Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Frag Lars. Heute widmen wir uns einer Frage, die mir immer wieder gestellt wird – besonders von Führungskräften, die in einer sogenannten Sandwich-Position stecken: also zwischen ihrem Team auf der einen und ihrem Chef auf der anderen Seite. Es geht um die spannende Frage: Wie kann ich meinen Chef führen – ohne dass er es merkt? Wie gehe ich mit überhöhten Erwartungen um? Wie sorge ich dafür, dass ich nicht überfordert bin und ausbrenne?

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Podcastfolge

Die Fokus-Tage

Pull statt Push: Das Chef-Management-Tool gegen Überforderung

In meinen Coachings, Fokus-Tagen und Seminaren erlebe ich es immer wieder: Führungskräfte, die sich zerrieben fühlen, zwischen ihren Aufgaben, den Erwartungen ihrer Chefs und dem Druck aus anderen Abteilungen. Regelmäßig bekomme ich Nachrichten wie:

„Lars, ich bin in einer Führungsposition, aber mein Chef überfordert mich mit Anforderungen von allen Seiten. Ich bin ständig gestresst – wie komme ich da raus?“

Und die Antwort darauf ist: mit Struktur, Klarheit und einem Perspektivwechsel. Ich möchte Dir heute ein Tool vorstellen, das sich in der Praxis vielfach bewährt hat und das ich provokant „Chef-Management-Tool“ nenne – obwohl es noch viel mehr kann.

Pull statt Push: Das System, das Dich schützt

Das Prinzip ist simpel, aber wirkungsvoll: Statt Dich von allen Seiten mit Aufgaben „zu pushen“ zu lassen – Chef, Kollegen, Abteilungen – gehst Du in einen Pull-Modus über. Du entscheidest, was Du wann bearbeitest. Und das Ganze wird so transparent gemacht, dass Dein Chef jederzeit nachvollziehen kann, woran Du arbeitest.

So funktioniert’s:

1. Zwei Listen führen

  • Parkplatz:
    Hier kommt alles rein: Aufgaben, Ideen, Projekte – ob von Dir, Deinem Chef oder von Kolleg:innen. Diese Liste darf unendlich lang sein. Sie ist nicht Deine ToDo-Liste, sondern ein Sammelbecken.
  • Aktiv-Liste:
    Maximal drei Aufgaben! Hier stehen die Dinge, an denen Du gerade aktiv arbeitest. Du überträgst erst etwas Neues, wenn ein aktives Projekt abgeschlossen ist.

2. Strikte Limitierung

Neue Aufgaben ziehst Du erst dann vom Parkplatz in die Aktiv-Liste, wenn Du eines der drei Projekte abgeschlossen hast. So vermeidest Du, Dich zu verzetteln oder zu überfordern.

3. Transparenz schaffen

Nutze Tools wie Trello, Meistertask oder den Microsoft Planner. Erstelle ein Kanban-Board, das Du mit Deinem Chef und Kolleg:innen teilen kannst. So sieht jeder, was auf Deinem „Parkplatz“ steht und woran Du aktiv arbeitest.

Der psychologische Vorteil: Nein sagen, ohne Nein zu sagen

Chefs handeln selten aus bösem Willen – sie haben oft schlicht keinen Überblick, was ihre Mitarbeitenden schon alles schultern. Viele Mitarbeiter:innen trauen sich nicht, Aufgaben abzulehnen. Sie schlucken still, schreiben alles auf ihre Liste – und brennen irgendwann aus. Dabei braucht es nicht einmal ein klares „Nein“, um Grenzen zu setzen.

So sagst Du „Nein“ – ohne „Nein“ zu sagen

Hier kommt die Magie des Pull-Systems ins Spiel. Wenn Dein Chef Dir eine neue Aufgabe gibt, gehst Du in den Dialog:

„Ich habe aktuell diese drei Themen in meiner Aktiv-Liste. Wenn ich das neue Projekt übernehmen soll – welches davon soll ich dafür zurück auf den Parkplatz schieben?“

Du entscheidest also nicht über Prioritäten – dein Chef tut es. Und Du sagst dabei kein einziges Mal „Nein“.
Das Ergebnis: Du behältst Deinen Fokus, Dein Chef fühlt sich eingebunden – und Du wirst nicht permanent überlastet.

Auch Kollegen profitieren davon – und Du erst recht

Das System funktioniert auch gegenüber Kolleg:innen: Statt jede spontane Anfrage sofort umzusetzen, bittest Du darum, sie in die Parkplatz-Liste (bzw. die entsprechende Karte) einzutragen – und zwar vollständig. Sobald alles Notwendige vorliegt, nimmst Du das Projekt bei Gelegenheit in die aktive Liste.

Ergebnis? Die typischen „Kannst Du mal eben …“-Anfragen erledigen sich oft von selbst. Nur wer wirklich will, liefert vollständig ab – und nur das landet in Deinem aktiven Arbeitsbereich.

Mein Praxistipp: Das Weekly Review

Einmal pro Woche ein kurzes Status-Meeting mit Deinem Chef – das ist Gold wert. Fünf bis zehn Minuten reichen. Ihr schaut gemeinsam auf Dein Board:

  • Was ist aktiv?
  • Was kann abgeschlossen werden?
  • Was soll nachrücken?

So entsteht Verständnis, Vertrauen und Priorisierung – gemeinsam. Und Dein Chef sieht klar, dass Du nicht faul bist, sondern fokussiert arbeitest.

Fazit: Du führst, ohne zu dominieren

Mit dem Pull-statt-Push-System kannst Du Dein eigenes Arbeitspensum steuern, Deine Prioritäten sichtbar machen und trotzdem kooperativ bleiben. Dein Chef merkt vielleicht gar nicht, dass Du gerade ihn führst – aber er wird merken, dass Du strukturiert, fokussiert und selbstverantwortlich arbeitest.

  • Nein sagen, ohne Nein zu sagen.
  • Führen, ohne zu dominieren.
  • Transparenz statt Überforderung.

Ein System, das Dich stärker macht – ganz ohne Konfrontation.

Wenn Du Fragen dazu oder zu meinen Themen hast – schreib mir gerne an fraglars@larsbobach.de.

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