alles. Dann habe ich ganz viele Informationen, die ich benutzen und weiterverwenden kann. Das ist mein persönliches Knowledge-Depository. Mein central Knowledge, meine zentrale Wissensablage ist eigentlich da. Genauso die Informationen zu Evernote, während ich lese oder mit dem zu tun habe, gehen wir auch da rein. Das empfehle ich jedem. Das zweite ist ein Klassiker, ein Notizbuch zu erstellen in Evernote und das Inbox zu nennen. Das kennst Du wahrscheinlich sehr gut, Lars? Andere weniger. Das wird Dein Standard-Notizbuch, auch wieder kognitive Auslastung, so wenig wie möglich. Heißt, wann immer mir etwas in den Kopf kommt, was ich speichern muss, aber nicht sofort jetzt etwas daran tun kann oder keine Lust oder Zeit habe, dann lege ich es in die Inbox. Es geht schnell und ich bin wieder zurück in meiner Arbeit und kann diese ohne große Unterbrechung weiterführen. Am Ende des Tages oder der Woche gehe ich durch dieses Inbox-Notizbuch und durch jeden Eintrag, ich lösche es oder lege es ab oder ich lege es in das passende Projekt-Notizbuch. Ich sortiere es aus, wenn ich dafür Zeit habe, wie ein Puffer zwischen dem Erhalt und der Bearbeitung der Informationen.
LB: Inbox habe ich auch, ich habe noch ein „@“ davorgestellt, damit es in der alphabetischen Sortierung meiner Notizbücher immer ganz oben ist. Tolle Anregung mit dem Lese-Notizbuch, während Ihr das Lese-Notizbuch anlegt, liebe „Produktiv in digitalen Zeiten“-Community, bedanken wir uns ganz kurz bei unserem Sponsor. Vielen Dank bis hierhin. Kommen wir zu den Schlussfragen. Ich bitte um schnelle und knackige Antworten. Welcher ist Dein wichtigster Produktivitätstipp?
MM: Zwei Sachen, das erste ist die „Weekly Review“ am Ende der Woche, durch die Notizen der Woche zu gehen. Eigentlich alles, was Du getan hast, durchzugehen und zu überlegen, sind alle Projekte auf dem laufenden Stand, gibt es etwas, was ich im Kopf herumtrage und eigentlich aufschreiben muss oder innerhalb von Evernote ablegen muss, um guten Mutes in das Wochenende zu gehen und die nächste Woche gut starten zu können. Hilft mir extrem viel. Das zweite passt dazu, jeden Morgen, bevor man zur Arbeit geht, fünf Minuten reflektieren, was man eigentlich heute genau tut. Was bringt mich persönlich und privat weiter? Die drei, vier Sachen runterschreiben. Der Tag endet viel besser. Wenn nur zwei von diesen Sachen am Ende des Tages erledigt sind, war es ein guter Tag.
LB: Was machst Du, um abzuschalten, Manuel?
MM: Gute Frage, das gelingt mir auch nicht immer ganz einfach. Ich habe sehr viele Interesse, auch außerhalb von Evernote, zum Thema Produktivität und Design. Es gibt Strategien, wie man abschalten kann, aber ganz ehrlich glaube ich, dass jedes Abschalten mehr oder weniger gezwungenermaßen ist, weil ich zwei Buben habe, der Kleine ist vier Jahre alt, der Ältere ist sechs. Die haben schon ein großes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, was auch super ist. Man will viel mit ihnen tun, gezwungenermaßen muss ich mir Zeit nehmen für sie, weil ich das auch will. Das hilft mir extrem. Ich komme nach Hause, die zwei Kinder nehmen mich ein, mit dem, was sie den Tag durch erlebt haben. Ich gehe darauf ein, wir machen am Wochenende Sachen. Hätte ich das nicht, hätte ich damit viel mehr Mühe.
LB: Auf welche drei digitalen Gadgets kannst Du nicht mehr verzichten?
MM: Natürlich Evernote.
LB: Das ist kein Gadget? Hardware.
MM: Mein Smartphone, es hört sich extrem langweilig an, ist einfach so. Es passiert sehr viel drauf, meine Kopfhörer, um Musik zu hören, auch während der Arbeit. Und meinen analogen Plattenspieler zu Hause.
LB: Super, schön, Revival der Plattenspieler, es gibt seit Jahren wieder steigende Zahlen an Vinylplatten.
MM: Absolut.
LB: Welche App oder welchen Internetdienst kannst Du der „Produktiv in digitalen Zeiten“-Community empfehlen? Außer Evernote.
MM: Das erwähne ich jetzt mal nicht. Auch hier habe ich zwei, einen privaten und einen mehr geschäftlich orientierten. Für Leute, die im Unternehmen Präsentation machen oder mit dem Vorgesetzten und Kunden über Themen aus der Digitalität sprechen, wie Transformationen und so weiter, empfehle ich wärmstens, die Seiten von Google zu benutzen. Eine heißt www.consumerbarometer.com und www.thinkwithgoogle.com. Davon gibt es auch eine deutsche Version. Google veröffentlicht auf diesen beiden Seiten extrem viele Charts und Grafiken und demographische Inhalte, Kurven und Statistiken zum Thema des Internet und digitalen Nutzungsverhaltens der Bevölkerung der verschiedenen Länder, der ganzen Welt. Man kann auch per Land runterbrechen. Man hat vorgefertigte Informationen, wieviele Leute benutzen beispielsweise Voice. Es ist immer wieder bemerkenswert, man kann dort auch ganz andere Themen finden. Man kann sich auch einfach selbst Auswertungen zusammenstellen per Land mit dieser Demografik, um auf die Demographie einzugehen. Dann hat man schnell eigene Grafiken, die man verwenden kann für Präsentationen oder Gespräche um das Thema Digitalisierung und digitale Transformationen, welche im Moment für alle sehr bewegend ist. Lege ich Dir wärmstens ans Herz, es ist sehr businessfokussiert, das zweite ist privat fokussiert für alle, die sich sehr viel für Kultur interessieren, aber auch für Musik, Filme, Games oder Entertainment. Die Seite heißt Metacritic, die benutze ich häufig. Ich schaue gern Filme, habe auch viele Filme zu Hause, höre gern Musik. Ich bin auch jemand, der sehr viel recherchiert. Ich mag es, online zu gehen, herauszufinden, welcher Film ist es Wert, ihn zu schauen? Früher habe ich extrem viel Zeit dafür verwendet. Metacritic macht es einfach für Dich. Du gibst einen Filmtitel oder ein Musikalbum oder ein Spiel ein. Es sammelt alle Bewertungen von Fachzeitschriften, Zeitungen und so weiter, legt sie zusammen in eine Zahl. Sie geben Dir also die durchschnittliche Bewertung von hundert verschiedenen individuellen Bewertungsseiten und Zeitschriften zum Thema. Es ist dann ganz einfach, an gute Inhalte zu kommen.
LB: Welches Buch hat Dich als Mensch am meisten geprägt?
MM: Gute Frage, ich lese sehr viel, kürzlich bin ich auf ein Buch gestoßen, das mich stark berührt hat. Das war das Buch „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ von Yuval Harari. Wahnsinnig spannend, ein Sachbuch, in dem es um die Entstehung der Menschheit geht und die Geschichte davon, von Beginn, also Jäger und Sammler im Wald hin zu dem, wo wir heute stehen mit unseren dicht bevölkerten Städten. Und was dazwischen passiert ist, er versucht, das Ganze ein bisschen runterzubrechen auf 500 bis 600 Seiten. Er geht auf verschiedenste Thematiken ein, die entstehen der Menschheit, warum wir uns plötzlich niedergelassen haben, weggegangen sind vom Jagen und Sammeln in Städte, Religion usw. Sehr spannend. Geprägt hat es mich, weil er ein Gefühl in mir ausgelöst hat, dass eigentlich alles sehr spontan auch passiert. Es gibt für mich persönlich nicht den einzelnen Sinn, nach dem man streben muss, wenn man die Geschichte der Menschheit anschaut, es ist ein völliges Chaos, wie alles entstanden ist. Aus Problemen sind wieder neuen Opportunitäten entstanden. Es gibt mir ein Gefühl der Ruhe, ich kann vieles probieren, auch etwas, was nicht funktioniert. Es ist nichts o entscheiden, weil wir alle nur ein kleines Teil sind dieser Welt. Das kann ich jedem empfehlen, es ist sehr einschneidend.
LB: Ja, kommen wir zum Abschluss, lieber Manuel, war superspannend, hier auch noch mal der Hinweis auf das nächste Interview mit Manuel über Evernote Business. Das ist mindestens genauso spannend. Hört Euch das auch unbedingt an. Wie kann die „Produktiv in digitalen Zeiten“-Community mit Dir in Kontakt treten und was ist als Blogger zukünftig von Dir zu erwarten? Kannst Du auch mal ganz kurz erzählen.
MM: Gerne, ich beginne mit dem zweiten. Ich habe meine Homepage You might have missed this, wo ich über Jahre hinweg die besten News, Artikel und Informationen aus dem WWW pro Woche zusammengefasst habe und als Newsletter an den Abonnenten gesendet habe. Ich redesigne gerade und überlege, was ich künftig genau machen will. Wenn ich es bald starte und fokussiere mich als Blogger wieder darauf, die besten Inhalte aus dem Web zu suchen. Ich werde dann jedoch mehr auf die Themen spezifisch eingehen, auf Produktivität und Design. Es gibt da eine große Schnittstelle, wie man produktiv sein kann, was sind Produktivitätsstrategien, aber auch auf der Seite des Designs, es heißt use experience design, Produktdesign, aber auch graphisches Design und was ist die Schnittstelle zwischen den beiden. Das finde ich eine ganz spannende Sache. Auch Digitalisierung ist ein großes Thema, das wird bald wieder starten. Wie man mit mir in Kontakt treten kann oder bleiben kann? Natürlich über alle möglichen Social Media Kanäle. Man kennt mich da unter Manuel oder Manolo Marquina ist mein spanischer Name. Da verlinken auch die Links oder über manuel@evernote.com kann man mir eine E-Mail schreiben.
LB: Ja, Manuel, dann vielen Dank, dann sage ich mal, Euch wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Auf bald, ciao.
Noch eine Empfehlung zum Schluss:
Wenn Du mit Evernote richtig durchstarten willst, dann ist der Evernote Online-Kurs in meiner MDD Selbstmanagement-Akademie garantiert etwas für Dich! 16 Videos helfen Dir beim Einstieg und auch für versierte Evernote-Nutzer gibt es interessante Workflows und viele Tipps & Tricks. Zusätzlich stelle ich meine ganz persönliche Evernote-Ablagestruktur detailliert vor! Alle Infos und die Anmeldemöglichkeiten findest Du hier.
Danke für das interessante Interview! Kurze Nachfrage: den „Präsentationsmodus“ gibt es inzwischen nicht mehr, oder? (Ich kann mich dran erinnern, doch finde ihn unter iOS nicht mehr – iPhone, iPad Pro.
Viele Grüße, Olaf
Ja, den Präsentationsmodus gibt es nicht mehr auf den iOS Geräten. Nur noch auf dem Mac und eventuell noch bei Windows (kenne ich mich aber nicht mit aus…)