Lars Bobach hat uns in Sachen “Papierloses Büro” und “Digitale Teamorganisation” in den letzten Monaten immer wieder durch seinen Podcast und seine Videos wertvolle Impulse geben können. Natürlich hatte ich Fragen…
In einer Antwort sprach Lars sich dafür aus, bei vielen separaten Kunden stets ein separates Notizbuch in Evernote anzulegen. Dort kann man als Team relevante Infos ablegen. In seinem Fall organisiert er sich – wenn ich es richtig in Erinnerung habe – mit rund 100 Kunden-Notizbüchern. Für ihn und seine Agentur stellt das organisatorisch kein Problem in Evernote dar.
Ich habe mich gemeinsam mit meinem Bruder und Mitgeschäftsführer Sebastian auf die Reise begeben und wir stehen kurz vor unserem technischen Umstieg mit unserem Team. Dabei haben wir in den letzten Tagen ein paar sehr interessante Learnings gemacht, die ich nun gerne mit Euch teilen möchte. Ich dachte mir, vielleicht ist das wertvoller Content für Lars und seine Leser, so dass ich dem Lars ein kleines bisschen etwas für seine wertvollen Impulse zurückgeben kann.
Zum Hintergrund
Mein Bruder und ich führen ein Unternehmen, welches unter der Domain www.franchiseportal.de das im deutschsprachigen Raum führende Internetportal rund um das Thema Franchising betreibt. Unser Team besteht aus rund 10 Personen plus ein paar freie Mitarbeiter und Redakteure. Man könnte sagen, wir arbeiten wie eine Online-Partnervermittlung, nur nicht „Männlein sucht Weiblein“, sondern im Business-Kontext „Gründer sucht Geschäftsidee/Franchise-Konzept“ und umgekehrt. Geld verdienen wir über Franchise-Systeme, die sich in unserer sogenannten „Virtuellen Franchise-Messe“ gegen monatliche Gebühren präsentieren. Unser Geschäft ist durch viele einzelne Werbeprojekte oder -kampagnen geprägt und durch interne Projekte zur Weiterentwicklung – was uns zu der Ablage Thematik in Evernote führt.
Unser Vorhaben
Während sensible Dokumente (insbesondere alles rund um personenbezogene Daten in unseren Datenbanken) oder auch kaufmännische Dokumente etc. anderweitig auf deutschen Servern organisiert sind (auch ein Thema worüber man lang diskutieren könnte), möchten wir uns zukünftig bei der Teamorganisation und -kommunikation, Wissensorganisation und unseren internen Prozessen neu organisieren.
Unter anderem organisieren wir uns mit einer deutschen Alternative zu Dropbox, Trello, Slack, Evernote und diversen sexy Automatismen zwischen diesen recht offen gehaltenen Systemen. Mit Trello werden wir seit ca. 1,5 Jahren im internen Aufgaben- und Projektmanagement immer besser und sind immer noch total begeistert davon. Microsofts Skype for Business (ehemals Lync) wurde bereits durch Slack ersetzt und kommuniziert automatisch mit Trello. Seit Jahresanfang können wir revisionssicher über Jahre hinweg auf deutschen Servern archivieren.
Nun sind wir gerade am nächsten Step dran: Das interne digitale Gedächtnis in Evernote. Bei der Notizbuchstruktur dachten wir aufgrund unserer individuellen Struktur an rund 360 separate Notizbücher – angelehnt an das Konzept von Lars und seiner Agentur mit rund 100 Kundennotizbüchern.
Unsere Stolpersteine bei der Implementierung im Team
Sebastian und ich testen Evernote in der Premium-Variante privat wie beruflich seit ca. 3-4 Monaten. Wir haben die Denke verstanden und finden sie gut. Also starteten wir vor Kurzem mit Evernote Business und bereiteten das Tool für eine Implementierung im Team vor.
Zunächst haben wir in Evernote-Business unsere etwa 360 separaten Notizbücher angelegt. Das hat ca. drei Stunden gedauert.
Dann haben wir bemerkt, dass jeder Mitarbeiter jedes einzelne Notizbuch per Button „In Deine Liste aufnehmen“ klicken muss, um wirklich damit zu arbeiten. Zwar erhält das Team auch so Zugriff auf die veröffentlichten Notizbücher, denn dafür gibt es das „Business Home“. Aber um richtig damit zu arbeiten braucht man sie irgendwie doch im eigenen “Notizbuch-Baum”. Diese Aufnahme geht laut Support leider weder gebündelt für alle Mitarbeiter, noch für alle Notizbücher auf einmal.
Außerdem wollten wir die Notizbücher gruppieren, also in Evernote in sogenannte „Stapel“ legen. Auch dies geht weder gebündelt für alle Mitarbeiter, noch für eine getroffene Auswahl an Notizbüchern auf einmal. Die Idee von Evernote dahinter scheint zu sein: Seine Stapel organisiert sich jeder Mitarbeiter so, wie er mag und braucht – keine Vorgabe durch den Admin!
In unserem Fall ist das irgendwie blöd und aufwendig, wenn jedes Teammitglied 300 Notizbücher zunächst einmal einzeln per Klick in die eigene Liste aufnehmen und anschließend einzeln per Drag&Drop in den jeweiligen Stapel schieben muss. Man kann sich ausrechnen, wie viele Klicks da anfänglich, sowie im weiteren Verlauf zusammenkommen …
Aus diesem Grund habe ich den Support kontaktiert und ein bisschen gehofft, sie hätten etwas mehr Möglichkeiten als wir User. Leider nein. Allerdings sorgte der (übrigens ausgesprochen gute, schnelle und freundliche) E-Mail-Support in diesem Zusammenhang für eine weitere Erkenntnis:
Es gibt in Evernote ein Maximum von 500 Notizbüchern. Demgegenüber sind jedoch stolze 100.000 Schlagworte möglich.
Ich habe unsere Aktivitäten der letzten Jahre in der klassischen Computer-Ordnerstruktur zurückverfolgt. Dabei stellte ich fest, dass wir in der Vergangenheit über die Jahre auf definitiv mehr als 500 unterschiedliche nennen wir es mal “Einzelprojekte mit Gründen für eine separate Ablage” kamen. Mittelfristig würden wir wohl auch bei einem Neuanfang in Evernote diese Zahl vermutlich überschreiten.
Auch im laufenden Betrieb wäre der Aufwand nicht zu unterschätzen: Es kommt immer wieder mal ein neues Notizbuch hinzu und alle betroffenen Teammitglieder müssen es
A) mitbekommen,
B) in die Liste aufnehmen und
C) in die eigenen Stapel schieben.
Das Ganze ähnlich wie Lars mit seinen “Agenturkunden-Notizbüchern” zu organisieren ist für uns also keine gute Lösung gewesen. Wir hatten auch keine Lust, Notizbücher laufend in ein Archiv verschieben zu müssen, um nicht die 500er Grenze zu überschreiten. Das ist alles irgendwie zu nah an der klassischen “Windows-Dateiexplorer-Denke” dran.
Der Lösungsansatz
Der Support hatte einen anderen Lösungsvorschlag für uns, der uns jetzt nach der Umsetzung auch übersichtlicher erscheint. Er schlug vor, dass wir die betreffenden Notizbücher anhand der Anfangsbuchstaben gruppieren: „1-9“, „A“, „B“, „C“ usw. – alle ursprünglich geplanten Notizbücher mit dem gleichen Anfangsbuchstaben kommen in ein Notizbuch und erhalten ein individuelles Schlagwort entsprechend des geplanten Notizbuchnamens.
Übertragen auf das einfachere Kundenbeispiel von Lars: Er könnte alle Kunden mit dem Anfangsbuchstaben “A” in ein Notizbuch packen und den Notizen jeweils Schlagworte für die Kunden “Andreas”, “Anton” und “Anna” vergeben.
Also haben wir von den rund 360 Notizbüchern etwa 340 wieder gelöscht!
Übrigens: Das Löschen geht dann doch gebündelt alle auf einmal durch den Admin! Das war innerhalb von Sekunden erledigt.
Stattdessen erstellten wir 27 neue Notizbücher, nämlich
- das Notizbuch “0-9” sowie
- je ein Notizbuch pro Buchstaben im Alphabet.
Zusätzlich erzeugten wir 340 Schlagworte in der Schreibweise der soeben gelöschten Notizbücher.
Unser Gedanke dabei: Wenn wir die Schlagworte vorab anlegen, kann unser Team sie vorgeschlagen bekommen, sobald man mit dem Tippen der ersten Buchstaben beginnt. Das reduziert die von Lars damals angesprochene Fehlergefahr aufgrund unterschiedlicher Schreibweisen. Denn dies war für ihn ein wichtiger Grund, weshalb er sich lieber mit Notizbüchern als mit Schlagwörtern organisieren würde (ausschließlich bezogen auf seine Kundenorganisation natürlich).
An dieser Stelle durften wir uns einer weiteren kleinen Herausforderung stellen
Unsere Schlagworte erschienen nur dann im BUSINESS-Bereich von Evernote, wenn es schon mindestens eine Notiz mit diesem Schlagwort gab. Unsere 430 “jungfräulichen” Schlagworte erschienen somit mangels Notizen nur im privaten Bereich. Zu unserem Leidwesen würden sie unserem Team solange nicht vorgeschlagen, bis es eine erste Notiz mit dem jeweiligen Schlagwort gibt. Dabei wollten wir unserem Team für die neue Herausforderung des permanenten Verschlagwortens von Notizen eine Hilfestellung geben …
Unsere etwas hemdsärmlige Lösung für Schlagworte im Business-Bereich
Wir haben einfach „Schlagwort-Notizen“ erstellt, die vorerst nicht gelöscht werden dürfen: Notizen ohne wirklichen Inhalt, in denen reihenweise Schlagworte stehen. Dabei haben wir wiederum gelernt, dass eine Notiz max. 100 Schlagworte verträgt.
Somit haben wir mehrere Notizen erstellt und diese mit je 90 Schlagwörtern in eines unserer Business-Notizbücher abgespeichert. Die Notizen heißen nun: “Nicht löschen! Schlagwort-Notiz Nr. 1/2/3/…”
Jetzt haben alle Teammitglieder von Beginn an Zugriff auf die Schlagwörter, wodurch wir das Problem unterschiedlicher Schreibweisen hoffentlich weitestgehend vermeiden
Fazit
Im kleinen Test (bisher ohne Einbindung des vollständigen Teams) klappt das alles bislang gut und ich bin guter Dinge, dass es in Kürze auch im Team funktionieren wird. Ich bin schon gespannt darauf! Mein Gefühl ist positiv, denn ich habe Evernote in den letzten Monaten schon sehr im privaten und persönlichen Bereich zu schätzen gelernt.
Hier nochmal die Learnings der letzten Tage im Überblick:
- Business-Notizbücher müssen einzeln pro Teammitglied in den eigenen Notizbuch-Baum aufgenommen werden. Am Anfang sowie dauerhaft bei der Anlage neuer Notizbücher.
- Notizbuchstapel können nicht zentral durch den Admin organisiert werden. Jedes Teammitglied organisiert sich seine eigene Stapel anhand seiner Notizbücher.
- Evernote kann maximal 500 Notizbücher.
- Evernote kann demgegenüber bis zu 100.000 Schlagworte.
- Pro Notiz können maximal 100 Schlagworte vergeben werden.
- Bei Kunden / Kampagnen / Projekten / Themen, die man eigentlich in separaten Notizbüchern organisieren möchte, macht es ab einer gewissen Anzahl trotzdem mehr Sinn, sie in weniger Notizbüchern zu bündeln (z.B. per Alphabet) und darin mit Notizen samt Schlagworte zu arbeiten
- Schlagworte bergen die Gefahr einer unterschiedlichen Schreibweise durch verschiedene Personen oder bei der Eingabe zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Dies erschwert die Auffindbarkeit.
- Dieses Problem vermeidet man mit der Vorgabe von Schlagworten, welche dann schon bei der Eingabe erster Buchstaben vorgeschlagen werden können.
- Schlagworte können nur dann vorab in Evernote-Business organisiert werden, wenn sie schon an einer Business-Notiz hängen. Sonst verschwinden sie aus dem Business-Bereich und werden somit auch nicht vorgeschlagen.
- Also erzeugten wir inhaltlich leere Notizen mit einer großen Menge an korrekt geschriebenen Schlagworten.
- Diese müssen dann in ein Business-Notizbuch gespeichert werden, damit sie dem Team auch dann vorgeschlagen werden.
Ich dachte mir, lieber Lars, vielleicht gibt es unter Deiner Leserschaft noch Andere mit einer ähnlichen Problemstellung, für die unsere Learnings wertvoll sein können. Und wer weiß, vielleicht hat der Eine oder Andere auch noch einen wertvollen Tipp für uns?! Dann würde ich mich über eine Nachricht via Xing https://www.xing.com/profile/Steffen_Kessler2 oder Facebook www.facebook.de/FranchisePORTAL freuen!
Noch eine Empfehlung zum Schluss:
Wenn Du mit Evernote richtig durchstarten willst, dann ist der Evernote Online-Kurs in meiner MDD Selbstmanagement-Akademie garantiert etwas für Dich! 16 Videos helfen Dir beim Einstieg und auch für versierte Evernote-Nutzer gibt es interessante Workflows und viele Tipps & Tricks. Zusätzlich stelle ich meine ganz persönliche Evernote-Ablagestruktur detailliert vor! Alle Infos und die Anmeldemöglichkeiten findest Du hier.
Kleines Update für Kommentar-Leser: Mittlerweile verzichten wir komplett auf die im Artikel angesprochenen A-Z Notizbücher und speichern die Notizen alle in ein zentrales Notizbuch mit entsprechender Verschlagwortung (#99 …“. Die A-Z Notizbücher vermissen wir nicht. Das Clippen mit dem Evernote Clipper geht so schneller, weil wir ein Standard-Notizbuch eingestellt haben.
Andere Themen legen wir weiterhin in separaten Notizbücher ab. So konnten wir die Zahl der Notizbücher aber drastisch reduzieren.
Lieber Steffen, hallo Community, hallo Lars
Vielen Dank für deinen Beitrag. Ich habe ebenfalls sehr lange über die geeignete Struktur in Evernote nachgedacht, ob mit Notizbüchern oder mit Schlagworten. Schließlich habe ich mich für unsere Struktur für die Notizbücher entschieden, da wir unseren Kunden über sog. „Kundenordner“ unmittelbar Informationen für sie freigegeben haben, in die dann die Kunden ihrerseits ihre Wünsche und Vorstellungen ergänzt haben. Das klappt prima und wir haben damit damit einen Informationsaustausch, der direkt an Ort und Stelle erfolgt und die Informationen da aufbewahrt, wo sie hingehörten….
ABER…
Mittlerweile haben wir tatsächlich (ich zumindest) die magische 500er Marke für Notizbücher geknackt und dann hängt das System. Da wir mittlerweile um die 25.000 Notizen in Evernote liegen haben, ist ein Umstieg nun eine Arbeit für jemanden, der Vater und Mutter auf dem Gewissen hat. Leider sind wir dann von Evernote abgekommen und nutzen es auch nicht mehr in der Tiefe, wie ursprünglich gestartet. Schade eigentlich.
ABER…
Genau dieser Austausch an Dritte oder externe Teammitglieder ist aus meiner Sicht die Achillesverse bei Evernote. Denn das geht nur mit der Ordnerstruktur. So kann ich die Infos aus einem Stapel direkt an Dritte freigeben. Bei Schlagwörtern wird das vermutlich sehr umständlich, die Daten jeweils zusammen zu tragen und auch die Vollstänigkeit der Informationen zu gewährleisten: Bei einem Ordner weiß ich, dass alle Infos ggf. freigegeben werden sollen. Bei der Verschlagwortung weiß ich nicht, ob ich alle relevanten Informationen „herausgefiltert habe“ um diese freizugeben.
Vielleicht hat ja in der Community hier jemand einen interessanten Tipp, wie das gelöst werden kann.
Danke für die gute Ergänzung und Deinen interessanten Erfahrungsbericht, lieber Martin.
Hättest Du Interesse das ein wenig auszuweiten? Falls ja, schreibe mir bitte eine kurze Email. Würde mich freuen 🙂
Hallo Lars
Was möchtest du gerne wohin ausgeweitet haben ?
Gruß Martin
Vielleicht hast Du Lust, uns an Deinen Erfahrungen teilhaben zu lassen.
Gerne als Artikel auf meinem Blog oder auch als Podcast Interview. Hierzu habe ich ein neues Format entwickelt: ‚Raus aus dem Papierchaos‘. Erste Folge kommt in der kommenden Woche 🙂
Danke, das sind äußerst nützliche Infos!
Hallo Joachim,
das freut mich, gern!
Gruß
Steffen