Herzlich willkommen zum Podcast Selbstmanagement.Digital. Wir geben Orientierung im digitalen Dschungel, so dass wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben bleibt. Mein Name ist Lars Bobach und ich sitze heute zusammen mit der Gabriel, einem der Entwickler oder der Produktmanager von GoodNotes 5.

Mit ihm habe ich vor zwei Jahren schon mal hier ein Interview geführt und da hatte er GoodNotes 5 angekündigt. Jetzt ist es mittlerweile mehrere Wochen alt. Es ist erschienen, es gab viel Kritik, positiv wie negativ und in diesem Interview stelle ich ihm erstmal die Frage natürlich, wo überhaupt der Fokus bei der Entwicklung von GoodNotes 5 lag und gehe wirklich auch auf alle Features und Fragen ein, die ihr mir so geschickt habt. Also, was jetzt an Features kommen wird.

Das Interview ist relativ lang geworden, weit über eine Stunde. Deshalb haben wir es aufgeteilt in zwei Teile. Hier und heute gibt es den ersten Teil und in der darauffolgenden Woche wird es dann den zweiten Teil geben.

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Webseite: GoodNotes

Interview von vor zwei Jahren mit Gabriel: GoodNotes: Wohin geht die Entwicklung?

Transkript

LB = Lars Bobach
GJ = Gabriel Jourdan

LB:
Gabriel, schön, dass du da bist. Du bist jetzt zum zweiten Mal hier. Jetzt ist GoodNotes 5 seit mehreren Wochen auf dem Markt. Was würdest du jetzt sagen, nach diesen Wochen, war das Release 5 bisher ein Erfolg für euch?

GJ:
Auf jeden Fall. Wir sind sehr stolz, dass wir es geschafft haben. Wir hatten natürlich nach dem Release noch eine Menge zu tun und sind auch immer noch voll dabei, verschiedene Bugs auszubessern und an neuen Features zu arbeiten bzw. alte Features zurückzubringen. Aber alles in allem sind wir wirklich sehr zufrieden, wie es jetzt im Endeffekt auch gelaufen ist.

LB:
Kannst du etwas zu den Zahlen sagen, wie viel Nutzer ihr habt?

GJ:
Was man unserer Webseite, wenn man sich das ein bisschen genauer anguckt, entnehmen kann, sind wir tatsächlich mittlerweile in dem Bereich von mehreren Millionen. Wobei man immer ein bisschen gucken muss, wie aktiv die sind. In dem Bereich wird das ja immer mit täglich, wöchentlich und monatlich aktiven Nutzern gemessen. Und GoodNotes benutzt jeder ein bisschen anders wie eben auch normales Papier. Manche nehmen es täglich her, manche nur einmal wöchentlich oder vielleicht ein paar Mal pro Monat. Genau Details kann ich da aber natürlich nicht verraten.

LB:
Sollst du auch nicht, aber es sind schon mehrere Millionen, die weltweit diese App nutzen, heruntergeladen haben, bezahlt haben usw.?

GJ:
Ja.

LB:
Wie wichtig ist euch da der deutsche Markt?

GJ:
Er ist mit einer der wichtigsten, wobei wir uns jetzt strategisch nicht auf einen Markt festlegen. Aber nach den USA, Japan ist auch noch relativ stark vertreten, ist Deutschland tatsächlich auch relativ weit mit vorn dabei. Das liegt aber nicht nur an uns im Speziellen, sondern auch tatsächlich am allgemeinen App-Store-Markt. Wenn man sich anguckt, wo der meiste Umsatz im App-Store gemacht wird, ist Deutschland relativ weit oben.

LB:
Also, die Deutschen kaufen gern Apps im App-Store?

GJ:
Eigentlich kauft keiner gern Apps im App-Store.

LB:
Ich schon.

GJ:
Ja? Gut, wenn man sich ein bisschen mehr damit beschäftigt, ist es eigentlich auch eine Sache, die man gern tun sollte, um die Entwickler ein bisschen zu unterstützen. Deutschland ist schon allgemein, was Apps angeht und auch von iPad und iPhones her, sehr weit oben mit dabei. Von daher ist es für uns natürlich auch ein Markt, auf den wir explizit gucken, auch dadurch, dass ich an Bord bin und du so einen netten Content immer für uns machst, können wir da natürlich auch ein bisschen mehr einen Fokus drauflegen.

LB:
Ja, glaube ich. Ich kaufe wirklich super gern, würde ich jetzt gerne mal kurz erklären, wo ich es jetzt schon gesagt habe. Also, grundsätzlich Entwickler unterstützen, genau. Ich habe selber lange in der Softwarebranche gearbeitet. Ich weiß, dass es da auch nicht einfach ist. Viele denken sich, einmal gemacht und dann tausend Mal verkauft. Ja, muss man erst tausend Mal oder millionenfach, wie ihr es habt, dann auch verkaufen. Das ist ja erstmal gar nicht so leicht.

Und dann kommt hinzu, dass die Apps ja so wahnsinnig preiswert geworden sind. Wenn ich lese, 8 Euro, 5 Euro, viel zu teuer für die App. Also, wo ich herkomme, in meiner Welt noch damals, da war, ich meine, da hast du doch kein Programm unter 100 Euro bekommen. Da gab es noch diese Kisten mit CDs drin und teilweise mit Kassetten oder Disketten. Das ist mittlerweile alles so preisgünstig durch den großen Markt geworden. Ich kaufe deshalb wirklich gern.

GJ:
Ich persönlich kaufe auch super gern Apps und es ist natürlich ein riesen Thema, gerade für uns auch. Dieses ganze Pricing im App-Store, ich will das Fass jetzt auch gar nicht aufmachen. Aber ich sehe es halt immer so, ja, gerade bei uns, es ist eine App, die viele Leute wirklich mehrere Stunden pro Tag und das jeden Tag, abgesehen von Wochenenden, verwenden. Und dann lesen wir immer wieder Beschwerden, dass jemand sagt, die 9 Euro sind mir doch ein bisschen zu teuer. Kann ich schon verstehen, kreide ich auch niemandem persönlich an natürlich.

Es ist einfach eine Sache, an der Apple auch einfach ein bisschen arbeiten muss, bzw. nicht nur Apple, sondern auch Google und Facebook und eben jeder, der so einen App-Store betreibt, dass da einfach ein bisschen mehr Wert darauf gelegt wird, den Leuten mitzuteilen, eine App ist nicht eine Sache, die von einem Multimillionen-Dollar-Konzern im App-Store veröffentlicht wird, sondern eben eine Sache, die vielleicht zwei, drei, vier Entwickler in ihrer Freizeit teilweise sogar entwickeln und damit teilweise auch ein bisschen ihre Kinder oder Familien ernähren müssen.

Ich sehe aber auch schon, dass sich da etwas tut. Gerade nachdem der neue App-Store, damals mit iOS 11, vorgestellt wurde und mit dieser Today App. Da gibt es eine ganz tolle Kategorie, wo die Entwickler ein bisschen in den Fokus gestellt werden. Da wird berichtet, wer die Leute hinter dieser App, z. B. Procreate wurde da schon vorgestellt, das Team aus Australien, die auch wirklich nur. Das sind eine Handvoll Leute oder mittlerweile sind sie auch ein bisschen mehr. Aber die haben auch zu viert oder fünf diese Procreate-App da gestartet und haben auch einen unfassbaren Erfolg damit gehabt. Das ist deren Fulltime-Job, genauso wie bei uns, wir ernähren damit unsere Familien und müssen gucken, dass wir damit unser Geld verdienen.

LB:
Das ist auch nichts Unanständiges, wofür man sich rechtfertigen müsste. Apple nimmt auch noch einen Großteil des Ganzen weg natürlich. Das darf man bei der ganzen Sache auch nicht vergessen. Aber du hast eine gute Überleitung gebracht, bevor wir jetzt in das Thema GoodNotes 5 einsteigen. Da habe ich konkrete Fragen, gerade aus der Community ist da sehr viel gekommen. Mal ganz kurz, wer steht denn jetzt überhaupt hinter GoodNotes? Erzähle uns doch mal ein bisschen über die Firma, wer ihr seid und wo ihr sitzt und wie viel Mann ihr seid?

GJ:
Wir hoffen, dass alle unsere Nutzer hinter uns stehen, aber zur Firma kann ich gern etwas erklären. Wir haben unseren Gründer, das ist Steven, er hat lange Zeit selber an GoodNotes gearbeitet und war auch eine ganze Zeit lang auch der Einzige. Er hat die App tatsächlich als eine eigene Lösung für sich selber im Studium damals entwickelt, weil er diese Möglichkeit des freien Arbeitens auf einem Blatt Papier mit der digitalen Technologie vereinen wollte. Für ihn gab es damals, 2011, als er die erste Version von GoodNotes damals auf den Markt gebracht hat, noch keine vernünftigen Lösungen, wo er das genauso machen konnte.

Das hat er sehr lange auch alleine betrieben, auch relativ erfolgreich, bis GoodNotes 4. Das wurde auch zum Großteil von ihm selber geschrieben. 2015 hat er beschlossen, er will das Ganze ein bisschen größer machen und nicht mehr nur noch als sogenannter „indie Developer“ auftreten, sondern er will jetzt gern ein Team aufbauen. Er hat sich dann unseren Mac-Entwickler mit an Bord geholt. Kurze Zeit später, Januar 2016, kam ich mit an Bord. Ich habe eine Menge verschiedener Aufgaben übernommen, das Marketing habe ich zum Großteil mit aufgebaut. Die ganze Geschichte, die man jetzt in unserem Bereich auch growth nennt.

Es gab mal dieses Buzzword growth hacking, das mag ich persönlich nicht so gerne, weil es eben kein Hacking ist, sondern ein strukturierter Prozess, den man langfristig durchführen muss mit viel Analytics gepaart, um zu gucken, was funktioniert, was wollen die Leute gern sehen, was hat auch einen Einfluss z. B. auf unsere Matrix wie Retention. Das bedeutet, wie viele Leute, die an einem Tag die App nutzen, kommen am nächsten Tag wieder.

Mittlerweile bin ich ziemlich fokussiert auf Produktmanagement. Das heißt, ich überlege mir, was ist die Idee hinter dem Produkt. Was ist das, was wir langfristig verfolgen wollen und wähle dann eben auch Features aus, die wir einbauen, die Sinn machen, bewerte das und überlege, wie wir das Ganze umsetzen wollen.

Mittlerweile sind wir, Stand heute, 14 Leute. Das heißt, wir sind sieben Entwickler, ein Designer, eine Vollzeit-Customer-Support-Stelle, mich als Produktmanager, einen, ich nenn es mal „Hybrid“ zwischen HR und er macht auch sehr viel Produkt und ein paar Machine-Learning-Researcher, die eben an ganz interessanten und spannenden Sachen auch forschen. Das ist mittlerweile auch Trend, mittlerweile ist alles Machine-Learning, dass Papier nicht nur eine Oberfläche ist, auf der man schreibt, sondern eben auch ein bisschen was versteht, was man da macht. Daran arbeiten die Beiden.

LB:
Das ist ja Wahnsinn, da habt ihr euch ja echt super entwickelt. Wenn ich daran denke, vor zwei Jahren, als wir uns unterhalten haben das letzte Mal, waren die zwei plus du so ein bisschen Teilzeit. Da hat sich ja schon einiges getan.

GJ:
Ja, das ist mittlerweile echt groß geworden. Natürlich kommt uns da auch so ein bisschen der Markt zugute bzw. wir sind davon ein fester Bestandteil. iPad Pro und Apple Pencil ist natürlich ein tolles Commitment von Apple, die sich dazu bekennen, zu sagen, wir entwickeln Produktivitätsmaschinen, die nicht mehr nur mit Maus und Keyboard funktionieren, sondern eben auch diesen Stift als Input-Device haben. Das sieht man nicht nur bei Apple, sondern z. B. auch beim Surface oder auch Google hat das neue Hybrid-Tablet vorgestellt, was eben auch mit dem Stift funktioniert. Ja, es wird auf jeden Fall eine Zukunft haben. Da sind wir ganz vorne mit dabei.

LB:
Gabriel, verrate uns doch mal, wo ihr geografisch sitzt? Du kommst aus Deutschland, das hört man, aber ihr ja nicht als Team?

GJ:
Der Gründer Steven ist gebürtiger Kantonese und kommt aus Hongkong. Dort ist auch unser Headquarter. Ich habe die Möglichkeit, von Deutschland aus zu arbeiten, komme aber gerade von einem sechswöchigen Hongkong-Trip zurück.

LB:
Das Release hast du sozusagen aus Hongkong mit begleitet?

GJ:
Genau, ja.

LB:
Wie ist es so im Release. Erzähle uns doch mal, wie so etwas vonstattengeht bei euch. Wie kann ich mir das vorstellen? Jetzt habt ihr GoodNotes 5 entwickelt, da gab es eine Beta-Testphase und dann ging es jetzt wirklich live. Da war erstmal sehr wahrscheinlich ordentlich was los bei euch?

GJ:
Das auf jeden Fall. Es ist auch nach wie vor noch irre, welches Feedback wir bekommen, sowohl positiv als auch negativ konstruktiv. Manchmal auch negativ destruktiv, aber das kann man natürlich niemandem verübeln. So ein Release fängt natürlich nicht damit an, dass man ein Knöpfchen drückt und die App dann live ist. Dazu gehören eine Menge anderer Sachen. Im Prinzip habe ich schon vor einem halben Jahr angefangen, mich auf den Release zu konzentrieren. Das heißt, alle Artikel fertiggestellt, die gesamte Kommunikation angefangen zu starten, mit Beta-Testern gesprochen, wo du auch dabei warst. Mit Journalisten angefangen zu reden, eben auch mit dir zum Beispiel.

Dann war es soweit, am 15. Januar hatten wir es festgelegt, dass wir dann endlich gesagt haben, jetzt wird dieses Knöpfchen gedrückt und dann ist die App live im App-Store. Das war auch eine ganz schöne Geschichte eigentlich, weil wir zu dem Zeitpunkt in Shanghai auf einem Presseevent waren, also gar nicht in Hongkong. Wir haben GoodNotes 5 aus einer amerikanischen Kaffeekette aus Seattle, ich möchte jetzt hier keine Namen nennen, um Schleichwerbung in deinem Podcast zu machen.

Wir saßen da und haben GoodNotes 5 von einem iPhone aus in den App-Store gelauncht, während wir da unseren Cappuccino getrunken haben. Das hat das Ganze ein bisschen menschlicher gemacht, wenn man das so sagen kann, dass das eben nicht ein riesen Konzern ist, der hinter so einer App steht, sondern dass wir nur ganz normale Leute sind und da Kaffee trinken und dann halt auch sehr aufgeregt sind, wenn wir diese App veröffentlichen und wissen, das sind die Früchte von fast 2,5 Jahren Arbeit, die wir jetzt endlich mal unseren Nutzern nach langer Wartezeit präsentieren können.

LB:
Ihr hattet das Update kostenlos versprochen und es in ein Bundle gepackt. Es hat nicht jeder sofort verstanden. Erzähle doch mal die Intention dahinter, warum ihr das so gemacht habt.

GJ:
Wir haben besprochen, wollen wir die App als komplett neue Version oder als komplett neue App veröffentlichen oder wollen wir versuchen, die alte Version upzudaten. Und letzteres kam eigentlich für uns nicht infrage, weil der Code von einem einzelnen Entwickler gemanagt und geschrieben wurde. Deswegen war für uns relativ klar, auch für die Zukunft müssen wir eine komplett neue App veröffentlichen. Im App-Store ist es gar nicht so einfach, dann seinen aktuellen Nutzern die Möglichkeit zum Upgraden zu geben.

Viele Entwickler, Things war auch ein Beispiel oder die Drafts App, die machen entweder ein komplett kostenpflichtiges Update, auch für alle aktuellen Nutzer, egal, wann sie es gekauft haben oder switchen zu einem Freemiummodell. Im Falle von Drafts, mit einem optionalen Subscriptionanteil, also einem Abo-Modell, was wir beides eigentlich nicht machen wollten. Für uns war klar, wir wollen eigentlich weiterhin diese paid Premium-App bleiben, die einen im App-Store relativ hohen Beitrag erfordert, um sie zu kaufen. Aber dann besitzt man diese App.

Dann haben wir nach Wegen und Möglichkeiten gesucht, wie kriegen wir es hin, dass alle Nutzer, die den vollen Preis für GoodNotes 4 gezahlt haben, sich GoodNotes 5 auch kostenlos runterladen können. Da gab es diese Möglichkeit, mit dem „complete my bundle“, Bündel oder Paket, zu vervollständigen. Wir haben ein App-Store-Bündle angeboten, in dem sowohl GoodNotes 4 als auch GoodNotes 5 enthalten sind. GoodNotes 4 und GoodNotes 5 kosten jeweils 8,99 Euro in Deutschland. Das Bündel kostet insgesamt auch 8,99 Euro.

Apple bietet an, ein Bündel zu vervollständigen. Das bedeutet, dass man den Preis, den man schon für eine der Apps, die in diesem Bündle enthalten ist, gezahlt hat. Diese kriegt man als Kredit für den gesamten Bündel-Preis. Wenn wir jetzt mal durchrechnen, in dem Bündel GoodNotes 4 und GoodNotes 5, jemand hat für GoodNotes 4 8,99 Euro bezahlt und das Bündel kostet 8,99 Euro. Dann bleiben da 0 Euro übrig. Das heißt, man kann dieses Bündel für 0 Euro kaufen.

Warum es ist ein bisschen kompliziert ist, liegt auch ein bisschen an Apple. Apple rechnet nicht damit, dass jemand diesen Weg geht. Die gehen davon aus, wenn jemand eine neue App veröffentlichen will, lässt man die Nutzer nochmal blechen oder wechselt auf ein Freemium oder was auch immer. Jedenfalls haben die diesen Weg nicht wirklich auf dem Schirm.

Deswegen, wenn man diesen Updateweg hat, dass man GoodNotes 5 kostenlos durch das Bundle bekommen hat, sieht man diesen blauen Button. Darauf steht entweder der Preis, den man noch zahlen muss oder das Wort „Complete“. Und das Wort „Complete“ tatsächlich auch auf Englisch, auch wenn alles andere auf Deutsch ist im App-Store, steht dort „Complete“ auf Englisch, weil sie diesen Button nicht übersetzt haben, weil sie nicht davon ausgehen, dass da jemals ein Preis steht, der gar kein Preis ist. Das heißt, vom Design her hätte da eigentlich …

LB:
Complete steht ja für komplettieren sozusagen.

GJ:
Richtig und eigentlich hätte da von der Logik her 0 Euro stehen müssen, ansonsten wird immer der Preis angezeigt. Das gibt es bei Apple einfach nicht. Das war ein Problem, dass viele Leute nicht gecheckt haben, ich muss auf diesen „Complete“-Button drücken.

Da steht halt nicht, zahle ich jetzt etwas oder zahle ich nichts. Das ist sehr unglücklich gewesen von Apple, aber es ist tatsächlich der einzige Weg, den man hat als Entwickler, um in unserer Situation ein kostenloses Upgrade oder eben ein rabattiertes Update zu ermöglichen.

LB:
Toll, dass ihr das gemacht habt, keine Frage. Aber warum? Ihr hättet auch sagen können, die App kostet nochmal 8 oder 9 Euro?

GJ:
Das hat mehrere Gründe. Zum einen finden wir, dass wir es unseren Nutzern einfach schuldig sind. GoodNotes 4 ist nicht fertig, GoodNotes 5 auch nicht. Aber wir wollen gern die neueste Technologie einer möglichst breiten Nutzerbasis ermöglichen. Wir haben einen Traum, ein Ziel, wir wollen es möglichst vielen Leuten näherbringen.

Zum anderen ist es auch so, dass wir ungern zwei verschiedene Apps managen möchten. Wir wollen auch aus strategischen Gründen so viele Leute wie möglich von GoodNotes 4 nach GoodNotes 5 bringen. Ansonsten ist es sehr schwierig, zwei Apps gleichzeitig im App-Store zu haben, die im Grunde relativ ähnlich sind.

LB:
Dann tauchen wir jetzt mal in das Thema GoodNotes 5 ein. Was stand bei euch im Fokus, worauf lag euer Hauptaugenmerk, als ihr euch GoodNotes 5 gewidmet habt?

GJ:
Es gibt zwei oder drei Hauptpunkte, die wir uns angesehen haben. Zum einen sieht man einen ganz deutlichen oberflächlichen Unterschied zwischen GoodNotes 4 und 5. GoodNotes 4 wurde von einem Entwickler, der wenig Designerfahrung hat, komplett designt. Hinter GoodNotes 5 steckt eine Menge Designarbeit.

Da wurde sich GoodNotes 4 nochmal angesehen und wir haben uns komplett überlegt, was macht eigentlich Sinn, wie sollten die Dinge eigentlich aussehen? Wie sollten unsere Nutzer mit den Tools interagieren. Wir haben das Ganze nicht nur schöner, sondern auch deutlich nutzerfreundlicher gestaltet.

Eines der Beispiele ist, das ist immer so ein riesen Thema, zum Beispiel, wie man Seiten oder andere Dateiformate hinter einer existierenden Seite einfügt. Das war vorher ein riesen Aufwand in GoodNotes 4. Jetzt geht es relativ elegant einfach über dieses Plussymbol, was man in der Navigationsleiste hat. Da kann man jetzt einfach direkt eines dieser Templates auswählen und dann ganz viele verschiedene Templates in einem Notizbuch mischen, was einer der großen Selling Points von GoodNotes ist, weil es diese Flexibilität innerhalb von einem Notizbuch auch hat.

Oder solche Dinge wie das neue Imagetool, was eines meiner persönlichen Favoriten ist, was jetzt im sogenannten Kontextfeld oder contextual area, so nennen wir es, auf der rechten Seite jedes Tools die 50 zuletzt geschossenen Fotos aus der Foto-App anzeigt, die man einfach per drag & drop easy und schnell auf seine Seite ziehen kann.

Solche nutzerfreundlicheren Sachen im Hintergrund haben wir uns überlegt. Das ist einer der Punkte. GoodNotes 4 war schon sehr gut, jetzt wollten wir es noch besser und nutzerfreundlicher machen. Die zweite Sache ist, dass wir uns überlegt haben, welche neuen Features wollen wir umsetzen.

Da haben wir auf sehr viel Feedback unserer Nutzer gehört. Wir haben mit sehr vielen Leuten von Anfang an gesprochen. Was wollt ihr und warum braucht ihr das? Resultate sind zum Beispiel dann eben diese globale Suche, ein Ordnersystem, das vertikale Scrollen und viele andere Kleinigkeiten, die jetzt vielleicht auf den ersten Blick nicht so deutlich werden. Das dritte habe ich jetzt vergessen, vielleicht habe ich es schon in einem der anderen Punkte genannt.

LB:
Garantiert. Ich meine, die GUI ist richtig schön geworden. Man merkt, dass ihr euch viele Gedanken gemacht habt. Es ist so, ich habe einen Kurs erstellt für meine Selbstmanagement-Akademie zu GoodNotes. Da ist mir aufgefallen, dass man jetzt über wahnsinnig viele Richtungen zum gleichen Ergebnis kommt. Alleine eine Seite einzufügen, das kann man auf zehn unterschiedliche Arten, ich übertreibe jetzt bewusst, machen. Mir fiel es gar nicht so leicht, eine Struktur in meinem Videokurs da zu bekommen.

GJ:
Grundsätzlich die Dinge, die man machen möchte, sollte man sehr einfach erreichen und auch von überall, wo man gerade ist. Eine Seite kann man hinzufügen, wenn man einfach weiterwischt. Ein Notizbuch ist nie zu Ende, du blätterst auf die nächste Seite, dann ist sie auf einmal da. Obwohl ein Papier-Notizbuch natürlich irgendwann zu Ende wäre. Du kannst es aber auch machen, wenn du in der Seitenübersicht bist, gerade dieser Thumbnail-View, ich glaube, auf Deutsch ist die Übersetzung Miniaturenansicht.

Da kann man jetzt wirklich genau auswählen, wo möchte man eine neue Seite hinzufügen, indem man auf diesen Pfeil nach unten klickt. Dann hat man eine ganze Menge an Optionen und kann zum Beispiel auch auf die Kamera zugreifen, um dort ein Bild, ein Foto, als ganz neue Seite einzufügen. Man kann es aber auch machen, indem man zum Beispiel auf diesen Plusknopf klickt, wo man dann noch ein paar andere Optionen bekommt, die ich eben schon erklärt habe.

LB:
Wirklich viele Wege führen da nach Rom. Mich würde interessieren, du als Produktmanager, du hast maßgeblich die Funktionen mit ausgesucht, wobei würdest du sagen, das ist meine Lieblingsfunktion, die wir da jetzt reingebracht haben?

GJ:
Eines davon habe ich schon gesagt, dieses Imagetool. Es ist eine ganz einfache Sache, aber ich finde, dass es im täglichen Gebrauch einen extremen Unterschied macht. Das haben uns auch schon ganz viele Nutzer gesagt, dass sie es total cool finden, dass sie ganz schnell …, zum Beispiel wenn jemand einen Screenshot macht, taucht er direkt in diesem Contextualbereich auf. Dann kann man ihn einfach mit einer kleinen Geste direkt auf der Seite einfügen.

Eine andere Sache, die ich persönlich super finde, ist die neue Quicknotes-Funktion, dass man jetzt einfach mit einem Doppeltippen auf den Plus-Button in der Bibliotheksansicht eine neue blanke Notiz erstellt. Das ist im Grunde kein Hexenwerk, ging vorher auch, geht jetzt einfach nur schneller. Ich finde es persönlich aber sehr gut, dass wir da ein bisschen die Idee von den iOS-Screenshots geklaut haben.

Wenn man diese Notiz erstellt hat, hat man die Möglichkeit, beim Zurückgehen entweder zu sagen, ich möchte es speichern oder ich möchte es vielleicht sogar verwerfen. Vielleicht brauche ich das, was ich aufgeschrieben habe, ich muss es vielleicht gar nicht in meiner Bibliothek speichern und so meine Zettelwirtschaft weiter vorantreiben.

So erlaubt dir GoodNotes, auf noch einem weiteren Weg Ordnung in deinem Leben zu behalten. Weil man die Informationen, die man vielleicht runtergeschrieben hat, dann in einem anderen Notizbuch verwendet und eigentlich diesen Zettel, den man sich gerade herbeigeholt hat, gar nicht mehr unbedingt braucht.

LB:
Finde ich auch super. Mein Lieblingsfeature ist natürlich die globale Suche, dass ich Notizbuch-übergreifend suchen kann und die funktioniert richtig gut. Die habt ihr auch schön strukturiert von Anfang an, in Handschrift, in PDFs, in Titel, in Notizbücher. Richtig gut gemacht, das ist mein persönlicher Favorit.

Rückblickend gab es auch einige kritische Stimmen, hast du eben schon gesagt. Da war einiges sicherlich konstruktiv, aber vieles auch nicht unbedingt. Was würdest du im Nachgang sagen zu den ganzen kritischen Stimmen, so abgewogen, was hättet ihr vielleicht doch anders machen sollen?

GJ:
Zunächst einmal freuen wir uns wirklich zu hören, dass es sehr viel Kritik gibt. Einer der großen Kritikpunkte ist, wo sind teilweise Features von GoodNotes 4? Da sind die Leute natürlich sehr laut. Es ist für uns ein bisschen schwierig, weil wir wirklich sehr viel abbekommen, aber ich sage immer zum Rest des Teams, überlegt euch mal, wenn sich die Leute nicht beschweren würden. Diese Beschwerde zeigt uns einfach, wie wichtig unsere Software mittlerweile für viele Leute geworden ist und baut natürlich auch einen gewissen Druck für uns auf.

Aber das ist ein Teil, den hätten wird ein bisschen eleganter lösen können und wirklich nochmal zu gucken, lass uns mal alles an Kernfeatures erstmal einbauen, bevor wir die neue App auf den Markt bringen. Zum Beispiel eben dieses automatische Auto-Backup, eines der großen Themen oder Favoriten bzw. Lesezeichen.

LB:
Dass man die benennen kann, Favoriten gibt es, aber dass man denen Namen geben kann. Bill Gates kann ich da zitieren. Er hat mal gesagt, deine unzufriedenen Kunden sind deine größte Lernquelle. So sehe ich das auch. Wer hat gern unzufriedene Kunden? Keiner, aber wenn sie wirklich noch etwas sagen, haben sie auch ein Interesse an dem Produkt oder an deiner Dienstleistung. Was auch immer du anbietest. Das muss einem immer klar sein, da kann man wirklich richtig draus schöpfen.

GJ:
Ganz genau, es ist natürlich nicht so, dass wir unsere Nutzer als Testkarnickel verwenden wollen, überhaupt nicht. Es war einfach an der Zeit, dass wir diese App veröffentlichen, weil wir auch Daten brauchten, Daten im Sinne von Feedback, nicht nur von Beta-Testern, sondern von der ganz großen Masse. Nur dadurch konnten wir eine Menge der bestehenden Bugs finden. Wir hatten einen großen Pool an Beta-Testern, mit denen wir auch getestet haben.

Aber du wirst nie durch einen Beta-Test alles finden, was nicht ganz funktioniert. Dadurch, dass wir uns entschieden haben, diese Software komplett neu zu coden, was auch den Arbeitsaufwand und die lange Zeit erklärt, wussten wir einfach, es wird am Anfang noch viele Unstimmigkeiten geben, aber wir sind sehr optimistisch und wissen auch jetzt schon ganz genau, dass es absolut doppelt und dreifach wert sein wird, dass wir die ganze Architektur intern und den ganzen Code neu geschrieben haben.

Das habe ich auch in unserem Blog-Post relativ lang und breit erklärt, der Vorteil davon ist, dass wir neue Features jetzt viel schneller nachreichen können. Weil es eine Codebasis ist, die jeder talentierte Entwickler lesen kann und damit arbeiten kann. Dann muss man nicht intern einfach super viel erklären, sondern jeder kann es sich angucken und selbständig an neuen Features arbeiten, ohne mit einem immer direkt sprechen zu müssen.

So ein Bottleneck gibt es nicht mehr in der Art und Weise. Auch zum Beispiel so eine globale Suche und eine Ordnerstruktur, die wäre ohne das gar nicht möglich gewesen. Wenn man sich zum Beispiel mal anguckt, es sieht jetzt so einfach aus, aber wenn man sich andere Apps anguckt, also auch bekannte Notiz-Apps im App-Store, die jetzt vielleicht auch eine globale Suche haben, bei denen funktioniert es nach wie vor nur über zwei Level. Die haben nach wie vor einfach nur eine 2-Ebenen-Organisation und eben nicht diese unendlich tiefe Ordnerstruktur, die GoodNotes 5 jetzt hat. Das ist relativ komplex tatsächlich auch im Hintergrund. Das mussten wir eben auch machen.

LB:
Klar, ich kann mir vorstellen, dass es auch 100-prozentig die richtige Entscheidung ist. Ich komme aus der Softwarebranche, ich kenne es, wenn man auf eine alte Struktur aufbaut, dann wird es hinterher immer wackelig, weil die Fundamente nicht stimmen. Wenn man einmal eine vernünftige Software-Architektur hat, ist man auch für die Zukunft gerüstet.

Jetzt gab es auch in meiner Community viele kritische Stimmen, teilweise finde ich es auch etwas übertrieben, habe ich auch gesagt, aber eine Sache, die mich jetzt mal interessiert. Ich würde gern ein paar Sachen ansprechen. In Tests zwischen GoodNotes 4 und GoodNotes 5 fiel auf, dass bei größeren Dokumenten, wenn ich jetzt zum Beispiel, ich komme ja hier aus dem Handwerksbereich und da haben ja viele auch durch meinen Blog in ihrem Handwerksbetrieb es genutzt. Die haben große PDFs von Plänen, die brauchen viel länger, um aufgebaut zu werden als bei GoodNotes 4.

GJ:
Dafür muss ich mich entschuldigen, es ist leider eine Kinderkrankheit. Es ist ein Bug, den wir noch beheben müssen. Da sind wir dran. Das sollte in den nächsten paar Wochen oder in den nächsten zwei, drei Wochen auf jeden Fall Besserung bringen.

LB:
Wenn es hier ausgestrahlt wird, ist es vielleicht schon soweit?

GJ:
Ja, das kann sein. Man kann mal gucken, wir haben jetzt innerhalb von 5 Wochen nach dem Release über 10 Updates schon veröffentlicht. Mit jedem Update ist eine deutliche Verbesserung zu spüren gewesen.

LB:
Da muss ich auch nochmal in die Bresche für euch springen. Ich war Beta-Tester und mir sind solche Sachen auch vorher nicht aufgefallen. Ich habe es natürlich nicht als Tool immer genutzt, es war teilweise ein bisschen buggy. Dann ist es mal abgestürzt, ich wusste nicht, ob meine Daten da sicher sind.

Wenn ich etwas aufschreiben wollte, wovon ich 100-prozentig sicher sein wollte, dass es hinterher noch funktioniert, habe ich es doch wieder in GoodNotes 4 gemacht. Ich habe mich da jetzt nicht tagelang hingesetzt und alles durchgetestet. Wenn man eine große Nutzerzahl hat, kommen solche Sachen dann eher raus.

GJ:
Genau, es soll auch überhaupt keine Entschuldigung sein. Es soll das Ganze auch nicht runterspielen, aber es ist leider so, das es einfach ein Problem bei Softwareentwicklung ist, dass man häufig bei Beta-Tests nicht das findet, was ein normaler Nutzer im täglichen Gebrauch finden würde. Gerade dadurch, weil wir in unserem eigenen Produkt die stärkste Konkurrenz hatten.

Eine Sache ist mir aber noch eingefallen zu meinen neuen Lieblings-Features. Das ist vielleicht auch ganz interessant, mal an dem Punkt anzuknüpfen, über den wir uns vor zwei Jahren unterhalten haben. Die Idee hinter GoodNotes 5 war ursprünglich, oder warum machen wir eine neue App, eine Lösung für dieses Problem mit der iCloud, also mit der Synchronisation, mit der Datensicherheit, was einfach funktionieren muss für einen digitalen Ersatz eines analogen Produkts wie Papier.

Das ist das Schöne an GoodNotes 5, wir verwenden da jetzt ein anderes, es funktioniert immer noch mit iCloud, es ist aber auf einem anderen, ich möchte jetzt nicht zu technisch werden, in einem anderen Container, heißt es in dem Fall. Wir verwenden da jetzt CloudKit, was deutlich stabiler ist und uns als Entwicklern auch ein gewisses Mitspracherecht gibt.

Das heißt, wir können auch Fehlern besser vorbeugen, sie auch im Nachhinein kontrollieren und nachvollziehen, was jetzt verkehrt gelaufen sein könnte. Und die Synchronisation ist deutlich stabiler, schneller und die Daten sind nochmal viel sicherer. Obwohl iCloud eigentlich schon sehr sicher war. Aber das ist auch eines meiner persönlichen neuen Lieblings-Features.

LB:
Es gibt ja nur den iCloud-Sync, dabei wird es auch bleiben oder werdet ihr auch andere Dienste wie Dropbox oder so zukünftig auch noch mit nutzen?

GJ:
Meinst du für die Synchronisation?

LB:
Ja, genau.

GJ:
Bei verschiedenen Geräten?

LB:
Ja, genau.

GJ:
Da kann ich jetzt noch nichts versprechen. Ich kann aber ein paar Details geben. Im Apple-Ökosystem ist es einfach so, dass iCloud das Nonplusultra ist, was einfach sehr gut in das gesamte Ökosystem integriert ist. Alle anderen Synchronisationsdienste sind da einfach so ein bisschen Fremdkörper. Wir schließen es nicht grundsätzlich aus, haben aber aktuell keine Pläne, die jetzt spruchreif wären.

LB:
Und das automatische Backup, was ihr nicht mehr habt in GoodNotes 5, wonach auch viele gefragt haben, wieso gibt es das nicht mehr?

GJ:
Das kommt auf jeden Fall wieder. Es sollte sogar, Stand heute, heute ist der 18. Februar, wenn mich nicht alles täuscht, in den nächsten zwei Wochen für Beta-Tester verfügbar sein. Dann, je nachdem wie es läuft, auch bald für die Öffentlichkeit.

LB:
Super.

Den zweiten Teil des Interviews werden wir am nächsten Montag veröffentlichen.