Das Thema Existenzgründung mit Fanchisesystemen ist sehr aktuell:
Das Magazin ‚Der Spiegel‘ hat sich in einer seiner letzten Ausgaben auch mit dem Thema Franchisesysteme beschäftigt. Unter der Überschrift ‚Die Franchise-Falle‘ wird von gescheiterten Existenzgründern berichtet. Nach Schätzungen des Spiegels liegt der jährliche Schaden durch Insolvenzen bei ca. 500 Millionen Euro.
Das aus meiner Sicht interessanteste an dem Artikel im Spiegel: Nur 115 von 985 Franchisesystemen haben sich dem Systemcheck des Deutschen Franchiseverbandes (DFV) unterzogen. Unglaublich, die restlichen Systeme sind entweder gescheitert oder haben es nie versucht. Ein Armutszeugnis.
Auch ich hatte mich damals mit dem in dem Artikel erwähnten Franchsiesystem Business Education International (BEI) beschäftigt. Der geschilderte Fall des gescheiterten Franchisenehmers von BEI überrascht mich daher in keiner Weise.
Als ich damals mit den Verantwortlichen von BEI verhandelte, wurden mir tolle Umsatzzahlen und Verdienstmöglichkeiten in Aussicht gestellt. Das hörte sich alles traumhaft an, es fehlte nur an erfolgreichen Beispielen. Sie konnten mir nicht einen Franchisenehmer nennen, der die von Ihnen präsentierten Zahlen realisiert hatte. Damit war das Kapitel für mich sofort beendet.
Somit bleibt die alles entscheidende Frage:
Wie finde ich einen seriösen und nachhaltigen Franchisenehmer und sortiere die schwarzen Schafe aus?
Im Prinzip ganz einfach, nur leider lassen sich viele immer wieder täuschen. Achten Sie vor dem Abschluss eines Franchisevertrages auf die folgenden Punkte:
1. Lassen Sie sich ein Umsatzranking aller Franchisepartner zeigen
Eine Liste über die Umsätze aller Franchisenehmer sollte jedes Franchisesystem führen. Diese sollte auch kein Geheimnis sein und allen Partnern im System zugänglich sein, auch den potentiellen neuen Partnern.
Vergleichen Sie die vorgelegten bzw. mit Ihnen erarbeiteten Umsatz- und Renditezahlen mit denen aus dem Ranking und beantworten Sie sich die folgenden Fragen:
* Wie realistisch ist die Planung?
* Wie viele Partner haben die Zahlen in der Vergangenheit erreicht?
* Gibt es Potential nach oben, d.h. haben einige Partner die Zahlen deutlich übertroffen?
2. Stellen Sie Kontakt zu anderen Franchisepartnern her
Klingt logisch, wird jedoch von vielen angehenden Franchisenehmern nicht praktiziert. Nehmen Sie aber nicht nur zu den Referenzen die Ihnen der Franchisegeber nennt Kontakt auf. Sprechen Sie auch, ohne Rücksprache mit dem Franchisegeber, weitere Partner selbstständig an.
Achten Sie dabei auf ein ausgewogenes Bild und kontaktieren Sie mindestens einen Partner aus den folgenden Gruppen:
* Neustarter: Franchisenehmer, welche gerade begonnen haben (< 1 Jahr im System) Wie ist die Unterstützung durch den Lizenzgeber in der Startphase?
* Alte Hasen: Franchisenehmer langer Zugehörigkeit, im Idealfall länger als 10 Jahre. Wie ist der Nutzen des Franchisesystems nach diesem Zeitraum?
* Umsatzgrößen: Franchisenehmer, die zu den Top 5 des Umsatzrankings gehören. Was waren die Erfolgsfaktoren?
* Kleine Umsätze: Franchisenehmer, welche im unteren Drittel des Umsatzrankings liegen. Wieso war das System kein Erfolg?
* Regional angrenzende Franchisenehmer: Was sind die lokalen / regionalen Besonderheiten?
* Ausgeschiedene Franchisenehmer: Sollte es Ihnen möglich sein, ausgeschiedene oder gescheiterte Franchisenehmer ausfindig zu machen, nehmen Sie auch zu diesen Kontakt auf. Warum hat das System nicht funktioniert?
Lassen Sie sich nicht von tollen Angaben über Verdienstmöglichkeiten des Franchisegebers locken. Hinterfragen Sie alle Zahlen kritisch und machen Sie sich mit den beiden oben genannten Punkten ein eigenes Bild von den möglichen Umsätzen und Renditen.
Wie sieht Ihre Erfahrung mit Franchisesystemen aus? Worauf sollte vor Abschluss eine Franchisevertrages noch geachtet werden? Habe ich etwas vergessen? Bitte hinterlassen Sie einfach einen Kommentar.
Hallo,
da ich mich seit Jahren mit dem Thema Franchising beruflich auseinandersetze, möchte ich gerne ein paar Gedanken ergänzen. Die bereits genannten Punkte, die es zu überprüfen/nachrechnen gilt, sind aus meiner Sicht auf jeden Fall wichtig: Unter keinen Umständen darf Franchising so verstanden werden, dass man seinen unternehmerischen Verstand aufgibt. Im Gegenteil: Auch als Franchise-Nehmer ist man selbstständiger Unternehmer. Und in dieser Rolle sollte man genau prüfen, mit wem man eine geschäftliche Partnerschaft eingeht. Da im Franchising auch Quereinsteiger willkommen sind, muss man nicht unbedingt selbst das Know-how eines Unternehmensberaters haben – dann sollte man sich aber unabhängigen Rat bei ebensolchen einholen und ggf. vorgelegte Bilanzen/Businesspläne nachrechnen (lassen).
Zudem möchte ich darauf hinweisen, dass die wirklich „schwarzen Schafe im Franchising“ die Bezeichnung „Franchise-System“ in der Regel missbrauchen, also gar keine Franchise-Systeme sind.
Vor einiger Zeit haben wir in unserem Blog bereits auf verschiedene Anzeichen hingewiesen, bei denen bei jedem Franchise-Interessenten „die Alarmglocke schrillen“ sollte: http://www.franchise-treff.de/2010/07/betruger-und-schwarze-schafe-im-franchising-erkennen/
Bleibt noch zu erwähnen, dass nicht jedes Franchise-System, das nicht zu einem passt und dessen Geschäftskonzept einen nicht überzeugt, gleich ein „schwarzes Schaf“ sein muss. Und auch die Nicht-Zugehörigkeit zum Deutschen Franchise-Verband muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass es sich um ein unseriöses System handelt: Manche Systeme sind bewusst kein Mitglied (z.B. hairfree), andere sind schlichtweg noch zu jung/befinden sich im Aufbau. Was wiederum Risiken UND Chancen birgt – aber das führt hier zu weit 🙂
Danke für den sehr guten Kommentar. Kann ich alles genau so unterschreiben. Am besten gefällt mir der Satz: ‚Auch als Franchisenehmer ist man Unternehmer‘. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass Unternehmertum bei den meisten gescheiterten Franchisenehmern fehlt.