Es gibt Berufe und Tätigkeiten, in denen es ohne einen maximalen Perfektionismus nicht geht. Von einem Hirnchirurg, Flugzeugmechaniker oder Edelsteinschleifer darf ruhigen Gewissens nichts anderes erwartet werden, als dass er sein Handwerk perfekt beherrscht.
Jedoch sind die wenigsten Unternehmer mit solcherart Tätigkeiten befasst – sie benehmen sich aber leider so. Perfektionismus hat nämlich nicht nur Vorteile.
Hier eine kurze Zusammenfassung des Podcasts:
Folgen falschen Perfektionismus
Maurer sind eher grobe Burschen. Deren Leitspruch lautet: „Nach fest kommt kaputt, nach kaputt kommt ab“. Das bedeutet: Wenn eine Arbeit getan ist, ist sie getan. Jeder weitere Input in eine Sache
macht sie eben NICHT besser.
Im besten Fall verschwendest du nur Zeit – im schlimmsten Fall ruinierst du alles, was du vorher erreicht hast. In jedem Fall folgt auf die an sich unerreichbare Zielvorstellung „Es muss immer alles absolut perfekt sein“ nur eines: Frustration. Du frustrierst dich, deine Mitarbeiter und deine Kunden. Das ist deinem Erfolg nicht unbedingt zuträglich.
Symptome eines übertriebenen Perfektionismus
Wann wird aus „Gut“ das beruhigende „Perfekt“ – und wann aus dem „guten Perfekt“ das „kranke Überperfekt“ ? Stell dir drei Fragen, um dein Verhalten kritisch zu analysieren, dann findest du es heraus:
1. Hast du eine Fehlertoleranz?
2. Kannst du deligieren?
3. Kannst du vergeben – dir selbst und anderen?
Wenn du jetzt nur zwei Mal mit „Nein“ geantwortet hast, bist du auf dem besten Weg in die Falle der Über-Perfektion. Und damit kannst du nur scheitern.
Wie kommst du aus der Perfektionsfalle?
Auch die teuerste CNC-Fräse für Feinmechanik braucht eine gewisse Toleranz, innerhalb dessen die hergestellten Bauteile liegen dürfen. Daran siehst du: Die absolute Perfektion gibt es nicht und das ist auch gut so. Die leichte Unschärfe, der kleine Fehler setzt dein Projekt nicht herab, sondern zeugt eher von deinem Zielbewusstsein und Effizienz.
Die Toleranz eines Fehlers bedeute auch, dass du keine Zeit auf Unwichtigem verschwendest. Und das kann nur von Vorteil für dich und deine Ziele sein.
Acht Punkte für den besseren Umgang mit Ergebnistoleranz
- Finde den schmalen Grad zwischen akzeptablen Ergebnis und neurotischem Perfektionismus
- Nimm Abstand von der Alles-oder-Nichts-Mentalität. Sie ist und bleibt eine Illusion.
- Wenn du mit 20% Aufwand bereits 80% deines Ziels erreicht hast, dann hast du in der Regel auch das akzeptable Ergebnis erreicht. Ab diesem Zeitpunkt kannst du nur noch 20% verbessern und musst dafür 80% der verbliebenen Zeit opfern. Dies nennt man auch die 80-20 Regel oder das „Pareto-Prinzip“.
- Lerne dir und anderen zu vergeben. Wenn die 80% Ergebnis wirklich einmal nicht gereicht haben sollten, dann nimm es als Lektion, die du beim nächsten Mal besser machst. Wenn deine Mitarbeiter ebenfalls 80% erreicht haben, dann schau auf ihre Erfolge und nicht auf ihre Fehler. Es gibt nicht umsonst den Beruf des Lektors: Die eigenen Fehler sieht man nun mal nicht, die von anderen springen dagegen sofort ins Auge.
- Bleib gesund und das um jeden Preis. Gebe Dir selbst die höchste Priorität. Nimm keinen Ärger mit nach Hause und belaste auch deine Mitarbeiter nicht mit schlechter Laune. Ernähre dich gesund, bewege dich ausreichen und schlafe genug – die Arbeit wird dadurch nur besser.
- Freue dich über deine Ideen aber mach nicht aus jedem Geistesblitz ein neues Projekt. Du kannst dich nur verzetteln und umso weniger Energie für die übrigen Projekte haben. Schreib auf, was dir
so durch den Kopf geht, das lagert die Ideen aus und sie gehen nicht verloren. Für alles gibt es eine Zeit. Bestehle dich nicht selbst um die Erfolgserlebnisse aus den aktuellen Projekten, sondern nutze deren Energie für die neuen Ideen. - Du kannst nicht alles selbst machen. Nutze die Stärken deiner Mitarbeiter und Dienstleister und delegiere, was sich delegieren lässt. Die Zeit und Kraft die du damit sparst, kommt deinen eigenen Projekten zu Gute.
- Du kannst nur gewinnen. Feiere es entsprechend. Ist dein Projekt erfolgreich, dann bestätigt es deine Ideen, Konzepte und deinen Einsatz. Ist es dagegen ganz oder teilweise gescheitert, dann gewinnst du wertvolle Erfahrungen. Analyse einen Flop gründlich und zieh so viel Nutzen daraus, wie du kannst. Auch das gibt dir die Kraft um weiter zu machen. Denn eins ist sicher: Unsere Fehler sind unsere größten Lernquellen.
Es gibt viele Fallen auf dem Weg zum Erfolg. Überperfektion ist eine davon. Lass dich nicht von deinem eigenen Anspruch einsperren. Du bist auch nur ein Mensch.
Welche Erfahrungen habt Ihr, mit Perfektionismus gemacht? Was tut Ihr dagegen? Ich freue mich auf eure Anregungen in den Kommentaren.
Aporpos perfekt: Was ist das für ein neuer Halleffekt in den Podcasts? Den finde ich leider gar nicht perfekt.
Ja, danke für der Hinweis. In der letzten Aufnahmesequenz hatte wir ‚kleiner‘ technische Probleme. Ab März wird es wieder besser, auch ohne Perfektionismus 🙂
Das Pareto-Prinzip sollte im Ingenieurs- oder Technikerstudium zum Pflichtfach werden. Das würde viele überperfekte Entwicklungen vermeiden, deren Erfüllung dann in der Produktion überproportional teuer wird. So einfach wie möglich, so perfekt wie nötig. Wer wie ich auch im Qualitätsmanagement tätig ist, kann ein Lied davon singen.
Wohin Perfektion um jeden Preis führt, lässt sich aktuell bei Volkswagen beobachten.
Mit der Perfektion in der Selbstorganisation verhält es sich genauso. Man kann nicht alles erledigen, manche Sachen bleiben am Ende des Tages halt mal liegen.
Mein alter Produktionsleiter hat vor vielen Jahren mal einen klugen Satz gesagt :
“ Was heute eilig ist, ist morgen auch noch eilig „
Beim Lesen dieses Podcasts fiel mir auch der mit dem Hamsterrad wieder ein. Das greift ja ineinander. Überperfektion treibt einen ins Hamsterrad…
Grüsse Thomas
Ja, als Pflichtfach, das wäre wirklich ein guter Ansatz.
Hallo Lars,
Sehr toller Artikel! Ich sehe es genauso wie du, dass Perfektion leider in vielen Bereichen zu hoch geschrieben wird. Oft leidet dann das Resultat darunter.
Das Paretoprinzip habe ich nun schon seit einiger Zeit in meinem Mindset verankert und hauptsächlich davon profitiert.
Viele Grüße
Merlin