Herzlich willkommen zum Podcast Selbstmanagement. Digital. Wir geben Orientierung im digitalen Dschungel, so dass wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben bleibt. Heute habe ich den Bernhard Kalhammer zu Gast. Bernhard ist wirklich ein richtiger Start-up Profi. Er hat nicht nur den Start-up Hacks-Podcast, sondern er ist auch selber erfolgreich in der Start-up Szene und er hat unter anderem die Plattform, die wir alle kennen, Kinoheld, mitgegründet.

Heute spreche ich mit ihm erstmal, was so die Start-up-Szene ausmacht, aber auch, was die Old Economy, also was Handwerksbetriebe oder ein Küchenstudio, da gehen wir auch dann wirklich ganz konkret drauf ein, von Start-ups lernen können. Aber auch umgekehrt, was die Start-ups von der Old Economy lernen können. Sehr spannender Podcast und vor allen Dingen sein Buchtipp, der ist ganz einmalig und richtig spannend.

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Bernhard Kalhammer

Podcast:
Startup Hacks

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App-Empfehlungen:
MeisterTask
Mindmeister
Canva

Buch-Publikationen:(*)
Start-up Hacks, was Unternehmen wirklich voranbringt von Bernhard Kalhammer

Buchempfehlung: (*)
Contagious von Jonah Berger

Transkript

LB = Lars Bobach
BK = Bernhard Kalhammer

LB:
Bernhard, schön, dass du da bist. Mich würde jetzt interessieren, du bist Profi, was Start-up-Hacks angeht, bei mir in meiner Zeit hieß das Ganze ja noch Existenzgründung. Wo liegt der Unterschied zwischen Existenzgründung und Start-up oder ist es dasselbe?

BK:
Lars, herzlichen Dank, dass ich bei dir im Podcast sein darf. Es freut mich echt sehr. Sehr cool auch unser Vorgespräch gerade, hat echt sehr großen Spaß gemacht. Deswegen freue ich mich jetzt mega auf das Interview.

Und ja, den Begriff gab es natürlich schon früher mal, Existenzgründung und heute Start-up Unternehmer. Ich glaube einfach, das Thema Start-up ist mit dem Begriff Start-up ein bisschen sexier geworden, also als Existenzgründung, vor allem jetzt in der jüngeren Zielgruppe sozusagen. Aber ich glaube vor allem, was heute so einen Start-up ausmacht, sind mehrere Punkte.

Es gibt einen Überbegriff, das Start-up Mindset. Es hört sich so dahergeredet an, aber so ein Start-up Mindset ist im Endeffekt in einer Firma eine gewisse Einstellung der Mitarbeiter, die es immer mit sich bringt, dass das ganze Team immer konstant lernt. Dabei wird nie vorausgesetzt, dass du etwas kannst, sondern du lernst auf dem Weg. Du verbesserst dich „on going“ die ganze Zeit und erweiterst dadurch dein Skill-Set, also deine ganzen Fähigkeiten, die du als Unternehmer oder als Führungsperson bei einem Start-up so hast.

Dann agierst du ganz schnell am Markt, du musst ganz schnell auf bestimmte Veränderungen eingehen können, denn du hast vielleicht dein Unternehmen gegründet mit einem ganz anderen Businessmodell und auf einmal stellt sich heraus, dass die Kunden eigentlich etwas ganz anderes haben wollen. Dann musst du ganz schnell reagieren können.

Du lernst aus Fehlern und gehst auch mal Risiken ein. Das ist auch ganz normal bei uns Unternehmern, das machen wir eigentlich täglich. Aber bei einem Start-up ist es schon nochmal ein bisschen risikobehafteter, weil die erstmal gar nicht wissen, ob ihr Businessmodell so am Markt funktioniert oder ob sie es drehen und neu aufsetzen müssen.

Die haben eine Teamkultur, das ist jedem von uns schon mal über den Weg gelaufen. Egal, ob er drüber gelesen hat, vielleicht noch aus dem eigenen Netzwerk. Die Teamkultur bei Start-ups ist extrem, wirklich wie eine große Familie. Die gehen durch dick und dünn und man hält zusammen und kämpft zusammen an vorderster Front. Folglich haben auch die einzelnen Teammitglieder in einem Start-up relativ viel Freiraum und Verantwortung. Es geht gar nicht anders, denn es sind noch nicht die ganzen Menschen da, die die verschiedenen Positionen übernehmen könnten, wenn wir zum Beispiel in der Führung sind. Es gibt da nicht einen Manager und zehn Untergeordnete, sondern erstmal einen, der das Thema beantwortet und den Hut aufhat. Folglich hat er auch relativ viel Verantwortung. Aber auch viel Freiraum, dass er neue Ideen implementieren und umsetzen kann.

Das Allerwichtigste bei dem Start-up Mindset ist das Thema Ego. Das kennt man vielleicht aus größeren Unternehmen, vor allem so im Mediensektor, wo ich eigentlich herkomme. Da gibt es immer ganz große Egos, da haben die Manager immer riesengroße Egos. Es ist aber bei einem Start-up echt problematisch. Wenn du ein großes Ego hast, dann blockst du gewisse Dinge. Deshalb ist es meist und idealerweise so bei einem Start-up, dass, egal wie groß dein Ego ist, es wird immer hinter das Produkt oder hinter die Unternehmensmission gestellt. Und das macht so ein Start-up aus, jetzt mal einfach so roundabout, einfach mal zusammengefasst.

LB:
Für mich ist es auch so, das kann ich unterstreichen. Bei mir ist es so, Start-up, man weiß noch eigentlich nicht, womit man Geld verdient. Man hat zwar eine Idee und fängt auch damit an, aber das entwickelt sich ja immer. Ich hatte auch hier schon Business Angels drin, Hansi Hansmann, der erfolgreichste Business Angel aus Österreich, der auch sagte, bei seinen Start-ups wird hinterher damit Geld verdient, womit sie auf jeden Fall nicht angefangen haben. Es hat sich immer auf dem Weg ergeben. Und eine Existenzgründung ist meist so Old Economy, im Handwerksbereich oder man hat wirklich schon ein fertiges Produkt, was sich auf dem Markt auch schon etabliert hat.

BK:
Genau, war Hansi nicht auch bei Runtastic mit am Start?

LB:
Ja, genau. Da war er Mitinvestor, unter anderem auch bei MySugar, also eine richtige Erfolgsgeschichte. Den hatte ich hier im Interview, das war ein ganz tolles Interview.

BK:
Sehr cool.

LB:
Es ist noch nicht so lange her. Er hat auch vom ewigen Lernen gesprochen. Das ist wirklich das, was die Old Economy, so ein kleiner mittelständischer Unternehmer, aber auch vielleicht ein größerer Mittelständler, wirklich von den Start-ups lernen kann, dieses Mindset. Oder wie siehst du das?

BK:
Definitiv, da wirklich dieses Mindset zu adaptieren, dieses Start-up Denken sozusagen, Dinge auch mal schnell auszuprobieren, bevor man sie lange auf einem Blatt Papier niederschreibt. Es ist wichtig, einen Plan zu haben, aber es ist noch viel wichtiger, schneller erste Ergebnisse zu bekommen, ob diese Idee oder das neue Projekt oder Feature oder die neue Dienstleistung vielleicht, die man jetzt etablieren möchte am Markt, auch wirklich von den Kunden angenommen wird.

Und in der Theorie hört es sich immer toll an, man kann sich die schönsten Dinge ausmalen. Aber ob es am Ende in der Praxis funktioniert, weiß man nicht. Deswegen bin ich ein sehr großer Fan davon, die Dinge schnell zu testen, schnelles Kunden-Feedback einzuholen, denn darum geht es am Ende. Ein Produkt oder eine Dienstleistung wurde immer für einen Kunde entwickelt und nicht für den, der es entwickelt. Deshalb brauchst du relativ schnell immer das Feedback, um dann auch wirklich die richtige Dienstleistung oder das richtige Produkt, das vom Markt gefordert wird, auf den Markt zu bringen.

LB:
Es ist relativ untypisch deutsch, wir sind doch eher die Planer, die Abwäger, die Zweifler. Wie kann man das reinkriegen in so ein älteres, eingesessenes Unternehmen?

BK:
Es ist wichtig, einfach mal damit anzufangen. Man muss nicht gleich das nächste Facebook entwickeln oder wie auch immer dieses Produkt aussehen möchte. Man sollte einfach mal loslegen und die ersten kleinen Tests machen. Das heißt, einfach mal eine neue on top Dienstleistung zu launchen. Wir hatten im Vorgespräch kurz darüber gesprochen, mit wem du es heute zu tun hast, wer auch die Zuhörer im Podcast sind und um da auch ein bisschen Value einfach mit reingeben zu können, können wir gern direkt auch immer so Fachbeispiele aus der Praxis für die Zielgruppe liefern am Ende.

Es kann tatsächlich auch sein, dass du sagst, du bist zum Beispiel ein Handwerker oder der Betreiber eines Küchenstudios. Dann kannst du mal testen mit einer neuen Dienstleistung, die dir vielleicht schon lange im Kopf herumschwirrt. Was könnte das für eine neue Dienstleistung sein im Küchenstudio, Lars?

LB:
Man könnte sagen, ich biete Kochevents an bei den Kunden. Wenn sie eine neue Küche haben, kochen die vielleicht gern, dass ich vielleicht einen Koch habe, der es richtig gut macht und vermiete diesen an die Leute, die diese tolle Küche haben. Die zeigen die dann auch mal gerne her im Freundeskreis. Und wenn sie dann noch einen Koch dabeihaben, das wäre eine gute Idee.

BK:
Genau diese Idee kannst du dann bei einer kleinen Zielgruppe, bei einem kleineren Kundenkreis, testen. Du sagst einfach mal, ich nehme mir 20 meiner Kunden heraus, bei denen ich denke, da könnte es funktionieren. Die könnten Interesse daran haben und schickst einfach mal eine E-Mail heraus. Das kann auch ein Brief sein. Das würde ich eh empfehlen, denn das elektronische Postfach quillt heutzutage über. Wir haben extrem viele Mails und Newsletter etc. am Start. Es wird relativ schnell in den Spam gelangen oder gelöscht.

Es muss schon ein sehr guter Content sein, damit ich für mich den Content lese. Deshalb auf jeden Fall die analoge Inbox nutzen und einen richtigen Brief rausschicken. Das machen Küchenstudios bzw. Handwerker aber eher. Das einfach mal an 20 Kunden rauszuschicken und zu gucken, wie das Feedback ist. Wie wird es angenommen? Gibt es Interesse, könnte es eine tolle Dienstleistung sein? Dann erfährt man es relativ schnell, denn das Feedback des Kunden ist sehr ehrlich und schnell im besten Fall. Dann kann man sich den nächsten Schritt überlegen.

LB:
Ein guter Tipp, so etwas habe ich mit meinen Workshops hier in meinem Selbstmanagement Business auch gemacht. Ich habe meine Hörer gefragt, sie angerufen, was sie sich von mir wünschen würden. Dann kamen die Workshops und auch die Idee der Selbstmanagement Akademie. Das war nicht meine Idee, es war die Idee meiner Podcast-Zuhörer und meiner Leser des Blogs, sie ist ein großer Erfolg. Man kann da wirklich seine Kunden einfach mal fragen.

BK:
Genau, super, finde ich sehr stark. Genau so läuft es idealerweise. Der Kunde möchte immer etwas von dir. Du lieferst dem Kunden eine Dienstleistung oder ein Produkt, das er benötigt. Sich selbst kann man immer die tollsten Produkte ausmalen, aber ob es am Ende gekauft wird oder auch wirklich gebraucht wird, ob der Need da ist, ist immer fraglich.

Deshalb testen, genauso, wie du auch mal in der Community oder im Käuferkreis in die Gruppe reinfragst, was sie wollen und wie man ihnen helfen kann, das Problem erfragen. Und für dieses Problem schaffst du dann eine Lösung.

LB:
Genau, auch da keine Angst haben. Es wird auch mal nach hinten losgehen. Ich habe auch schon Produkte auf den Markt gebracht, die meine Community überhaupt nicht wollte, wo ich aber dachte, das sei garantiert das, was sie wollen. Es haben mich zwei Personen gefragt und es muss das Produkt sein und das hat dann nicht funktioniert. Das ist aber auch okay, das muss mal einfach testen.

BK:
Das sind die Fails als Unternehmer, die kennen wir alle.

LB:
Aber da tun sich auch viele schwer, das trauen sich nicht alle.

BK:
Stimmt, da ist das Wichtige, auch wieder mit diesem Start-up Mindset heranzugehen, damit man schon im Vorfeld weiß, die Möglichkeit ist hoch, dass das Projekt scheitert oder vielleicht nicht so funktioniert, wie ich es mir ausmale. Aber ich teste es einfach und dann habe ich Sicherheit und weiß durch die Ergebnisse, ob es funktioniert. Und wenn man mit diesem Mindset an die Projekte rangeht und sich im Vorfeld im Klaren ist, dass es auch scheitern könnte, ändert sich ganz schnell der Blickwinkel auf solche Projekte.

LB:
Und umgekehrt? Wir haben viel darüber gesprochen, was so Old Economy, was ein Küchenstudio von dem Start-up Mindset lernen kann. Old Economy ist nicht grundsätzlich langsam oder schlecht, was können Start-ups von unserer Old Economy lernen?

BK:
Die Implementierung von Prozessen und Organisationen, da ist die Old Economy richtig gut. Im Organisationsaufbau, wie so eine Firma am Ende aussieht nach einer gewissen Zeit. Und als Start-up bist du echt noch mega dynamisch unterwegs, du schwimmst noch alleine in der ganzen Aufgabenflut, die du hast, in deiner Kundenflut idealerweise. Da ist es sehr vorteilhaft, mit jemandem aus der Old Economy zu sprechen oder mit jemandem, der schon länger im Business ist und schon 10 Jahre am Markt ist mit seiner Unternehmung.

Von dem kann man viel lernen, was die Implementierung von Prozessen angeht, von Strukturen, von der Organisation etc. Wie man vielleicht auch das Thema Personal richtig aufbaut, Personalakquise, das Thema Employer Branding etc. Da gibt es so viele Punkte, die man sich da abschauen kann bzw. von denen man sich inspirieren lassen kann. Es muss nicht immer das Start-up sein, die beiden können sich auch gut mal an einem Tisch setzen und sich austauschen. Der eine kann vom anderen sehr viel lernen.

LB:
Ich bin eher ein dynamischer Typ, ich habe auch in meinen Firmen immer gern Dynamik und Veränderung. Ich merke aber auch, dass ich damit Mitarbeiter irgendwann auch überfordere. Deshalb glaube ich, dass man da lernen kann, es auch mal gut sein zu lassen, auch mal eine Ruhephase einkehren zu lassen, dass man sagt, jetzt konsolidieren wir mal und gucken, dass wir das erstmal so ans Laufen kriegen. Genau wie du sagst, auch mit den richtigen Prozessen, die dann noch folgen werden, wenn man seine Ideen mal implementiert hat. Es ist auch wichtig für die Mitarbeiter, um diese mitzunehmen. Wenn man nur immer neu macht, fühlt sich irgendwann jeder überfordert.

BK:
Auf jeden Fall, da stimme ich dir zu 100 Prozent zu, Lars.

LB:
Ich habe auch mal ein Interview hier geführt mit dem Kontist-Gründer. Debitoor hat er auch gegründet und er ist totaler, ich will nicht sagen, Feind, aber er nennt es die Rocketisierung unserer Start-up-Kultur, dass man 80 Stunden pro Woche arbeitet. Davon ist er überhaupt kein Freund. Er kommt aus Dänemark und sagte, diese Work-Life-Balance, ich nenne sie gerne Work-Life-Integration, geht beim Start-up unter. Es wird immer nur gearbeitet, 16 Stunden täglich, wie ist deine Erfahrung?

BK:
Hatten wir auch, hat auch jeder schon mal durchlebt. Egal, ob er in einem Start-up war oder in einem Unternehmen. Wenn es mal hart auf hart ging und man ranklotzen musste, hat man es natürlich gemacht. Aber es stimmt schon ein bisschen, da gebe ich dir recht, dass sehr viel gearbeitet wird in den Start-ups, vor allem in der Anfangszeit. Was ich für mich gelernt habe und hier als Tipp gebe: Start-ups haben generell das Problem, dass sie sehr viele einzelne Projekte und Aufgaben auf dem Tisch haben. Manchmal ist die Flut so groß, man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Für mich als Vorteil hat sich über die Jahre entwickelt, dass ich mich wirklich auf das Thema Fokus fokussiert habe.

Ich bin ganz tief im Bereich Fokus eingestiegen und habe mir überlegt, wie kann ich diese ganze Aufgabenflut so sortieren und für mich strukturieren, dass ich am Ende effektiver werde und nicht all night long machen muss und nicht den ganzen Tag den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehe, sondern wirklich effektiv und strategisch an die Sache rangehen kann. Da hat sich wirklich eine Herangehensweise als sehr effektiv herausgestellt. Das ist das eine wichtige Ding des Tages zu identifizieren.

Du hast zum Beispiel auf einer Tages-To-Do-Liste 10 Aufgaben stehen. Und die Kunst ist es jetzt, von diesen 10 Aufgaben die eine Aufgabe zu identifizieren, die alle anderen Aufgaben obsolet macht. Dieser erste Dominostein, der alle anderen Dominosteine zum Fallen bringt. Wenn du das schaffst, bist du auf einer sehr guten Erfolgsspur, denn viele Aufgaben fallen dann auch einfach weg.

Alleine wie viele E-Mails wir täglich schreiben. Es wird so viel von uns gefordert. Da will immer jemand etwas von uns eigentlich, ein Feedback oder eine Antwort. Ich habe mir angewöhnt, diese Sachen immer relativ weit nach hinten zu schieben und erst immer meine eigenen Aufgaben in den Fokus zu rücken und aus diesen einzelnen Aufgaben diese eine Aufgabe zu identifizieren, die alle anderen Aufgaben umwirft.

Da gibt es eine ganz gute Herangehensweise, Pareto kennt jeder von uns, du identifizierst die wichtigsten 20 Prozent, die 80/20 Regel, es gibt dann Pareto extrem. Dabei identifizierst du von deinen 10 Aufgaben die wichtigsten 20 Prozent und von diesen 20 Prozent, die du schon aussortiert hast, da identifizierst du diese allerwichtigste Aufgabe. Wenn du die gelöst hast, hast du so viel an diesem einen Tag geschafft, das hättest du wahrscheinlich, wenn du Multitasking betrieben hättest, nie im Leben geschafft.

Multitasking ist meiner Meinung nach die größte Zeitverschwendung, weil du einfach nicht den Fokus auf die einzelnen Aufgaben kriegst, um viel zu schaffen. Du arbeitest sehr viel an verschiedenen Dingen und wirst immer wieder herausgerissen aus den einzelnen Aufgaben und kannst sie nicht perfekt abschließen. Du schließt sie irgendwie ab, damit es passt, aber nicht perfekt.

LB:
Das ist absolut meine Meinung mit dem Multitasking, das funktioniert nicht. Stellen wir uns vor, es gibt Leute, die auf langen Stangen Teller drehen. Wenn wir das auf 10 gleichzeitig machen müssten, wie sähe das aus? Es würde gar nicht funktionieren. Genauso ist Multitasking, es funktioniert nicht. Natürlich ist klar, wir müssen die eine Aufgabe des Tages, das ist ja meine „Mach dein Ding“-Aufgabe, diese wichtigste eine Aufgabe des Tages, herausfiltern.

Meine Erfahrung ist da, dass oftmals gar nicht klar ist, was denn diese Aufgabe sein könnte, weil sie nicht auf der To-Do-Liste landet. Da landen oft nur Dinge drauf, die dringend sind und nicht wichtig. Da muss man dann nochmal unterscheiden. Aber das geht jetzt zu weit hier, wir haben schön die Kurve gekriegt von Start-up zu Selbstmanagement. Du hast ein Buch geschrieben, die Grundlage ist dein Podcast, der Start-up Hacks-Podcast. Erzähle uns doch mal kurz etwas dazu.

BK:
Das ist ein Podcast, in dem ich verschiedene Gründer aus Deutschland auch international interviewe. Es geht immer um die besten Kniffe, die sie angewandt haben, die ihr Unternehmen zu einem Wachstum geführt haben. Ein Unternehmer hat einen Kniff angewandt und auf einmal ging sein Unternehmen durch die Decke. Darum geht es, es ist die Quintessenz, wirklich die besten Hacks zu identifizieren, die dir dann für dein eigenes Business weiterhelfen.

Der Podcast hat mittlerweile ungefähr 80 Folgen, ich bin noch nicht ganz so weit wie du, Lars. Er war tatsächlich die Grundlage für mein Buch: Start-up Hacks, was Unternehmen wirklich voranbringt(*). Ich habe aus den 80 Interview, damals waren es 60, die 20 besten Kniffe/Hacks meiner Podcast-Gäste identifiziert und deren Story mit in das Buch eingebaut. Das Buch beinhaltet 20 Protagonisten mit ihren eigenen Storys zu ihren Unternehmen. Es sind immer schöne Geschichten dabei, es liest sich nicht trocken, sondern total spannend. Es ist sehr viel Storytelling dabei zu den einzelnen Hacks.

Aber dann gibt es von mir noch eine Handlungsempfehlung, wie man diesen Hack auch für sich selbst umsetzen kann auf das eigene Business. Wir sind nicht beschränkt auf Technologie-Start-ups oder auf Dienstleistungen. Es ist sehr allgemein gehalten, man kann sich einfach inspirieren lassen und einen Impuls mitnehmen, der vielleicht im besten Falle dazu führt, dass man selbst einen eigenen Kniff in seiner Firma anwenden kann.

LB:
Wenden wir hier mal Pareto an, wären wir bei 20 Prozent, das sind 4 und dann machen wir Pareto extrem, da sind wir bei einem. Was ist dein Lieblingshack aus deinem Buch?

BK:
Es gibt so viele, es ist echt schwierig.

LB:
Ein bisschen Geschmack musst du uns mal machen darauf.

BK:
Ich komme jetzt mal mit einem Hack, der vielleicht auch regional bezogen ist. Wir wollen ein Aha-Erlebnis schaffen und dass der Zuhörer etwas mitnimmt. Ein toller Hack war von Dr. Roman Rittweger aus München. Roman hat ein Technologie-Start-up gegründet, es heißt Ottonova, es ist Deutschlands erste digitale private Krankenversicherung. Die Kollegen haben sich eine echt witzige Aktion einfallen lassen.

Sie haben zur Bundestagswahl eine Guerilla-Marketing Kampagne gemacht, wo sie Plakate entwickelt haben, die die Gründer von Ottonova in Design und Layout der jeweiligen Parteien dargestellt haben, also als SPD, als Grüne und haben diese Plakate während der Bundestagswahl aufgehängt an reichweitenstarken Orten, in München, Hamburg, Berlin. Wirklich große Plakatwände behängt und Folge war, dass das Ding durch die Presse ging. Sie waren beim Handelsblatt, beim Managermagazin, bei der B&V, also bei echt großen Portalen vertreten und haben eine wahnsinnige PR-Lawine losgetreten mit einer relativ einfachen Kampagne, die sie auch selbst umgesetzt haben.

Die hatten keine externe Agentur, diese Idee kam den Mitarbeitern. Sie haben das Ganze umgesetzt, haben ein bisschen in die Plakatwände investieren müssen. Ansonsten war es relativ schlank, es war jetzt kein 100.000 Euro Invest. Aber sie hatten eine riesige Reichweite dadurch generiert, also echt spannend. Und lieber Zuhörer, wenn dich interessiert, wie das aussieht, kannst du einfach mal bei Google nachgucken und einfach mal Ottonova Bundestagswahl eingeben. Da siehst du die Plakate, die sind echt genial.

LB:
Tolle Geschichte. Wenn ihr auf den Geschmack gekommen seid, was das Buch angeht, wir werden es hier verlinken in der Podcastfolge und auch im Artikel zu diesem Podcast. Bernhard, vielen Dank für dein Insiderwissen, was die Growth-Hack Szene angeht. Ich würde gern zu den Schlussfragen kommen. Da bitte ich immer um kurze und präzise Antworten. Bist zu bereit?

BK:
Sehr gerne, immer bereit.

LB:
Super, dann, Bernhard, legen wir los. Welcher ist dein wichtigster Produktivitätstipp? Du hast eben schon mit der MDD-Aufgabe das gesagt oder „eat that frog“ oder die wichtigste Aufgabe des Tages. Hast du noch einen?

BK:
Einen finde ich immer sehr gut, vor allem ist es eher ein Tool-Tipp, den hat jeder von uns auf dem Rechner, wenn er ein Apple-Produkt nutzt. Ich bin totaler Fan der Notizfunktion und packe eigentlich alles, was mir gerade durch den Kopf schwirrt, hinein und identifiziere daraus die wichtigsten Tasks für mich und breche alles runter. Es ist für mich ein wahnsinniges Produktivitätstool, was ich gern nutze.

LB:
Wie oft guckst du hinterher da rein, damit du deine Notizen dann in ein Projekt umsetzt?

BK:
Täglich, es ist meine Basis. Dann geht es weiter mit verschiedenen Tools, ich nutze Meistertask, Mindmeister etc. Da flutschen dann die identifizierten Tasks rein, aber erstmal niederschreiben tue ich es immer in der Notizfunktion.

LB:
Hast du sonst noch eine App oder einen Internetdienst, welchen du der Selbstmanagement. Digital.-Community empfehlen kannst?

BK:
Ich entwickle häufig Grafiken, das muss heute fast jeder von uns machen, wenn er in sozialen Netzwerken unterwegs ist, wenn er einen Business-Account hat bei Facebook, bei Instagram etc. Ich glaube, deine Zuhörer kennen den Hack schon, aber ich nutze sehr gern den Webdienst von Canva, weil du dadurch super Grafiken erstellen kannst und das alles kostenlos ist. Du musst keinen Grafikdesigner beauftragen, du kannst mit diesem Tool tolle Grafiken bauen für deine nächste Marketingkampagne, Blogpost, Podcastpost. Du hast da sehr viele kreative Möglichkeiten, um deine eigenen Designs zu entwickeln.

LB:
Was war denn deine größte Herausforderung als Unternehmer und was hast du daraus gelernt?

BK:
Als die Firma, die ich vor kinoheld gegründet hatte, das war STYLSTER, eine online Buchungsplattform für Beauty- und Wellnesstermine. Als wir akzeptieren mussten, dass das Ganze nicht so funktioniert, wie wir es uns vorgestellt haben, die Firma zu liquidieren und zuzumachen. Wirklich nach 1,5 Jahren und sehr viel Geld, das wir investiert haben, ich vor allem, an die 30.000 Euro, die ich da versenkt habe mit der Entwicklung, dann zu sagen, wir machen das Ding zu und starten etwas Neues. Am Ende waren wir „nur“ einen Nachmittag und einen Abend traurig, haben mit einem Bierchen darauf angestoßen. Am nächsten Tag saßen wir schon beim Notar und haben die nächste Firma gegründet, das war Kinoheld, die war sehr erfolgreich, die haben wir zum deutschen Marktführer aufgebaut und dann an den zweitgrößten Tickethändler der Welt verkauft, in einem Exit an CTS Eventim.

LB:
Also, gelernt hast du, den Kopf nicht in den Sand stecken, sondern einfach weitermachen?

BK:
Dranbleiben, Lars, das ist das allerwichtigste! Einfach Ausdauer, wie bei einem Sportler. Der kann auch nicht seinen Kopf in den Sand stecken, wenn er mal als Fußballspieler kein Tor geschossen oder einen Elfmeter verschossen hat. Es geht weiter, am nächsten Tag steht er wieder auf dem Platz! So ist es bei Unternehmern auch.

LB:
Welches Buch hat dich denn als Unternehmer und Mensch am meisten geprägt?

BK:
Da gibt es eines, das empfehle ich eigentlich immer an dieser Stelle. Und zwar heißt das Buch Contagious von Jonah Berger(*).

LB:
Worum geht es da?

BK:
Wie du es schaffst, dass du Mundpropaganda erzeugst im digitalen Zeitalter. Es ist echt sehr spannend, wirklich dieses Thema Word of Mouth Marketing, wie du es schaffst, es aus dem Analogen herauszuholen und digital zu erzeugen. Das ist wieder so ein Hand in Hand. Du schaffst es dann, dass du eine analoge Mundpropaganda mit einer digitalen verschmelzt und daraus gibt es ein extremes Wachstum für deine Produkte oder für deine Dienstleistung.

Es gibt da ein cooles Beispiel, da können sich die Zuhörer dann auch etwas drunter vorstellen. Es gab zwei Jungs, die in New York unbedingt einen Hotdog-Laden aufmachen wollten und eine Bar. Du kannst dir vorstellen, in einem Block in New York gibt es ungefähr 50 Bars und 50 Hotdog-Läden. Also mussten sie irgendwie herausstechen. Sie haben ihren Hotdog-Laden aufgemacht, in den Laden haben sie eine alte Telefonzelle mit einem Telefon gestellt.

Du konntest dieses Telefon benutzen. Wenn du eine geheime Nummer kanntest, hat sich eine geheime Tür geöffnet und du konntest da durchgehen. Und auf einmal warst du in der angesagtesten Bar, die wirklich nur die Insider kannten, die die Nummer kannten. Sie mussten dann anrufen und ein Codewort sagen. Du kannst dir vorstellen, wie sich das herumgesprochen hat. Es war wirklich Mundpropaganda hoch 10, die sind heute immer noch voll und haben kann einziges Mal klassisches Marketing betrieben.

LB:
Welches ist denn der beste Ratschlag, den du jemals erhalten hast?

BK:
Dranbleiben, weitermachen und immer einen langen Atem haben. Vor allem in der heutigen Zeit wollen viele Start-ups den Erfolg gleich über Nacht. Gleich am nächsten Tag und am besten geht es sofort los. Aber so ist es halt nicht. Du musst einen gewissen Prozess durchleben als junger Unternehmer und das dauert halt einfach seine Zeit. Deshalb da auch wieder: dranbleiben und wenn du hinfällst, stehst du auf und machst weiter.

LB:
Vielen Dank bis hierhin. Bernhard, hat mich sehr gefreut, war super spannend, auch super Tipps, auch das Buch kommt bei mir direkt auf die Leseliste, ist ja klar. Wo findet dich denn jetzt die Selbstmanagement. Digital. Community im Netz, wie kann man mit dir in Kontakt treten?

BK:
Einfach auf meiner Webseite bernhardkalhammer.com. Oder Ihr findet mich natürlich in den sozialen Medien auf Instagram, auf Twitter, Facebook, auf LinkedIn natürlich auch, immer mit meinem Namen. Meinen Podcast findet Ihr auf allen gängigen Plattformen von iTunes, Spotify etc. „Startup Hacks“-Podcast.

LB:
Vielen Dank, Bernhard, hat Spaß gemacht. Danke schön.

BK:
Lars, war sehr cool, danke für deine Zeit und ich hoffe, ich konnte den einen oder andern Impuls mitgeben, den man dann auch für sein eigenes Projekt oder sein eigenes Unternehmen umsetzen kann.

LB:
Hundertprozentig, bei mir auf jeden Fall. Ich bedanke mich bei dir, Bernhard und wünsche dir natürlich und Euch wieder mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben.

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